Category Archives: Analyse und Kritik des Antiziganismus

Romani Rose: „76 Prozent erfahren Diskriminierung“

Heidelberg. Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma ist vor allem besorgt über die Lage seiner Minderheit in Mittel- und Osteuropa. Mit Romani Rose sprach in Heidelberg Ulrich Lüke.

General-Anzeiger: Sie sind nun seit bald 30 Jahren Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Hat sich die Lage Ihrer Minderheit in diesen Jahren gebessert?

Romani Rose: Sie hat sich in vielen Bereichen verbessert. Man setzt sich heute auch mit dem Holocaust an Sinti und Roma auseinander. Wir müssen die Konsequenzen aus der Geschichte ziehen, Klischees und Vorurteile ächten, so dass ein respektvolles Miteinander möglich wird.

GA: Zum ersten Mal hat Ende Januar ein Sinto im Bundestag zum Gedenken an den Holocaust gesprochen. Spät, aber nicht zu spät?

Rose: Beides. Spät, und man muss hinzusetzen: Leider war es zu spät für viele der Überlebenden, die das gern miterlebt hätten. Es hat ein Überlebender des Holocaust gesprochen. In ein paar Jahren wird das nicht mehr möglich sein, diese Generation stirbt aus. Continue reading Romani Rose: „76 Prozent erfahren Diskriminierung“

Lehrstück in Sachen extrem rechter Antiziganismus

Der Berliner Ableger der rechtspopulistischen Pro-Bewegung hat am 5. Februar 2011 einen Text mit der Überschrift „Nachteile der Freizügigkeit“ veröffentlicht, der exemplarisch ist für einen Antiziganismus der extremen Rechten.

Die (unbekannte) antiziganistische Traditionslinie der Pro-Bewegung

Die Pro-Bewegung ist in den Medien vor allem für das von ihr gepflegte Feindbild Islam bekannt. Weitgehend unbekannt ist die antiziganistische Traditionslinie der Pro-Truppe. Entstanden ist Pro-Bewegung in Köln als lokale Wählerformation „Pro Köln“. „Pro Köln“ entstand 1996 als eine Art Abspaltung von der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ (DLVH). Die 1991 gegründete DLVH war der gescheiterte Versuch die diversen extrem rechten Parteien in Deutschland unter einem Dach zusammenzuführen. Die Kölner DLVH kam vor allem aus den Reihen der Republikaner (REPs). So gibt es unter den Funktionären der Pro-Bewegung einen ganzen Personenkreis, der von den REPs zur DLVH kam und schließlich bei der Pro-Bewegung landete. Continue reading Lehrstück in Sachen extrem rechter Antiziganismus

Erinnerung statt Stereotype

Am 27. und 28. Januar werden ein Weg in Ede-und-Unku-Weg und eine Sporthalle in Johann-Trollmann-Boxcamp umbenannt. Damit wird an Sinti erinnert, die während des Nationalsozialismus‘ ermordet wurden.

Schmutzig. Umherziehend. Faul. Geheimnisvoll. Mit vielen Stereotypen haben Sinti und Roma zu kämpfen. Wenn sie in der öffentlichen Wahrnehmung auftauchen, dann werden Sinti und Roma meistens problematisiert. Dabei ist die Geschichte ihrer Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung aufgrund eben dieser Stereotype lang – und leider hat sie noch kein Ende. Ein dunkles Kapitel ist dabei das Porajmos, zu deutsch „das Verschlingen“. Porajmos bezeichnet die systematische Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma zur Zeit des Nationalsozialismus. Zum diesjährigen internationalen Holocaustgedenktag wird auch an Sinti und Roma erinnert – und damit werden sie endlich einmal nicht mehr zum Problem gemacht, sondern ihre Geschichte erzählt.

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Guter Rat an die Lebenden

Zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar wird eine Straße in Berlin-Friedrichshain den Namen Ede-und-Unku-Weg erhalten. Dieses Ereignis gedenkt der toten und soll ein Zeichen sein für die lebenden Juden, Sinti und Roma im Land.

Der Name erinnert an ein Buch, seine Helden und an die Autorin. Der Jugendroman „Ede und Unku“, geschrieben 1931 von Grete Weiskopf, genannt Alex Wedding, gehörte zu meiner Kindheit. Er erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Berliner Kindern kurz vor dem Nationalsozialismus: Ede, Sohn eines Arbeitslosen trifft Unku, ein Mädchen aus einer Sintifamilie. Es geht um Loyalität, Freundschaft, Vorurteile und Klassenkampf. Continue reading Guter Rat an die Lebenden

Das Wort „Cingene“ wurde aus dem Gesetzestext entfernt

Die Bezeichnung „Cingene-Zigeuner“, die in der türkischen Sprache für die Roma Bevölkerung verwendet wird, wurde aus dem Gesetzestext als solches entfernt. Vize-Premier Bülent Arinç sagte, dass diese Änderung eine symbolische und psychologische Bedeutung im Kampf gegen Diskriminierung hat. (Cumhuriyet)

Quelle: Migazin
Stand: 06.01.2011

Antiziganistische Symbollehre: Rabenvögel

Im Antiziganismus finden häufiger Rabenvögel als Gleichnis Verwendung. Dabei werden die angeblichen Eigenschaften, die man traditionell diesen Vögeln zuschreibt auf die Bevölkerungsgruppe der Sinti und Roma übertragen. Dabei ist es vor allem die vermeintliche Eigenschaft der Neigung zum Diebstahl die von den Rabenvögeln auf Sinti und Roma übertragen wird. Im deutschsprachigen Raum ist ja teilweise die Rede von den „diebischen Elstern“ oder „klauen wie die Raben“. Sinti und Roma werden daher manchmal auch als Rabenvögel dargestellt. Der Kenner dieser Symbolik weiß dann zu übersetzen, dass die Gestalt des Rabenvogels symbolisch für Sinti und Roma steht.
Ein anschauliches Beispiel dafür ist ein Plakat der rechtspopulistischen „Schweizerische Volkspartei“ (SVP). Auf ihm sind drei Rabenvögel zu sehen, von denen sich zwei die „Schweiz“ (erkennbar an der Form des Staates und der Fahne) die Schweiz mit ihren Schnäbeln geschnappt haben und darum streiten. Continue reading Antiziganistische Symbollehre: Rabenvögel

Lesenswert: UNICEF-Studie zur Situation von Kindern kosovarischer Roma-Minderheiten

„Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“
Bertolt Brecht, „Flüchtlingsgespräche“, 1940

Das Deutsches Komitee von UNICEF hat 2010 eine 112seitige Studie zum Thema „„Integration unter Vorbehalt“ – Zur Situation von Kindern kosovarischer Roma, Ashkali und Ägypter in Deutschland und nach ihrer Rückführung in den Kosovo“ veröffentlicht. Continue reading Lesenswert: UNICEF-Studie zur Situation von Kindern kosovarischer Roma-Minderheiten

Buchkritik: Antiziganistische Zustände

Der Sammelband „Antiziganistische Zustände“ enthält sehr unterschiedliche Beiträge. Diese untergliedern sich in die Themen „Zur Theorie und Kritik des Antiziganismus“, „Bundesdeutscher Erinnerungsdiskurs“, „Mediale Repräsentationen“ und „Antiziganismus in Europa“.
Die Autor_innen sind mehrheitlich im linksakademischen Spektrum zu verorten, was man den meisten Texten auch anmerkt. Auf der sprachlichen Ebene gibt es durch das Übermaß an Akademismen teilweise eine hohe sprachliche Hürde für Nicht-Akademiker_innen. Viele Themen (z.B. „Adorno und »die Zigeuner«“) sind sehr speziell und es wird auch stellenweise einiges an Vorwissen vorausgesetzt. Daher ist das Buch auch weniger eine Einführung in das Thema, sondern eher für Personen mit fortgeschrittenen Wissenstand. Continue reading Buchkritik: Antiziganistische Zustände

Lautstarke Kundgebung gegen Abschiebung am 22.12. in Tübingen

Kundgebung in Tübingen
Am 22. Dezember 2010 versammelten sich vor dem Rathaus in Tübingen etwa 50 Menschen, um gegen die drohende Abschiebung von Roma nach Mazedonien zu protestieren. Aufgerufen hatte das „Bündnis gegen Abschiebehaft Tübingen“ und das Anwaltsbüro Oswald/Spindler. Unter den Protestierenden waren auch Angehörige von drei betroffenen Roma-Familien aus Mazedonien, die derzeit in Karlsruhe und Weilheim wohnen. Continue reading Lautstarke Kundgebung gegen Abschiebung am 22.12. in Tübingen

Colorful but colorblind

Introduction

It is generally thought that the Roma journey westward started in India more than a thousand years ago, though the group didn’t appear in Europe until the fourteenth century. Estimates on the number of Roma in Europe today range between ten and twelve million, with most living in Central and Eastern Europe in conditions of social deprivation and often facing outright discrimination. The scant historical records on the Roma people and its dispersion through much of the continent account for centuries of negative stereotyping-and sometimes romanticizing-that portrays Roma as nomadic, mythical and exotic people who neither fit in, nor belong.

This project seeks to counter these age-old prejudices with twenty-five stories featuring personal insights into the daily lives of Roma people. Colorful but Colorblind, uses multimedia storytelling to promote social integration of Roma in Bulgaria, the Czech Republic, Hungary, Romania and Slovakia. The stories journey into Roma life in some of the newest EU member states, exploring contemporary Roma identities and culture and obstacles that Roma communities face in achieving equality. The stories were produced by teams comprising Roma and majority-community journalists from these countries in collaboration with graduate students from the School of Communication at the University of Miami.

Tihomir Loza
Project Director

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