Category Archives: Antiziganistische Übergriffe

Störungsmelder Wir müssen reden. Über Nazis. Pogromstimmung gegen Roma in Tschechien

Hunderte Bürger beteiligten sich vor einer Woche in Tschechien spontan an Aufmärschen von Neonazis. Bei den Protesten, die sich gegen die Roma-Minderheit richteten, kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Zu einem Protestmarathon mobilisierte die “Dĕlnická strana sociální spravedlnosti” (Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit, DSSS), eine tschechische Neonazi-Partei, am vergangenen Samstag, dem 10. September, ihre Anhänger in den Norden des Landes. In Nový Bor versammelten sich am frühen Samstagvormittag rund 400 Neonazis und 100 Einwohner, um gegen die Roma-Minderheit in der der Region zu protestieren. Bereits zu Beginn des Aufmarsches skandierten die Neonazis Parolen wie „Cikáni do práce“ („Zigeuner geht arbeiten“) und „Čechy Čechům“ („Tschechien den Tschechen“). Sowohl in Novy Bor, auf einem zentralen Platz in der Innenstadt wo sich nochmals hunderte Einwohner anschlossen, als auch wenige Stunden später in Varnsdorf, von einem LKW-Anhänger, heizte der DSSS-Vorsitzende Tomáš Vandas der Menge ein. Continue reading Störungsmelder Wir müssen reden. Über Nazis. Pogromstimmung gegen Roma in Tschechien

Pogromstimmung in Varnsdorf

Seit einigen Wochen gibt es im Schluckenauer Zipfel in Tschechien, unweit von Dresden, progromartige Stimmung gegen Roma. Schon an den vergangenen Samstagen gab es Demonstrationen, die in aggressiven Märschen auf die Romahäuser endeten. Bisher hat die tschechische Polizei die aufgebrachte Menge rechtzeitig stoppen können. Brennpunkt war vor allem Varnsdorf, Gegenproteste gab es bisher so gut wie gar nicht. Grund genug für uns Varnsdorf mal einen Besuch abzustatten und zu schauen wo, wie und ob die betroffenen Roma unterstützt werden können.

Also fuhren wir mit einer kleinen Gruppe am Samstagmorgen nach Tschechien. Ohne wirklich zu wissen wie wir die Sache angehen sollen und mit einer guten Portion Angst. Varnsdorf ist ein verschlafener kleiner Ort, nichts deutet darauf hin, dass hier in ein paar Stunden wieder einige hundert Nazis versuchen werden Romahäuser anzugreifen. Kurz bevor die Demonstration starten soll sind vereinzelte Kleingruppen zu sehen, einige auch gut als Nazis zu erkennen. Zu Auseinandersetzungen zwischen Roma- und Nazigruppen kommt es dennoch nicht. Continue reading Pogromstimmung in Varnsdorf

Pogromartige Stimmung gegen Roma in Tschechien

Vor wenigen Wochen veröffentlichten wir ein Interview mit dem Menschenrechtsaktivisten Markus Pape vom „Europäischen Zentrum für Romarechte“. Darin schilderte er die schwierige Situation in der sich große Teile der Sinti und Roma in Tschechien befinden und verwies auf die Praxis der tschechischen Polizei, die zahlreichen Übergriffe durch Neonazis zu verheimlichen oder in Statistiken anonym zu erwähnen. Ein Höhepunkt der Angriffe war der Brandanschlag auf ein von Roma bewohntes Haus in Vítkov im April 2009, bei dem ein zweijähriges Mädchen durch Verbrennungen schwer verletzt worden war. In den letzten Wochen haben die gewalttätigen Proteste der ansässigen Bevölkerung wieder zugenommmen. Gemeinsam mit organisierten Nazis versuchte zuletzt ein Mob aus mehr als 1.000 Menschen unweit der deutsch-tschechischen Grenze Häuser und Wohnungen von Roma anzugreifen.

Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche verhinderten tschechische Spezialeinheiten der Polizei ein Pogrom gegen Roma in Varnsdorf. Continue reading Pogromartige Stimmung gegen Roma in Tschechien

Verletzte bei Aufmärschen von Rechtsradikalen in Tschechien

Demonstrationen gegen Roma in mehreren Städten / Polizei setzt Wasserwerfer ein und nimmt 41 Menschen fest

Prag – Durch Aufmärsche von Rechtsradikalen sind im Norden Tschechiens erneut die schweren Spannungen um die dort lebende Minderheit der Roma aufgeflammt. Nach einer Kundgebung in der Stadt Varnsdorf kam es am Wochenende zu schweren Zusammenstößen zwischen gewalttätigen Extremisten und der Polizei, die diese an einem geplanten Marsch zu einer Roma-Siedlung hinderte. Dabei wurden sechs Menschen verletzt. Demonstrationen fanden auch in Rumburk und Novy Bor statt. Wie in Varnsdorf schlossen sich auch hier normale Bürger den Radikalen an. Insgesamt wurden nach Angaben der Polizei 41 Menschen festgenommen. Etwa 600 Polizisten und drei Hubschrauber waren im Einsatz. Continue reading Verletzte bei Aufmärschen von Rechtsradikalen in Tschechien

Antiziganistische Pogrome in Tschechien

In mehreren böhmischen Kleinstädten strömten an den letzten Wochenenden bis zu tausend Bürgerinnen und Bürger zusammen, um Wohnhäuser von Roma anzugreifen. In Varnsdorf, 500 Meter hinter der deutschen Grenze, konnten Spezialeinheiten der tschechischen Polizei am vergangenen Samstag in letzter Sekunde ein Pogrom verhindern. In den nächsten Tagen drohen erneut antiziganistische Massenaktionen.

Eine Chronologie der Ereignisse von Robert Andreasch & Lara Schultz, Varnsdorf.

Rumburk, Freitag, 26. August 2011

Jaroslav Sykáček ist Bürgermeister von Rumburk und Sozialdemokrat. Für den Abend hat er die 11.000 Einwohnerinnen und Einwohner der nordböhmischen Stadt zu einer öffentlichen „Versammlung gegen Gewalt und Kriminalität” aufgerufen. Als Anlass dient eine fünf Tage zurückliegende Schlägerei zwischen Jugendlichen vor der Diskothek „Modrá hvězda“, deren Hintergründe noch im Unklaren liegen, an der aber auch Roma beteiligt gewesen sein sollen. Die Kundgebung, zu der 1.500 Menschen kommen, eskaliert, als Sykáček das Mikrofon an Josef Mašín übergibt, dem er kurz zuvor noch eine gegen Roma gerichtete Demonstration verboten hatte. Mašín, Anführer der hauptsächlich bei Facebook aktiven antiziganistischen Gruppe „Občanský odpor“ („Bürgerlicher Widerstand“), fordert die Zuhörenden auf, Schluss zu machen mit dem Zuzug von „nicht Anpassungsfähigen“. Das Publikum grölt zuerst Parolen, unter anderem „Čechy Čechům” („Tschechien den Tschechen”) und „Cikáni do práce” („Zigeuner, geht arbeiten”), schließlich entwickelt sich aus der Kundgebung ein aggressiver, antiziganistischer Aufmarsch. Die Versammelten ziehen los, drei Stunden lang suchen sie in der Stadt nach Roma, die sie jagen können. Erst als sie am Haus einer Romafamilie den Zaun einreißen und beginnen, damit die Fensterscheiben einzuwerfen, hat die Polizei endlich genug Einsatzkräfte zusammengezogen, um die Marodierenden zu stoppen. Ivan Motýl von der tschechischen Roma-Organisation „ROMEA“ wird Augenzeuge der Angriffe, später berichtet der Geschichtslehrer auf der Homepage seiner Organisation, dass er an die „Kristallnacht“ von 1938 habe denken müssen, als der aufgehetzte Mob auch den jüdischen Gebetsraum in Rumburk zerstört hatte. Continue reading Antiziganistische Pogrome in Tschechien

Pogromstimmung gegen Minderheit

Über 1000 Neonazis und Bürger/innen haben am Wochenende im Norden der Tschechischen Republik gegen Angehörige der Roma protestiert. Dabei kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Zwei ältere Frauen spazieren mit einem kleinen Hund am Samstagvormittag durch die Straßen der nordtschechischen Glasstadt Novy Bor. Sie stoppen an einer Kreuzung vor einem leerstehenden Gebäude, schauen auf ein Plakat und diskutieren. Nach einem kurzen Gespräch reißt eine der beiden sorgfältig das Plakat von der Wand, wechselt die Straßenseite und wirft es in einen Müllcontainer. Um sie herum, ebenso wie in der gesamten Stadt, hängen noch weitere Aufkleber und Plakate, die sich gegen die neonazistische „Dělnická strana sociální spravedlnosti“ („Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit“, DSSS) und deren Rassismus gegen Roma richten. Als sie merkt, dass andere Leute stehen bleiben und schauen, schlendert die Frau mit ihrer Begleiterin weiter in Richtung Innenstadt.

Viele Menschen sind an diesem schwülen Sommertag in der rund 12.000 Einwohner zählenden Stadt unterwegs. Auch die tschechische Polizei ist mit 600 Beamten, ein Großteil Spezialeinheiten, hier und in der gesamten Region, keine 45 Minuten von der deutschen Grenze entfernt, präsent. Nicht ohne Grund. Die DSSS hat für den Tag in Novy Bor sowie in den nahe gelegenen Ortschaften Varnsdorf und Rumburk öffentliche Veranstaltungen gegen die in allen drei Städten lebende Roma-Minderheit angemeldet. Dabei kam es in den vergangenen zwei Wochen immer wieder zu pogromartigen Auseinandersetzungen und nur mit Mühe wurden Attacken auf die von Roma bewohnten Häuser unterbunden. Continue reading Pogromstimmung gegen Minderheit

Anti-Roma-Proteste in tschechischer Grenzregion

Prag (dpa) – An der tschechischen Grenze zu Sachsen haben mehrere Hundert Rechtsradikale und Einwohner versucht, ein überwiegend von Roma bewohntes Stadtviertel zu stürmen. Etwa 150 Roma traten am Samstag in Varnsdorf nach Angaben der Agentur CTK den Angreifern entgegen, um ihre Unterkünfte zu schützen. Zwischen beide Seiten stellte sich ein Polizeikordon. Zu dem nicht genehmigten Protestzug hatten Rechtsextreme im Internet aufgerufen.

Nach Schlägereien zwischen einheimischen Jugendlichen und Angehörigen der Roma-Minderheit hatte sich die Stimmung in der Region mit hoher Arbeitslosigkeit zuletzt dramatisch aufgeheizt. Das Innenministerium schickte etwa 200 Bereitschaftspolizisten aus Prag in die Gegend des Schluckenauer Zipfels, der nach Sachsen hineinreicht, um die Lage zu stabilisieren.

Am Freitag hatten Bewohner Varnsdorfs gegen die angeblich gestiegene Kriminalität in der Stadt demonstriert. Sie beklagen einen ungezügelten Zuzug von Roma-Familien aus dem Binnenland, was aber von Experten bestritten wird. Für das kommende Wochenende hat eine rechtsradikale Partei weitere Proteste angekündigt.

Quelle: Europe Online Magazin
Stand: 03.09.2011

Chronik der antiziganistischen Massenaufmärsche in Nordböhmen

In Nordböhmen (Tschechien) kam es Ende August und September 2011 zu mehreren antiziganistisch motivierten Aufmärschen und Kundgebungen, dan denen nicht selten mehrere hundert Angehörige der ethnisch-tschechischen Mehrheitsbevölkerung aus der Region und angereiste Rechte teilnahmen. Die meisten der Aufmärsche nahmen zeitweise den Charakter eines Progroms gegen die Roma-Minderheit an. Nur starke Polizeikräfte verhinderten erfolgreiche Angriffe auf die Wohnungen und Quartiere der Minderheit. Hier eine Chronologie der Ereignisse:

Screenshot antiziganistischer Aufmarsch Continue reading Chronik der antiziganistischen Massenaufmärsche in Nordböhmen

Anti-Roma-Proteste in tschechischer Grenzregion

An der tschechischen Grenze zu Sachsen haben mehrere Hundert Rechtsradikale und Einwohner versucht, ein überwiegend von Roma bewohntes Stadtviertel zu stürmen. Etwa 150 Roma traten am Samstag in Varnsdorf nach Angaben der Agentur CTK den Angreifern entgegen, um ihre Unterkünfte zu schützen. Zwischen beide Seiten stellte sich ein Polizeikordon. Zu dem nicht genehmigten Protestzug hatten Rechtsextreme im Internet aufgerufen.

Nach Schlägereien zwischen einheimischen Jugendlichen und Angehörigen der Roma-Minderheit hatte sich die Stimmung in der Region mit hoher Arbeitslosigkeit zuletzt dramatisch aufgeheizt. Das Innenministerium schickte etwa 200 Bereitschaftspolizisten aus Prag in die Gegend des Schluckenauer Zipfels, der nach Sachsen hineinreicht, um die Lage zu stabilisieren.

Am Freitag hatten Bewohner Varnsdorfs gegen die angeblich gestiegene Kriminalität in der Stadt demonstriert. Sie beklagen einen ungezügelten Zuzug von Roma-Familien aus dem Binnenland, was aber von Experten bestritten wird. Für das kommende Wochenende hat eine rechtsradikale Partei weitere Proteste angekündigt.

Quelle: Europe Online Magazine
Stand: 03.09.2011

Ethnic Czechs attack Roma housing in Rumburk

Police have reportedly calmed the situation in the streets of Rumburk today, where a mob of roughly 500 people marched through the town all evening doing their best to provoke Romani residents. The mob formed after an authorized demonstration came to an end there. Before police managed to disperse the most active part of the mob, ethnic Czechs had broken down a fence in front of a building occupied by Roma and thrown tree branches and stones at it.

Police officers have arrested one demonstrator and detained others over various misdemeanors; their intervention officially ended just after 20:30 CET. The Czech Press Agency reports that roughly 1 500 people attended the preceding demonstration, ostensibly held against crime, which quickly deteriorated into a racist demonstration against Romani people. In nearby Varnsdorf about 200 people also assembled, but that demonstration took place in relative calm.

The rally in Rumburk started at 17:00 CET and was attended by a total of about 1 500 people. „There might have been that many people, but for the time being we can only confirm that hundreds of people were there,“ police spokesperson Vojtěch Haňka told the Czech Press Agency. The rally lasted only 17 minutes, during which politicians from the Czech Social Democratic Party (ČSSD), which had organized it, tried to speak but were whistled down by the crowd. Then a representative of the „Civic Resistance“ (Občanský odpor) association took the podium. The muscular, shaven-headed man, who gave his name as „Josef Mašín“, called on the full square to teach the „inadaptables“ a lesson, receiving significant applause for his emotional speech. Continue reading Ethnic Czechs attack Roma housing in Rumburk