Category Archives: Deutschland

Ein Leben ohne Angst für Miroslaw

… denn Abschiebungen lösen keine Probleme.

Miroslav Redzepovic versuchte am 2. Dezember 2010 sein Leben im Abschiebegefängnis der JVA Billwerder/Hamburg zu beenden. Dazu veranlasst hatte ihn die Nachricht von der Ablehnung seines Asylantrags.
Ihm hätte die zweite Abschiebung gedroht. Miroslavs Suizidversuch scheiterte. Aufgrund der Intervention eines Anwalts der die erneute Überprüfung des Asylverfahrens einklagte, wird der 22-jährige den Jahreswechsel in der forensischen Abteilung der Klinik Ochsenzoll verbringen. Er hat nur einen Wunsch. Endlich zu bleiben und endlich sicher zu leben, in Hamburg, wo er Zuhause ist. Wie es nach dem 5. Januar weitergeht, wissen wir nicht. Continue reading Ein Leben ohne Angst für Miroslaw

Schneeberger Gastfreundschaft

Im sächsischen Schneeberg sind Asylbewerber aus Mazedonien in einer früheren Jägerkaserne der Bundeswehr untergebracht worden. Seitdem werden im Ort antiziganistische Vorurteile gepflegt.

In den EU-Staaten wurde im Dezember 2009 die Visumspflicht für mazedonische und serbische Staatsangehörige weitgehend abgeschafft. Seitdem klagen deutsche Innenminister darüber, dass die Reisefreiheit missbraucht werde. Spiegel und Focus prophezeiten im Oktober einen »Zustrom« von Asylbewerbern, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von einem »offenkundigen Missbrauch« des Asylrechts. Im September hatten 800 serbische Staatsangehörige und 500 Mazedonier Antrag auf Asyl gestellt, der Spiegel sprach in diesem Zusammenhang von einer »Asylbewerberwelle«. Schon im Oktober wurden die finanziellen Rückkehrhilfen für Asylsuchende aus Serbien und Mazedonien gestrichen. Dass die Wortwahl, derer Innenminister und Medien sich bedienen, die Wahrnehmung in der Bevölkerung beeinflusst und Ressentiments verstärkt, konnte man in den vergangenen Wochen unter anderem im sächsischen Schneeberg beobachten. Continue reading Schneeberger Gastfreundschaft

Schicksal der Sinti und Roma nicht vergessen

BergstraSe. Mit dem Begriff „Zigeuner“ assoziieren sogar heute noch viele die Vorstellung vom „fahrenden Volk“, von „Gauklern“ und „Gaunern“. Dass die antiziganistischen Klischees und Vorurteile präsent sind, ergab nicht zuletzt eine Erhebung an hessischen Schulen, die der Verband Deutscher Sinti und Roma durchführte. Selbst gut ein Drittel der befragten Lehrer verband mit der Volksgruppe ein nomadenhaftes Leben. Sie wussten nicht einmal um das Schicksal der Gruppe im Zuge der rassistischen Ausrottungspolitik des Nationalsozialismus.
Landrat begrüßt Projekt
„Ihre Geschichte darf nicht vergessen werden“, unterstrich Landrat Matthias Wilkes. Er begrüßte das vom Landesverband initiierte Projekt, für den Unterricht Medienkoffer mit Textdokumenten und Bildmaterial zusammenzustellen. Dabei steht lokale Aspekte im Mittelpunkt. In dem Pool von Materialien kommen auch Zeitzeugen zu Wort und werden Biographien von ehemaligen Mitbürgern rekonstruiert. Zurzeit wird eine Version mit Dokumenten aus den Kreisen Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und Odenwald erarbeitet. Autor ist der Politologe Dr. Udo Engbring-Romang. Continue reading Schicksal der Sinti und Roma nicht vergessen

Antiziganistische Symbollehre: Rabenvögel

Im Antiziganismus finden häufiger Rabenvögel als Gleichnis Verwendung. Dabei werden die angeblichen Eigenschaften, die man traditionell diesen Vögeln zuschreibt auf die Bevölkerungsgruppe der Sinti und Roma übertragen. Dabei ist es vor allem die vermeintliche Eigenschaft der Neigung zum Diebstahl die von den Rabenvögeln auf Sinti und Roma übertragen wird. Im deutschsprachigen Raum ist ja teilweise die Rede von den „diebischen Elstern“ oder „klauen wie die Raben“. Sinti und Roma werden daher manchmal auch als Rabenvögel dargestellt. Der Kenner dieser Symbolik weiß dann zu übersetzen, dass die Gestalt des Rabenvogels symbolisch für Sinti und Roma steht.
Ein anschauliches Beispiel dafür ist ein Plakat der rechtspopulistischen „Schweizerische Volkspartei“ (SVP). Auf ihm sind drei Rabenvögel zu sehen, von denen sich zwei die „Schweiz“ (erkennbar an der Form des Staates und der Fahne) die Schweiz mit ihren Schnäbeln geschnappt haben und darum streiten. Continue reading Antiziganistische Symbollehre: Rabenvögel

Familie lebte drei Wochen unter Brücke

Göttingen. Mehr als drei Wochen musste eine Roma-Familie in Göttingen nach Angaben ihres Rechtsanwaltes Bernd Waldmann-Stocker in einem Zelt und unter einer Brücke campieren. Ein «Behörden-Hick-Hack» zwischen Stadt und Landkreis Göttingen habe dazu geführt, dass die allein stehende Frau und ihre sechs Kinder nicht vernünftig untergebracht wurden, sagte er.

Die Roma-Frau war dem Anwalt zufolge von Belgien aus illegal mit ihren sechs Kindern im Alter zwischen zwei und 16 Jahren nach Deutschland eingereist. Am 31. August wurde die Bosnierin in Duderstadt ohne Papiere aufgegriffen. Nach einem Beschluss des dortigen Amtsgerichtes nahm der Landkreis Göttingen die Frau in Abschiebehaft. «Das Landgericht hat diesen Beschluss inzwischen aufgehoben. Danach war dem Kreis der Aufenthaltsort der Familie nicht mehr bekannt», so die zuständige Kreisrätin.

Seit dem 1. Oktober lebte die Frau den Angaben zufolge mit ihren sechs Kindern ohne festen Wohnsitz in Göttingen. «Auch bei der Stadt hat sich die Frau nicht gemeldet», sagte Stadtsprecher Detlef Johannson. Einem ersten Hinweis am 21. Oktober sei man sofort nachgegangen. Am 23. Oktober sei eine Notunterkunft gestellt worden.

Danach folgte laut Rechtsanwalt ein juristisches Tauziehen zwischen Landkreis und Stadt Göttingen. Keiner habe sich ausländerrechtlich für die Familie zuständig gefühlt, kritisierte Waldmann-Stocker. Einer der Söhne sei jetzt im Göttinger Klinikum operiert worden. Danach habe die Stadt ihn und seine Familie zur zentralen Aufnahmebehörde nach Braunschweig gebracht, sagte Johannson.

Dort wird nun entschieden, wie es mit der Familie weiter gehen soll.

Quelle: Antifaschistische Nachrichten
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Ein einzelnes Schicksal: Ilmie Sulejmansovski

Nach der Kundgebung für Bleiberecht am 22. Dezember 2010 in Tübingen stand die 38jährige Ilmie Suleymanovsky freundlicherweise für ein kurzes Interview zur Verfügung. Sie und ihre Familie gehören zu den von Abschiebung bedrohten Roma aus Mazedonien.
Das Schwäbische Tagblatt hat sie und ihre Familie kürzlich in einem Artikel porträtiert.
Die Antworten von Frau Suleymanovsky sind nicht genau wortgemäß, aber sinngemäß wiedergegeben. Continue reading Ein einzelnes Schicksal: Ilmie Sulejmansovski

Lautstarke Kundgebung gegen Abschiebung am 22.12. in Tübingen

Kundgebung in Tübingen
Am 22. Dezember 2010 versammelten sich vor dem Rathaus in Tübingen etwa 50 Menschen, um gegen die drohende Abschiebung von Roma nach Mazedonien zu protestieren. Aufgerufen hatte das „Bündnis gegen Abschiebehaft Tübingen“ und das Anwaltsbüro Oswald/Spindler. Unter den Protestierenden waren auch Angehörige von drei betroffenen Roma-Familien aus Mazedonien, die derzeit in Karlsruhe und Weilheim wohnen. Continue reading Lautstarke Kundgebung gegen Abschiebung am 22.12. in Tübingen

„Im einstelligen Bereich“

Heiligenhaus. Binnen weniger Wochen hat sich die Zahl der Asylsuchenden in der Nachbarstadt Essen verdoppelt: 200 Roma kamen aus Serbien und Mazedonien. In Essen prüft man nun, bereits geschlossene Übergangsheime wieder zu reaktivieren. „Von so einer Situation kann bei uns absolut keine Rede sein“, erklärt Jörg Saborni, Leiter Soziales in der Heiligenhauser Stadtverwaltung. Continue reading „Im einstelligen Bereich“

Stimmungsmache gegen Roma in Volkmarsdorf (LE)

Frauen rennen aus Angst weg, Kinder dürfen nicht mehr auf die Straße, Wassereimer werden aus den Fenstern geschüttet. Bürgerkriegsähnliche Zustände werden heraufbeschworen und eine private Bürgerwehr als letztes Mittel in Betracht gezogen. So schildert einer der selbsternannten „letzten deutschen Mieter“ die Situation in Volkmarsdorf im August 2010.

Seit fast einem halben Jahr hält die Stimmungsmache gegen die im multikulturell geprägten Leipziger Stadtteil(1) lebenden Roma an. AnwohnerInnenbeschwerden, Gespräche hinter vorgehaltener Hand und Anfeindungen gegen Roma auf der Straße oder in der Schlange im Supermarkt lassen erkennen: Rassismus und Antiziganismus sind keineswegs überwunden.
Stattdessen werden typische antiziganistische Vorurteile reproduziert. So werden die Roma für Lärm, Müll und angeblich zunehmende Diebstähle, Einbrüche und Sachbeschädigungen verantwortlich gemacht(2). Ein Anstieg der Kriminalitätsrate ist laut Polizei jedoch nicht zu verzeichnen(3). Continue reading Stimmungsmache gegen Roma in Volkmarsdorf (LE)