Category Archives: Österreich

Kirchstettens Roma: Futschikato?

Das Wort „Futschikato“ ist mittlerweile aus dem Sprachgebrauch so verschwunden wie die Erinnerung daran, dass vor 80 Jahren mitten unter uns Roma und Sinti gelebt haben. In Kirchstetten, einer Marktgemeinde in Niederösterreich, waren es 80-100, die dann in die NS-Konzentrations- und Vernichtungslager eingeliefert wurden: “futschikato“. Die Kunstschaffende Marika Schmiedt wollte mit einer temporären Kunstinstallation in Kirchstetten an sie erinnern.

Auch der Wikipedia-Eintrag zu Kirchstetten weiß nichts über Roma und Sinti in Kirchstetten – sie sind „futschikato“, so auch der Titel der geplanten Kunstinstallation von Marika Schmiedt. Jetzt ist auch die temporäre Installation vermutlich „futschikato“, denn der Bürgermeister der Gemeinde Kirchstetten hat dem Projekt keine Genehmigung erteilt. Warum, das begründet er in einem Brief an die Künstlerin damit, dass das Zusammenleben mit Roma und Sinti, das ihm von älteren Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern berichtet wurde, „kein schlechtes war und alle miteinander gut ausgekommen sind“. Nach dieser entsetzlich verharmlosenden Anmerkung kommt aber gleich ein Satz, der verräterisch dokumentiert, dass das ‚Zusammenleben‘ doch anders war: „Es sind nun aber doch schon 70 Jahre seit diesen grauenvollen Jahren vergangen….“. Continue reading Kirchstettens Roma: Futschikato?

Kemeten: Keine Gedenktafel für Roma

Seit mehr als zehn Jahren wollen Vertreter von Roma-Vereinen eine Gedenktafel für die von den Nazis ermordeten Roma in Kemeten (Bezirk Oberwart) aufstellen. 2006 beschloss der Gemeinderat, ein Denkmal zu errichten. Trotz mehrerer Anläufe ist das bis jetzt nicht passiert.

Das Bombenattentat auf Roma in Oberwart vor 20 Jahren erschütterte die Gesellschaft. Viele wurden erst damals darauf aufmerksam, dass Tausende österreichische Roma von den Nazis verschleppt und ermordet worden waren. Die meisten von ihnen kamen aus dem Burgenland. Seit einigen Jahren werden in den Gemeinden Erinnerungsstätten für die Ermordeten geschaffen.

Kemeten: Fast alle Roma von Nazis ermordet

In Kemeten lebten vor 1938 mehr als 200 Roma. Fast alle wurden von den Nazis ermordet. Seit mehr als zehn Jahren versuchen Vertreter der Roma-Vereine schon, eine Erinnerungsstätte für die Ermordeten in Kemeten zu errichten. 2003 lehnte der Gemeinderat zunächst ein Denkmal ab. Dann erfolgte 2006 eine Einigung. Eine Gedenktafel mit der Aufschrift, dass die Roma in Konzentrationslager verschleppt und dort ermordet wurden, solle aufgestellt werden, sagte damals Bürgermeister Johann Nußgraber (SPÖ). Continue reading Kemeten: Keine Gedenktafel für Roma

Hetze gegen Roma: Sieben Männer verurteilt

Am Mittwoch wurden in Salzburg sieben Männer zu Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie im Herbst 2013 zu Gewalt gegen Roma in Bischofshofen (Pongau) aufgerufen haben. Unter anderem war von „Endlösung“ die Rede.

Hintergrund der Drohungen auf Facebook war ein Tumult in Bischofshofen am 2. September 2013: Damals kamen Pongauer Jugendliche zu rund 200 legal am Sprungschanzengelände campierenden Roma. Die zunächst verbale Auseinandersetzung zwischen den beiden Gruppen eskalierte rasch und wurde handgreiflich. Morddrohungen wurden auch ausgesprochen. Nur mit Mühe konnte damals die Polizei die Lage unter Kontrolle bringen – nach zum Teil wilden Verfolgungsjagden zwischen den Pongauern und den Roma im Ort.

Parallel zu dem Tumult am Schanzegelände ging es auch in der offenen Facebook-Gruppe „Rennleitung Pongau“ hoch her. Obwohl nur einer der acht Angeklagten wirklich an Ort und Stelle war, schaukelte sich auch im Netz die Stimmung auf.

Anklagen wegen Postings während des Tumults

Ergebnis des Online-Tumults waren die Anklagen gegen die acht Männer wegen des Verdachts der Verhetzung: Denn in den Facebook-Kommentaren stand zu lesen, dass „Molotov-Cocktails“ in das Roma-Camp geworfen werden sollten sowie „Das Drecksgesindel gehört ausgerottet“. Ein Angeklagter forderte sogar: „Do brauchma die Endlösung“.

Diese Kommentare seien für die 2.442 Mitglieder der Facebook-Gruppe sichtbar gewesen, betonte der Staatsanwalt. Es sei zu Gewalt gegen Roma aufgerufen worden. Zudem seien diese „auf menschenunwürdige, verletzende Weise“ beschimpft worden. Die Gruppe „Rennleitung Pongau“ war ursprünglich gegründet worden, um vor Verkehrskontrollen der Polizei zu warnen.
Protokoll Attacke Endlösung Rechtsradikale

Angeklagte bei Prozess kleinlaut

Bei dem Prozess am Mittwoch gaben sich die sieben erschienenen Angeklagten kleinlaut: Sie hätten mit ihrer Aktion erreichen wollen, dass „Politiker und die Polizei etwas tun“, sagte ein 18-jähriger Pongauer. Dass er die Roma in Facebook als „Hurenkinder“ bezeichnet habe, sei ihm „herausgerutscht“. Er hätte das aber auch geschrieben, wenn es keine Roma, sondern Franzosen oder Österreicher gewesen wären. Schuldig bekannte sich der 18-Jährige nicht.

Reuevoll gab sich ein 39-jähriger Tiroler: „Da ich das geschrieben habe, bekenne ich mich schuldig.“ Die Äußerungen „schlagt sie zusammen, die Roma-Lappen“ und „Dreckszigeuner, grausige Mandln“ bezeichnete er als „Unmutsäußerungen“, die nur „so dahin gesagt waren“. Ein 23-jähriger Pongauer, der „weg mit dem Dreck“ und „grausiges Gesindel“ gepostet hatte, meinte, er habe sich „bei dem Blödsinn mitreißen lassen“. Und ein zuerst nicht geständiger 22-jähriger Angeklagter aus Hallein, der gepostet hatte, es solle mit Molotov-Cocktails auf das Lager der Roma geworfen werden und „das Drecksgesindel gehört ausgerottet“, erklärte: „Das war nicht ernst gemeint. Ich bereue, was ich gesagt habe.“ Ins selbe Horn stießen auch andere Beschuldigte.

Drei, vier Monate Haft auf Bewährung

Die nun angeklagten Männer sind zwischen 18 und 39 Jahre alt. Einige sind Handwerker, unter ihnen sind aber auch ein Student und ein Großhandelskaufmann.

Ein 23-Jähriger aus dem Pongau erhielt vier Monate Haft auf Bewährung – dies war die höchste Strafe, weil der Angeklagte bereits zwei Vorstrafen im Register hat. Alle anderen Beschuldigten wurden zu drei Monaten bedingt verurteilt. Bei einem Burschen, der zur Tatzeit noch jugendlich war, erfolgte ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe mit einer dreijährigen Probezeit.

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch alle sieben Angeklagten nahmen das Urteil an. Da aber nur drei anwaltlich vertreten waren, sind die Sprüche für die anderen vier noch nicht rechtskräftig.

Quelle: ORF.at
Stand: 30.07.2014

Brandanschläge auf Roma-Lager in Salzburg

In zwei provisorischen Roma-Lagern im Salzburger Stadtteil Schallmoos wurden am Montag Feuer gelegt. Das Thema der Reisenden ist seit Monaten politisch umstritten

Salzburg – Die seit Monaten brodelnde Auseinandersetzung um Bettler aus Rumänien in der Stadt Salzburg eskaliert. Montagnachmittag gingen zwei provisorische Roma-Lager im Stadtteil Schallmoos in Flammen auf. Unbekannte hatten Matratzen und andere Habseligkeiten in den notdürftigen Unterkünften angezündet. Aus Sicht des für Sicherheitsfragen ressortzuständigen Vizebürgermeisters Harald Preuner (VP) könnten Anrainer das Feuer gelegt haben: Die Vermutung liege nahe, dass jemand „Selbstjustiz“ betrieben habe. Preuner und die ÖVP haben im Wahlkampf für die Gemeinderatswahlen Anfang März selbst massiv gegen die „Bettlerbanden“ Stimmung gemacht.
Menschenrechtsgruppen hatten die ÖVP wiederholt scharf kritisiert. Menschenrechtsaktivist Bernhard Jenny fordert auf seinem Blog inzwischen den Rücktritt von Preuner: „Eine Menschenrechtsstadt verträgt keinen Preuner.“
Nicht zuletzt als Reaktion auf die ÖVP-Kampagne haben sich auch kirchliche Organisationen zusammengeschlossen, um für die Notreisenden aus Rumänien zumindest eine Art Grundversorgung zur Verfügung zu stellen.
Abgesehen von der Anrainertheorie ermittelt die Polizei auch noch in Richtung rechtsextremer Täter: Am Wochenende sind in Salzburg erneut Stolpersteine geschändet worden. Zwei in den Boden eingelassene Erinnerungssteine an NS-Opfer vor dem Landestheater sind mit schwarzer Teerfarbe beschmiert worden.
In den vergangenen Monaten waren die kleinen Denkmäler wie auch andere Erinnerungsstätten für Opfer der Nationalsozialisten wiederholt Ziel von Attacken. Zwei Verdächtige saßen mehrere Monate in U-Haft. Sie stehen demnächst vor Gericht.

Quelle: Der Standard
Stand: 08.04.2014

19 Jahre nach dem Bomben-Attentat in der Roma-Siedlung

Schock und Entsetzen in ganz Österreich: In der Nacht vom 4. auf den 5. Feber 1995 detonierte in der Roma-Siedlung in Oberwart eine Rohrbombe und tötete 4 Roma. Neben ihren Leichen lag eine Blechtafel mit der Aufschrift „Roma – zurück nach Indien“. Dieses Ereignis löste bei den Bewohnern tiefe Trauer und Angst aus.

Ich konnte es kaum realisieren

„Als am 4. Feber 1995 dieses schreckliche Attentat verübt wurde, konnte ich es kaum realisieren“, sagt die heute 32jährige Romni, Tina Nardai. „Meine Großmutter, die eine Ausschwitzüberlebende war, hat dieses Ereignis sehr mitgenommen. Aufgrund ihrer Reaktionen und ihres Verhaltens habe ich dann begriffen, dass diese Tat Narben aufgerissen hat“, sagt Tina Nardai. Trotz der Angst, dass sich die schreckliche Geschichte, die sie erlebt hat, wiederholen könnte, war es für ihre Großmutter ein wichtiges Anliegen, die junge Nardai darüber in Kenntnis zu setzen, was hier in der Roma-Siedlung passiert ist.

Ich habe zwei Verwandte verloren

„Mein gehörloser Onkel hat die vier Opfer aufgefunden. Unter ihnen auch meine beiden Verwandten, Karl und Erwin“, sagt Manuela Horvath. In der Roma-Siedlung herrschten Hektik, Trauer und Unfassbarkeit zugleich. Jeder hatte Angst. „Was für mich dann am Begräbnistag sehr komisch war ist, dass den Politikern in der Kirche ganz vorne ein Raum zum Trauern eingeräumt wurde, und nicht den trauernden Familienmitgliedern“, so Horvath weiter.

Quelle: ORF.at
Stand: 02.02.2014

Salzburger wegen verhetzender Postings auf Facebook angezeigt

Angriffe auf Roma in Bischofshofen: Zwölf Anzeigen wegen Verhetzung

Nach einem Angriff auf legal campierende Roma bei der Skisprungschanze Bischofshofen in Salzburg Anfang September hat das Landesamt für Verfassungsschutz jetzt die Ermittlungen abgeschlossen und insgesamt zwölf Personen aus dem Pongau wegen des Verdachts der Verhetzung angezeigt. Ein Beschuldigter – er hatte via Facebook „die Endlösung“ gefordert – wurde außerdem nach dem Verbotsgesetz angezeigt.

Im Internet hatte die „Rennleitung Pongau“ damals gegen die lagernden Angehörigen der Volksgruppe mobilisiert, sagte Hermann Rechberger, der Leiter des Landesamtes Verfassungsschutz, heute im APA-Gespräch. Rund 20 Teilnehmer suchten in der Folge in der Nacht auf 3. September den Parkplatz bei der Paul-Ausserleitner-Schanze auf, wo sich rund 100 Roma einquartiert hatten. Es kam zu heftigen Wortgefechten, Drohungen und Beschimpfungen. Zwölf Polizisten hatten die ganze Nacht alle Hände voll zu tun, um eine völlige Eskalation der Auseinandersetzung zu unterbinden. Verletzt wurde niemand.

„Was soll da einer noch leugnen, die haben sich nur herausgeredet, dass sich die öffentliche Erregung so hochgeschaukelt hat“

Nun haben die Verfassungsschützer die Postings auf Facebook ausgewertet und zwölf Verdächtige im Alter von 17 bis 38 Jahren angezeigt. Der Strafrahmen beträgt bis zu zwei Jahren Haft. „Was soll da einer noch leugnen, die haben sich nur herausgeredet, dass sich die öffentliche Erregung so hochgeschaukelt hat“, so Rechberger. So habe etwa einer aus der Gruppe geschrieben, das nächste Mal gleich mit Molotow-Cocktails hinzufahren. Jener Pongauer, der in seinem Eintrag nach der „Endlösung“ gerufen hat, wird auch nach dem Verbotsgesetz angezeigt.

Medien berichteten damals, dass auch während der Auseinandersetzung noch Äußerungen gefallen seien, die in Richtung Wiederbetätigung gehen. Das habe sich im Nachhinein aber nicht mehr eindeutig feststellen lassen, weil die Polizei keine Geschädigten mehr befragen habe können. „Die Roma sind damals alle weg“, so Rechberger.

Unabhängig vom Verfassungsschutz beschäftigt der Zwischenfall die Justiz noch auf einer anderen Ebene: Die Polizei Bischofshofen hat nämlich auch etliche Beteiligte im Schanzengelände wegen diverser Drohungen oder Nötigungen angezeigt. In diesem Fall seien auf beiden Seiten Verdächtige ausgeforscht worden. „Die Sache liegt bereits bei der Staatsanwaltschaft“, sagte Rechberger.

Quelle: Der Standard
Stand: 18.12.2013

Roma-Familien dürfen nicht ins Marienstüberl

Aufregung vor heutigem runden Tisch bei Sozialstadträtin Schröck: Roma mit Kindern bekommen im Marienstüberl nichts zu essen.

Es wird kälter in Österreich. In Wien straft die Polizei Obdachlose aus dem Stadtpark, Salzburg erhöht die Strafen für „illegales Campieren“ von 370 auf bis zu 10.000 Euro, in Linz sperrt die Caritas-Wärmestube Osteuropäer aus – und in Graz dürfen Roma-Familien aus Rumänien und Bulgarien nicht ins Marienstüberl. Das Marienstüberl ist eine Einrichtung der Caritas, die kostenloses Frühstück, Mittagessen und Nachmittagsjause für Obdachlose ausgibt.

Leiterin Schwester Elisabeth sagt: „Zu uns dürfen generell nur Erwachsene. Für Kinder sind deren Eltern verantwortlich.“ Für sie ist es notwendig, so klare Schritte zu setzen, „sonst sind wir überfordert. Es geht nicht, das jeder einfach die Leute zu uns schickt. Wir haben nur 90 Plätze. Und wir sind voll.“ Abgesehen davon hält sie das Marienstüberl nicht für Kinder geeignet. „Hier sind Alkoholiker und Drogensüchtige, das ist kein Ort für Kinder.“ Für die Roma müsse sich die Stadt etwas anderes überlegen, „wir, die gratis arbeiten, können nicht für alles zuständig sein.“

Damit hat SPÖ-Sozialstadträtin Martina Schröck einen Punkt mehr auf der Tagesordnung für ihren heutigen runden Tisch. Die Frage: Wie soll die Stadt mit den Roma umgehen, die seit zwei Jahren immer wieder in Graz sind und teils im Dreck auf der Straße geschlafen haben? Das will sie mit Vertretern aus Linz, aus Wien, der rumänischen und bulgarischen Botschaft, der Caritas sowie mit Pfarrer Wolfgang Pucher besprechen.

Pucher ließ ja in der Vorwoche mit seinem Vorstoß aufhorchen, die Roma integrieren zu wollen. Schröck will eher, dass ihnen in ihrer Heimat geholfen wird, und sucht eine gemeinsame Linie aller größeren Städte.

Quelle: Kleine Zeitung
Stand: 06.11.2013

Antiziganismus im Vormarsch

Am Sonntag, 6.10., wurde noch der “Tag der Würde der Roma und Sinti“ mit Kundgebungen in 15 europäischen Ländern begangen, am Montag, 7.10. diskutierte dann der Salzburger Stadtsenat über den Antrag der ÖVP auf eine scharfe Anhebung der Geldstrafen für „wildes Campieren“ und auf EU-Ebene wollen vier Innenminister Ausweisungsmöglichkeiten für „Sozialtouristen“ durchsetzen.

Der Antrag der ÖVP im Salzburger Gemeinderat hätte eine drastische Erhöhung der Geldstrafen für „wildes Campieren“ von 370 Euro auf bis zu 10.000 Euro, im Fall der „Uneinbringlichkeit“ Ersatzfreiheitsstrafen bis zu 14 Tage, bedeutet. Nach Kritik der Bürgerliste (Grüne) wurde die Neufassung der Campierverordnung zunächst einmal verschoben. Die „Salzburger Nachrichten“ (8.10.2013) wissen auch, gegen wen sich der Antrag der ÖVP gerichtet hätte:

„Das Gesetz würde hauptsächlich Roma und Sinti betreffen“ (SN, 8.10.13).

Gleiches gilt für die Initiative von vier Innenministern der Europäischen Union, die sich Ausweisemöglichkeiten für „Sozialtouristen“ wünschen. Die Ressortchefs aus Großbritannien, Deutschland, Niederlande und Österreich wollen beim Ministerrat am 8.10. darüber diskutieren und von der EU-Kommission Schritte einfordern. Die „Presse“ schreibt dazu:

„Im Visier stehen vor allem Roma und Sinti aus Rumänien und Bulgarien, die angeblich nach Westeuropa pilgern, um dort von der Notstandshilfe zu leben“ (Presse,7.10.13).

Die konservative „Presse“ legt auch die Motive der vier Innenminister offen: in Großbritannien und den Niederlanden wollen sich die Regierungen damit gegenüber den Rechtspopulisten von UKIP und Geert Wilders‘ Freiheitspartei profilieren, in Deutschland gibt es in mehreren Städten „Problemzonen“, die mit dem Wohnen verknüpft sind, und die österreichische Innenministerin gibt offen zu, dass es zwar keine Probleme mit dem Missbrauch von Sozialleistungen gebe, aber Österreich mit den anderen drei Ländern solidarisch (!!) sein wolle. Unabhängig von dieser Initiative haben auch die französischen Sozialdemokraten und hier vor allem deren Innenminister Valls die antiziganistische Rhetorik massiv verschärft, um so vor allem dem Front National zu kontern. Eine katastrophale Politik, wie Stefan Brändle in einem „Standard“-Kommentar feststellt. Es braut sich was zusammen in Europa!

Die Attacken auf fahrende Roma, die auf einem genehmigten Lagerplatz in Bischofshofen campieren wollten, zeigen , dass mit Hilfe einiger rechter Einpeitscher auch hierzulande offener aggressiver Antiziganismus, der sogar wieder Vernichtungsphantasien freisetzt, möglich ist.

In der „Presse“ fordert ein Gastkommentar von Karolina Wigura („Wie Roma immer weiter an den Rand gedrängt werden“) eine andere europäische Strategie gegenüber den Roma als die „der Ignoranz und Deportation“ und schließt mit dem Satz:

„Es wäre an der Zeit, kritisch nicht nur über das aggressive Verhalten nationalistischer Gruppen gegenüber den Roma nachzudenken, sondern auch über die ähnlich aggressive Rhetorik von Politikern des politischen Zentrums“.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ (8.10.13) setzt sich in einem ausführlichen Beitrag („Rom a? Sinti? Zigeuner?“) mit der medialen und p0olitischen Wahrnehmung der Roma:

„Anstatt die real existierenden Probleme als solche zu erkennen und darauf mit sozialpolitischen Maßnahmen zu regieren, erfolgt seitens der Behörden und Medien oft nur die Flucht in ein politisch korrektes Vokabular, um zumindest so guten Willen zu beweisen“.

Quelle: Stoppt die Rechten
Stand: 08.10.2013

Linz: Rechtsextreme Revolte gegen Roma-Ausstellung

Am Montag, 7.10. wird in Linz die Ausstellung „Die Gedanken sind frei“ zum zweiten Mal eröffnet. Die erste Ausstellung im öffentlichen Raum in Linz war nach Attacken von ungarischen Nationalisten von der Polizei „geräumt“ worden. Die Ausstellung, die den Rassismus an Roma thematisiert, wird auch jetzt von Rechtsextremen heftig attackiert.

Von einer Protestwelle mit mehreren Hundert Mails, in denen die Ausstellung abgelehnt wird, berichtet der „Standard“ . Woher kommen die Mails? Der Blogger „Pusztaranger“ hat darauf hingewiesen, dass der Salzburger Ungarische Verein auf seiner Homepage einen Musterprotestbrief veröffentlicht hat. Vorsitzender dieses Vereins, der im Frühjahr den Jobbik-Vizechef Tamas Snieder nach Salzburg eingeladen hat, ist Peter Karsay. Karsay trat 2007 als Organisator einer Demo in Wien und Kontaktperson von „Leikismeret88“ an die Öffentlichkeit. 2008 war er der Erstunterzeichner einer EU-Petition, die er mit „Forradalmar“ signierte. „Forradalmar“ bedeutet „Revolutionär“. Welche Revolution ihm vorschwebte , lässt sich leicht erahnen, wenn man die Liste der Mitunterzeichner genauer durchforstet. 2010 bemühte sich Karsay dann sehr intensiv, zu den ungarischen Parlamentswahlen eine rechte Wahlbeobachtung aufzubauen und hatte dazu intensive Mail-Kontakte mit den Parteispitzen der rechtsextremen Jobbik.

Bei der aktuellen Kampagne gegen die Ausstellung in Linz sind neben dem Salzburger Ungarischen Verein auch die sonstigen üblichen Verdächtigen beteiligt, z.B. das antisemitische und rechtsextreme Hetzportal kuruc.info, das den Musterprotestbrief sogar in deutscher Sprache veröffentlicht. Schon bei den rechtsextremen Protestaktionen im Frühjahr 2013 tauchten Fotos der Linzer Ausstellung sofort auf kuruc.info auf.

Es gibt aber auch noch andere Kontakte. Der frühere „Schriftleiter“ des „Eckart“, Helmut Müller veröffentlichte auf seinem Blog einen Beitrag zur Linzer Ausstellung aus „nationalrevolutionärer“ Sicht. Der gleiche Beitrag erschien auch auf dem Blog „Sache des Volkes. Plattform für sozial- und nationalrevolutionäre Politik“. Müller ist ein alter Bekannter in der rechtsextremen Szene, der schon in den 80er Jahren für „nationalrevolutionäre“ Projekte warb, die sich dann alle in der Neonazi-Ecke verliefen.

Jetzt veröffentlicht Müller nach einigen einleitenden Bemerkungen über „Zigeuner“ den Brief des ungarischen Botschafters in Österreich zur „Skandalausstellung“ in Linz. Der stützt sich wiederum auf die Unterlagen der Rechtsanwältin Eva Maria Barki, die schon im Frühjahr 2013 als Anzeigerin aufgetreten ist und im Jahr 2010 den Aufmarsch von ungarischen Rechtsextremen in Oberwart angemeldet hatte.

Es ist also eine gar nicht so bunte Mischung von Personen und Vereinen, die gegen die Ausstellung in Linz mobil machen.Ach ja, fast hätten wir’s vergessen: der Linzer FPÖ-Stadtrat Detlef Wimmer ist auch dabei! Der „Krone“ OÖ (4.10.2013) erklärte er: „Projekte, die unsere Nachbarn verärgern, gehören nicht ins Alte Rathaus“.

Quelle: Stoppt die Rechten
Stand: 06.10.2013

Roma-Hetze bei ÖVP

Kalender des ÖVP-Seniorenbundes aus Oberösterreich beleidigt Roma und Sinti

Ein „Enkeltrick“ brachte NEWS.AT in den Besitz des Seniorenkalenders des Oberösterreichischen Seniorenbundes: Denn mit der Ankündigung einen kritischen Beitrag über den Kalender bringen zu wollen, wäre es wohl sehr viel schwieriger geworden, den Kalender auch tatsächlich zu erhalten. So musste eine Oma, die sich angeblich über den Kalender freuen würde, als Begründung herhalten. Um betrügerische Abzocke der Omas und Opas geht es auch in einem Beitrag in besagtem Seniorenkalender. Doch fallen dabei alle Hemmschwellen und es wird gegen Roma und Sinti gehetzt. Mitlerweile liegt eine Entschuldigung des OÖ Seniorenbundesvor. Dieser verweist auf die Polizei von der der Text übernommen wurde.

„Beim Enkel–Neffen-Trick handelt es sich um eine spezielle Form des Betruges bei dem vor allem ältere Menschen ‚Opfer‘ sind“, fängt der Beitrag im „Seniorenkalender 2013“ harmlos an. Doch dann kommt es faustdick: „Als Täter treten hauptsächlich Angehörige der Roma und Sinti an“, wird dann behauptet – wobei jeder Beweis schuldig bleibt.

Die Einleitung des Artikels schließt mit der skandalösen Verdächtigung: „Diese Volksgruppe handelt sehr skrupellos und beutet ihre Opfer oft bis zur wirtschaftlichen Vernichtung ihrer Existenz aus.“ Das Besondere ist, dass hier einer ganzen Volksgruppe ein „skrupelloses“ Verhalten unterstellt wird. Continue reading Roma-Hetze bei ÖVP