Slowakei: Roma-Politiker als Lachnummer

Ein Bürgermeister, der kaum lesen kann, wird zum Hit im Internet und facht den Streit um Roma in der Slowakei erneut an.

Mühsam stammelt sich der Mann durch den Text, den schließlich eine Kollegin für ihn vortragen muss, schafft nicht einmal sein Amtsgelöbnis ohne Fehler und zettelt zuletzt noch eine lautstarke Streiterei im Rathaus an. Die peinliche Angelobung des 43-jährigen Vladimir Pokuta zum Bürgermeister des Städtchens Richnava in der Mittelslowakei ist zum Internet-Hit bei unseren Nachbarn geworden (siehe Link). Mehr als 60.000 Menschen haben das kurze Video auf youTube innerhalb weniger Tage angeklickt und damit auch eine neue Debatte über eines der heikelsten Themen in der Slowakei angezettelt: die Außenseiterrolle der Roma-Minderheit.

Eine halbe Million von ihnen lebt derzeit in der Slowakei, der Großteil in gettoähnlichen Siedlungen im Osten des Landes. Erdrückende Armut, mangelnde Schulbildung und eine Arbeitslosenrate bis zu 30 Prozent prägen ihr Dasein als diskriminierte Außenseiter.

Konflikt

Der knappe Wahlsieg Pokutas wird von der Nicht-Roma-Bevölkerung des Ortes abgelehnt. Sie sprechen von Wahlbetrug und wollen den Bürgermeister per Referendum wieder loswerden. Die slowakische Presse übt sich ebenfalls in heftigen Attacken. „Als
Bürgermeister ungeeignet“, urteilt etwa die Tageszeitung sme mitleidlos. Andere Blätter lassen sich ausführlich darüber aus, dass der gelernte Zimmermann sein halbes Leben lang arbeitslos war. „Die wollen mich nur anschwärzen, weil ich ein Rom bin“, wehrt sich Pokuta: „Das halten die Weißen nämlich nicht aus.“ Er will jedenfalls im Amt bleiben und hat viel für seine Roma-Mitbürger vor, etwa ihre illegal erbauten Häuser zu legalisieren. Die Blamage will er so rasch vergessen machen: „Schwacher Start – gutes Ende.“

Quelle: Kurier
Stand: 05.01.2011