Erinnerung statt Stereotype

Am 27. und 28. Januar werden ein Weg in Ede-und-Unku-Weg und eine Sporthalle in Johann-Trollmann-Boxcamp umbenannt. Damit wird an Sinti erinnert, die während des Nationalsozialismus‘ ermordet wurden.

Schmutzig. Umherziehend. Faul. Geheimnisvoll. Mit vielen Stereotypen haben Sinti und Roma zu kämpfen. Wenn sie in der öffentlichen Wahrnehmung auftauchen, dann werden Sinti und Roma meistens problematisiert. Dabei ist die Geschichte ihrer Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung aufgrund eben dieser Stereotype lang – und leider hat sie noch kein Ende. Ein dunkles Kapitel ist dabei das Porajmos, zu deutsch „das Verschlingen“. Porajmos bezeichnet die systematische Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma zur Zeit des Nationalsozialismus. Zum diesjährigen internationalen Holocaustgedenktag wird auch an Sinti und Roma erinnert – und damit werden sie endlich einmal nicht mehr zum Problem gemacht, sondern ihre Geschichte erzählt.

Was mit Unku geschah

Erna Lauenburger wurde als Nummer 22 aufgeführt – auf einer Liste der Geheimen Staatspolizei/Staatspolizeistelle Dessau. Bis zum 1. Februar 1938 hätten die 53 namentlich aufgeführte „Zigeuner“, die sich in Dessau-Roßlau aufhielten, das Land Anhalt zu verlassen. 1943 wurde Lauenburger in Auschwitz ermordet. Mit der Dessauer Liste begaben sich Jugendliche aus Dessau und Jana Müller auf die Spurensuche – mit Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung im Rahmen des Projekts „Antisemitismus in Ost und West – Lokale Geschichte sichtbar machen“. Ergebnis ihrer Nachforschungen ist der Film „Was mit Unku geschah. Das kurze Leben der Erna Lauenburger“. Am 27. Januar, dem internationalen Holocaustgedenktag, wird nun der Film gezeigt und ein Weg in Ede-und-Unku-Weg benannt.

9841…

Am darauffolgendem Tag, am 28. Januar, wird ebenfalls ein Sinto geehrt. Auch er hat eine beeindruckende und tragische Geschichte. Die Sporthalle der ehemaligen Rosegger-Grundschule am Marheineckeplatz in Berlin wird nach Johann Trollmann benannt. Für die Nationalsozialisten boxte Trollmann zu „zigeunerhaft“. Doch das ließ er nicht auf sich sitzen und führte die Ideologie der Deutschen vor: Weißgepudert, mit blondgefärbten Haaren und ohne seine berühmte Beinarbeit ließ er sich im Ring am 21. Juli 1933 k.o. schlagen. Seine Karriere war damit beendet. Im Juni 1942 wurde Trollmann verhaftet und ins KZ Neuengamme deportiert. 1944 wurde er im Nebenlager Wittenberge vom Kapo Emil Cornelius erschlagen, der im Boxkampf – Trollmann musste nach der Zwangsarbeit noch regelmäßig zum Vergnügen der KZ-Aufseher mit ihnen boxen – gegen Trollmann verloren hatte. Vom 10. Juni bis 16. Juli 2010 war in Berlin Kreuzberg schon das temporäre Denkmal „9841“ der Künstlergruppe BEWEGUNG NURR zu sehen, das von der Amadeu Antonio Stiftung unterstützt wurde. 9841 war Trollmanns Häftlingsnummer.

Donnerstag, 27. Januar 2011

16 Uhr Benennung des Ede und Unku-Weges
zur Erinnerung an Erna Lauenburger (Unku) und Grete Weiskopf (Alex Wedding)
Es spricht Dr. Jan Stöß, Bezirksstadtrat für Bildung und Kultur
in der Scharnweberstr. 60 (Kita), U+S Frankfurter Allee
17 Uhr „Was mit Unku geschah. Das kurze Leben der Erna Lauenburger“
Film – anschließend Gespräch mit den FilmemacherInnen
im Jugendclub in der alten feuerwache | Eintritt frei
19 Uhr Lesung und Gespräch mit Anja Tuckermann
im Projektraum in der alten feuerwache | Eintritt frei

Freitag, 28. Januar 2011

20 Uhr „Das Zigeunerlager zieht in den Himmel“
Lieder mit Natascha Osterkorn
auf der studiobühne in der alten feuerwache | Eintritt 12/10 Euro

17 Uhr Benennung des Johann-Trollmann-Boxcamp
(Sporthalle der ehem. Rosegger-Grundschule am Marheineckeplatz)
Begrüßung Dr. Jan Stöß, Bezirksstadtrat für Bildung und Kultur
Es sprechen Dr. Silvio Peritore, Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg, Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg und Manuel Trollmann, Großneffe von Johann Trollmann
18 Uhr öffentliches Training mit dem SV Seitenwechsel e.V., den Boxgirls Berlin e.V. und dem Box-Club Viktoria 71 Berlin
19 Uhr Musik mit dem Dotschy Reinhardt Duett | Eintritt frei
im Boxcamp, Bergmannstr. 28, Berlin

Quelle: Amadeu Antonio Stiftung
Stand: 15.02.2011