Category Archives: Ungarn

Erste Geständnisse beim Prozess um Romamorde in Ungarn

Einer der Angeklagten im Prozess um die Morde an ungarischen Roma in den Jahren 2008 und 2009, Árpád K., hat am Dienstag ein Teilgeständnis abgelegt und die Beteiligung an drei der insgesamt neun Attacken eingestanden, bei denen sechs Menschen starben. Bewusst tödliche Schüsse oder überhaupt Schüsse abgegeben zu haben, verneinte er allerdings und hofft wohl mit seinem Entgegenkommen auf eine mildere Strafe. Die anderen Angeklagten blieben bisher bei dem Standpunkt, dass sie zwar eher zufällig an den Orten anwesend waren, mit den Mordanschlägen aber nichts zu tun hätten.

Árpád K. hatte bei den ersten drei Anhörungen die Aussage verweigert, gab nun aber seine Beteiligung bei den Attacken in Galgagyörk im Juli 2008 und in Piricse im August desselben Jahres sowie bei einem weiteren Anschlag zu. Dabei habe es sich seinen Angaben nach aber nicht um eine gezielte und vorbereitete Organisation gehandelt, sondern eher um spontane Aktionen, mit denen man „auf die Probleme mit den Zigeunern“ aufmerksam machen wollte. Eigentlich wollte man die Bewohner mit Molotow-Cocktails nur erschrecken und vertreiben, die mitgebrachten Waffen jedoch „nur zur Selbstverteidiung“ einsetzen. Gleichzeitig belastete er seinen Bruder und einen weiteren Mitangeklagten der Mittäterschaft.

Quelle: Pester Lloyd
Stand: 08.04.2011

Ungarn: Rechtsradikale patrouillieren in Roma-Viertel

200 Mann der offen rassistischen „Bürgerwehr“-Gruppe „Szebb Jövöert“ sind seit Montagabend in einer nordungarischen Kleinstadt unterwegs. Als Grund nennen sie die gestiegene Kriminalität.

Die rechtsradikale ungarische „Bürgerwehr“-Gruppe „Szebb Jövöert“ marschiert seit Montagabend im Roma-Viertel der nordungarischen Kleinstadt Hajduhadhaza. Die 200 Mann starke uniformierte Gruppe wolle zwei Wochen bleiben, sagte am Dienstag Gergely Rubi, Parlamentsabgeordneter der rechtsradikalen Partei Jobbik, der selbst Mitglied dieser „Bürgerwehr“ ist. Den Aufmarsch begründete Rubi nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MTI mit der angeblich gestiegenen Kriminalität.

Die „Bürgerwehr“-Mitglieder seien von der Bevölkerung von Hajduhadhaza gut aufgenommen worden, sagte Rubi weiter. Sie würden während ihres „Einsatzes“ bei zwölf Familien wohnen und von diesen auch verpflegt. An diesem Sonntag ist eine Großdemonstration der Rechtsradikalen geplant, zu der auch der Jobbik-Vorsitzende Gabor Vona erwartet wird. Continue reading Ungarn: Rechtsradikale patrouillieren in Roma-Viertel

Imperfect Justice: Anti-Roma Violence and Impunity

Budapest, 6 April 2011: Many Romani victims of violent attacks do not secure justice, according to the findings of research undertaken by the European Roma Rights Centre (ERRC) in the Czech Republic, Hungary and Slovakia.

In a significant number of countries, violence against Roma is a serious and ongoing problem. Not only because it harms the Roma directly affected by the attack, but Roma as an ethnic group are impacted by the lack of effective response by State authorities. While Roma are often described as a vulnerable group in Governments’ policies, little of this understanding is visible in the practice of police and other responsible State authorities in addressing anti-Roma violence. Continue reading Imperfect Justice: Anti-Roma Violence and Impunity

Ungarns Roma in Angst vor Rechtsradikalen

BUDAPEST – Mit einem Aktionsplan will die EU-Kommission die Lage der Roma in Europa verbessern. Probleme hat die Minderheit aber nicht zuletzt in dem Land, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat: Weil in Ungarn die Rechtsradikalen mobilisieren, leben viele Roma in Angst.

Es duftet nach Frühling in Hejöszalonta. Vor ihrer Tür steht Magda Orban (62) und plaudert mit Otilia Illes (40), der Nachbarin von gegenüber. Otilia ist eine Roma-Frau, Magda eine sogenannte weiße Ungarin. Und beide schimpfen sie darüber, dass an diesem Tag die rechtsradikale ungarische Partei Jobbik hier in Hejöszalonta eine Hass-Kundgebung gegen Roma abhalten will.

Das friedliche Hejöszalonta könnte im Grunde als positives Modell dienen für all jene, die derzeit Pläne schmieden für den Umgang mit Europas größter Minderheit. Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft hat einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der etwa zwölf Millionen europäischen Roma initiiert, den die EU-Kommission an diesem Dienstag in Straßburg und dann am Freitag auch in Budapest vorstellen will. Es geht darum, die historisch gewachsene Benachteiligung dieser Volksgruppe zu beseitigen. Continue reading Ungarns Roma in Angst vor Rechtsradikalen

US-Frauenpreis an ungarische Roma-Politikerin

Agnes Osztolykan wurde für ihren Einsatz gegen Rassismus und Diskriminierung gewürdigt

Budapest – Für ihr Engagement bei der Integration der Roma in Ungarn erhielt die Roma-Politikerin und Parlamentsabgeordnete der ungarischen oppositionellen Grünen-Partei LMP, Agnes Osztolykan, den US-Preis „Women of Courage“. Wie die ungarischen Medien am Donnerstag berichten, wurde die Auszeichnung von US-Außenministerin Hillary Clinton in Anwesenheit von Michelle Obama in Washington überreicht. Clinton würdigte den Einsatz der zur Roma-Volksgruppe gehörenden Politikerin im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung.

Nach der Preisverleihung betonte Agnes Osztolykan, die Auszeichnung nicht allein, sondern im Namen aller ungarischer Roma-Frauen erhalten zu haben, die sich sowohl im Parlament als auch im Zivilleben für die Integration der größten ungarischen Volksgruppe einsetzten. Agnes Osztolykan (36) studierte Politologie, arbeitete als Pädagogin bei der Soros-Stiftung und leitet das Sekretariat der internationalen Initiative „Jahrzehnt-Programm“ in Budapest, die der Verbesserung der Lebensqualität der Roma dient.

Der Preis „Women of Courage“ war 2007 von der damaligen Außenministerin Condoleezza Rice gegründet worden und soll der Anerkennung von Frauen dienen, die sich mit außerordentlichem Mut für die Rechte der Frauen einsetzen. Außer Agnes Ostolykan erhielten weitere neun Frauen aus aller Welt die Auszeichnung in Washington.

Quelle: Der Standard
Stand: 11.02.2011

Remembrance for 2009 Roma slayings

Candles were lit and a mass was celebrated in Budapest on Tuesday in memory of the Roma father and his son who were murdered two years ago in the central Hungarian village of Tatarszentgyorgy.

27-year-old Robert Csorba and his five-year-old son were killed by gun shots as they were trying to escape their house set ablaze by a petrol bomb. The six-year-old daughter of the family suffered serious injuries.

The murder was part of a series of attacks carried out in central and eastern Hungarian villages from July 2008 to August 2009. The brutal attacks killed six Roma people and seriously injured five others. A total of 78 shots were fired at nine different locations and Molotov cocktails thrown at seven homes.

Four suspects taken into custody in August 2009 awaiting trial, scheduled for this March.

„We should not let Hungary to be split, and people to be killed only because they were born as Roma,“ Agnes Daroczi of the Phralipe Independent Roma Organisation told the commemoration in front of Saint Stephen’s Basilica.

She said that the Tatarszentgyorgy victims had been killed by „neo-Nazi murderers“ and expressed hope that the court trial would clarify who had stood in the background and commissioned the perpetrators.

Quelle: caboodle.hu
Stand: 23.02.2011

Controversy over comments about Roma by Hungarian far-Right leader

Gábor Vona, chairman of the radical nationalist party Jobbik, has recently come under fire for comments made about Roma in Hungary.

During a parliament session on the 14th February, he said that a major problem in Hungary was the fast reproductive rate of the gypsy community.

The Speaker of the Hungarian National Assembly László Kövér made no objection to this remark. When the Socialist chairman Attila Mesterházy later advised Kövér to take action against similar behaviour in the future, he was told by the Speaker to not commentate on how the session was being led or else he would not be allowed to speak. Continue reading Controversy over comments about Roma by Hungarian far-Right leader

Reportage Ungarn – Rassismus – Tötungsdelikt – Volksgruppe

Rassismus In Ungarn wächst der Hass auf Roma. Zwei Menschen werden getötet, und keiner will die Tragödie aufklären. Die Mörder schießen aus dem Hinterhalt
Von Knut Krohn

Mein, Renata will nicht reden. Stumm lehnt sie am Türrahmen, die Arme verschränkt, den Blick unsicher gesenkt. Der ganze Körper signalisiert Abwehr. „Erzähl doch was“, drängt ihre Mutter Ildiko nach einigem Warten. Das beharrliche Schweigen dehnt jede Sekunde zu einer kleinen Ewigkeit. Ihr Vater Jakab steht etwas abseits in einer Ecke des schmucklosen Wohnzimmers und macht eine unwirsche Handbewegung. Renata drückt sich noch fester an das Holz des Türrahmens, kaut nervös auf ihren Lippen und sagt kein Wort.

Was soll die junge Frau noch erzählen? Jeder hier in dem Dorf Tatarszentgyörgy, sechzig Kilometer südlich von Budapest gelegen, kennt die Geschichte der Roma-Familie bis ins letzte Detail. Sie ist ein Beispiel für Ausgrenzung, Ignoranz, Rassismus und den daraus resultierenden hinterhältigen Morden an zwei unschuldigen Menschen, weshalb sich sogar die führenden Politikerin der Hauptstadt Budapest damit beschäftigen mussten. Neben diesem, dem öffentlich gemachten-Teil, gibt es allerdings inzwischen eine Fortsetzung des Unglücks. Die ist weniger spektakulär und lässt sich nicht in dramatische Bilder pressen, weshalb sich kaum jemand dafür interessiert. Im Zentrum stehen Verzweiflung, Missgunst, Neid und
Hoffnungslosigkeit. Continue reading Reportage Ungarn – Rassismus – Tötungsdelikt – Volksgruppe

Sonderschulen für Roma-Kinder

Im Staat des Europäischen Ratspräsidenten lernen Roma-Kinder oft in ethnisch abgetrennten Schulen. Das ist nicht Gesetz, entwickelt sich aber so.

Der heruntergekommene achte Bezirk von Budapest ist bekannt für seine Armut und für den hohen Anteil der dort lebenden Roma. Dort liegt auch der rußgeschwärzte Backsteinbau der Lakatos-Menyhert-Grundschule. Sie ist eine von 200 ungarischen Schulen, die ungarische Bürgerrechtsaktivisten als abgespalten oder abgesondert bezeichnen.

Tatsächlich sind fast alle der 120 eingeschriebenen Schüler Roma. Es ist eine Art Roma-Sonderschule. Bis auf zwei Lehrer ist jedoch keiner der Pädogogen Roma. Die Lehrer haben auch keine spezielle Ausbildung, um auf die besonderen Bedürfnisse ihrer Schüler eingehen zu können. Nur ein sehr kleiner Teil dieser Kinder schafft es auf ein Gymnasium und macht dort auch einen Abschluss – was auch in Ungarn die Bedingung für sozialen Aufstieg. Continue reading Sonderschulen für Roma-Kinder