Wie aus antiziganistischen Pogromen und Angriffen in den Medien ein Bürgerkrieg gemacht wird

Pogrom in Bulgarien
OBEN: Kein Bürgerkrieg, sondern ein Pogrom hat in Bulagrien stattgefunden (Screenshot: Spiegel-Online)

Etwas zeitverzögert nach Beginn der antiziagnistischen Pogromversuche und Angriffe auf die Roma-Minderheit in Tschechien und später auch in Bulgarien begannen auch die deutschsprachigen und internationalen Medien zu berichten.
In Teilen der Berichterstattung findet sich dabei eine extrem verzerrte Darstellung der Situation. Da wird von „ethnischer Konflikt“, von „ethnic tensions“ oder gar von einer Art Bürgerkrieg geschrieben oder gesprochen. So entsteht in der Leser- und Zuschauerschaft der Eindruck, es gäbe hier zwei relativ gleichstarke Parteien, die sich aggressiv gegenüberständen. Tatsächlich aber stehen sich sowohl in Tschechien als auch in Bulgarien eine sozial schwache und gesellschaftlich isolierte Minderheit und eine in weiten Teilen rassistisch eingestellte Mehrheitsbevölkerung gegenüber, die aus antiziganistischen Motivation die Minderheit anfeindet und angreift. Es ist handelt sich somit um keinen ethnischen Konflikt oder Bürgerkrieg zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen, sondern um die „klassische“ Situation, in der eine Mehrheit eine Minderheit diskriminiert.
In Tschechien selbst versuchen Neonazis und der rassistische Mob genau mit diesem Bild ihre Taten zu legitimiere. Angeblich würden Roma aus rassistischen Motiven Angehörige der tschechischen Mehrheitsbevölkerung angreifen. Da Roma in Ländern wie Tschechien massive Diskriminierung erfahren und am unteren Ende der sozialen Hierarchie stehen, sind sie oft sehr isoliert. Nach dem fall des Eisernen Vorhangs wurden Roma in eigenen Vierteln und Quartieren konzentriert. Inzwischen existieren in Tschechien über 300 von diesen Vierteln.

Aus Armut und Verzweiflung entstehen tatsächlich manchmal Verstöße gegen Gesetze, weil man schlicht zum Überleben in einigen Fällen Eigentumsdelikte begehen muss. Nur Personen bei denen berereits eine antiziganistische Prägung vorhanden ist, lasten diese Armutskriminalität einem herbeihalluzinierten Wesen oder einer spezifischen Kultur der Roma an.
Aus denselben rassistischen Motiven werden Auseinandersetzungen zwischen jugendlichen Roma und Nicht-Roma zu „antitschechischer Gewalt“ umgedeutet. Das sich hier Gruppen unterschiedlicher Herkunft gegenüberstehen liegt zumeist daran, dass die Roma-Minderheit besonders auf dem Land und in kleineren Städten so isoliert ist, dass ihre Angehörigen gezwungenermaßen unter sich bleiben. Dass spiegeltt sich auch in dem Umstand wieder, dass Roma-Kinder in Tschechien mehrheitlich auf Sonderschulen abgeschoben werden.

Das in den Medien auch gemeldet wurde das sich die Bewohner der bedrohten Quartiere mit Stöcken bewaffnet haben, ist auch kein Indiz für einen ethnischen Konflikt. Es handelt sich um eine Notwehrsituation, in der Menschen versuchen ihre Familien vor Übergriffen zu schützen.

Diese angebliche „Tschechenfeindlichkeit“ lieferte dann den Vorwand für die antiziagnistischen Masseaufmärsche. Bei diesen bildeten zumeist die angereisten Neonazis eine Art gewalttätige Vorhut und versuchten die Roma-Quartiere anzugreifen.
Da diese von Sonderkräften der Polizei beschützt wurden, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Neonazis. Die meisten bürgerlichen Demonstrant_innen nahmen an diesen direkten Angriffen nicht teil, äußerten aber laut Zustimmung für die Nazis.