Category Archives: Staatlicher Antiziganismus

Roma auf dem Westbalkan und in der Türkei sind durch die COVID-19 Pandemie ernsthaft bedroht

Gemeinsames Statement vom 31.03.2020 des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma mit dem Europäischen Roma Grasswurzel-Netzwerk (ERGO Network, Belgien), Roma Active Albania (Albanien), Otaharin (Bosnien und Herzegowina), Voice of Roma, Ashkali and Egyptians (Kosovo), Advancing Together (Kosovo), Phiren Amenca (Montenegro), RROMA (Nordmazedonien), Romalitico/Romaversitas (Nordmazedonien), Forum Roma Serbia (Serbien), Association of Coordinators for Roma Issues (Serbien), Zero Discrimination Association (Türkei).

  • Roma auf dem Westbalkan und in der Türkei sind durch die COVID-19 Pandemie ernsthaft bedroht.
  • Ein erhöhtes Armutsrisiko, Hungersnöte und rassistische Gewalt stellen eine ernsthafte Gefahr für Roma aber auch für die Gesellschaft insgesamt dar.
  • Wir rufen die Regierungen der betroffenen Länder, die Europäische Union und die einzelnen Mitgliedsstaaten auf die Situation der Roma umgehend und nachhaltig zu verbessern.

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Roma suffer under EU’s ‚environmental racism‘, report concludes

Europe’s Roma communities are often living on polluted wastelands and lacking running water or sanitation in their homes as a result of “environmental racism”, a report has concluded.

The European Environmental Bureau (EEB), a pan-European network of green NGOs, found Roma communities were often excluded from basic services, such as piped drinking water, sanitation and rubbish collection, while frequently living at or near some of the dirtiest sites in Europe, such as landfills or contaminated industrial land.

As many as 10 million Roma people live in Europe, including 6 million in EU member states. While their social exclusion has been long documented, EEB researchers say denial of basic services and exposure to pollution has been overlooked. Continue reading Roma suffer under EU’s ‚environmental racism‘, report concludes

40. Jahrestag des Hungerstreiks von 12 deutschen Sinti in Dachau

 

Von links oben: Pepi Schopper, Brala Ernst, Wallani Georg; unten Romani Rose, Jakob Bamberger © Zentralrat Deutscher Sinti und Roma

Am Karfreitag 1980, dem 4. April, traten zwölf Sinti, unter ihnen die Überlebenden des Holocaust Jakob Bamberger, Hans Braun, Ranco Brandtner und Franz Wirbel, in der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau in den Hungerstreik. Zentrale Forderungen waren die Anerkennung des NS-Völkermords an den Sinti und Roma durch die Bundesregierung, die sofortige Beendigung der polizeilichen Sondererfassung von Sinti und Roma sowie die Herausgabe der NS-Akten aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt, die im Bayerischen Landeskriminalamt weiterhin verwendet worden waren. Der Protest löste eine breite internationale Solidaritätswelle aus und markierte einen Wendepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung der Minderheit.

„Die Anerkennung des Völkermords an den Sinti und Roma am 17. März 1982 durch Bundeskanzler Helmut Schmidt stellte die Erfüllung einer zentralen Forderung des Hungerstreiks dar. Diese völkerrechtliche Anerkennung bedeutete einen Neubeginn im Verhältnis der Bundesregierung zu den deutschen Sinti und Roma“, erklärte Romani Rose heute.

Die polizeiliche Sondererfassung in der Bundesrepublik erfolgte durch bayerische Kriminalpolizisten in der „Landfahrerzentrale“, die bis in die 1970er Jahre Namen, Fingerabdrucke und persönliche Daten von Sinti und Roma aus dem gesamten Bundesgebiet in Akten erfasste. Diese Erfassung setzte direkt die NS-Erfassung fort, und zwar auf der Grundlage der NS-Akten und mit dem Personal aus dem ehemaligen RSHA, die im Bayerischen LKA wieder verbeamtet worden waren – und die regelmäßig in Entschädigungsanträgen von Sinti und Roma als Gutachter fungierten. Das bayrische Innenministerium verweigerte die öffentliche Distanzierung von diesen Praktiken und sprach von einer bis 1970 rechtmäßigen Kriminalarbeit.

„Wir konnten schon ein Jahr nach dem Hungerstreik NS-Akten an der Universität Tübingen sicherstellen. Dieses Material mit Vermessungen, Auswertungen und Befragungen haben wir ins Bundesarchiv in Koblenz überstellen können. Wir sind sicher, dass bis heute noch NS-Rassegutachten irgendwo im bayerischen Landeskriminalamt existieren, die aus diesen Akten erstellt wurden“, so Rose zu weiteren Aktionen nach dem Hungerstreik.

Die Unterstützung durch eine breite öffentliche Wahrnehmung des Hungerstreiks in der Presse, Solidaritätsbekundungen u.a. durch Annemarie und Heinrich Böll und der Besuch des damaligen Bundesjustizministers Hans-Jochen Vogel in Dachau am 12. April 1980, brachte eine bis dahin nicht vorhandene Aufmerksamkeit für die Situation der Sinti und Roma in Deutschland und beeinflusste maßgeblich die spätere Bürgerrechtsarbeit.

Quelle: Zentrlrat deutscher Sinti und Roma

Stand: 09.04.2020

Corona-Krise und Roma: Die vergessene Risikogruppe

In Mittel- und Südosteuropa leben Hunderttausende Roma in Elendssiedlungen – hier bahnt sich ein Corona-Desaster an. Doch statt den Betroffenen zu helfen, setzen Regierungen oft Polizei und Militär ein. Continue reading Corona-Krise und Roma: Die vergessene Risikogruppe

The Representation of Roma in European Curricula and Textbooks. Analytical Report

This is a joint report commissioned by the Council of Europe to the Georg Eckert Institute in partnership with the Roma Education Fund which seeks to analyse the representation of Roma in curricula and textbooks currently in use in upper levels of primary and secondary schools across Europe. The study includes the subjects of history, civic education and geography from 21 member states of the Council of Europe: Albania, Austria, Belgium, Bosnia and Herzegovina, Bulgaria, Croatia, the Czech Republic, Finland, France, Germany, Hungary, Italy, the Republic of Moldova, Montenegro, Poland, Romania, Serbia, the Slovak Republic, Spain, North Macedonia, the United Kingdom, and from Kosovo. The focus of the study is on the 10-18 age group, covered in most countries by lower and upper secondary schooling (namely ISCED levels 2 and 3).

Source: Georg Eckert Institute

Date: 06.04.2020

Sinti und Roma in der Coronakrise: Es drohen Rassismus, Pogrome, Hungersnot

Die Coronakrise trifft Minderheiten besonders hart. Werden Sinti und Roma zu Sündenböcken? In Bulgarien wurden die ersten Siedlungen abgeriegelt.

Es ist nur ein Gerücht, aber es entfacht eine verheerende Wirkung: Angeblich haben Roma-Migranten, die aus Deutschland und anderen Teilen Westeuropas nach Bulgarien zurückreisten, das Coronavirus in den Balkanstaat eingeschleppt. Die ersten beiden Bulgaren, die sich infizierten und später sogar starben, sollen sich, wie es heißt, nur deshalb angesteckt haben, weil Roma entgegen den Empfehlungen der bulgarischen Regierung sorglos gehandelt und so ihre Landsleute in Gefahr gebracht hätten. Von „mangelnder Disziplin“ der Roma ist die Rede. Continue reading Sinti und Roma in der Coronakrise: Es drohen Rassismus, Pogrome, Hungersnot

Getrennter Schulunterricht: Orbán will Entschädigung für Roma-Kinder verhindern

Getrennte Klassen, keine Teilnahme an Ausflügen und am Schwimmunterricht. Jahrelang wurden Roma-Kinder an einer Schule in Ungarn diskriminiert, bis ein Gericht ihnen Entschädigung zusprach. Doch Ministerpräsident Viktor Orbán will das verhindern.

Budapest, 23. Februar – Tausende von Menschen ziehen durch die Innenstadt, demonstrieren vor dem Obersten Gerichtshof und dem Parlament gegen die Diskriminierung von Roma: „Ein Ungarn – wir gehören hierher! Alle zusammen! Ein Ungarn, wir gehören hierher“, skandieren sie. Die Regierung müsse Gerichtsurteile, die zugunsten der Roma ausfallen, respektieren.

Gyöngyöspata, eine Kleinstadt, eine Autostunde nordöstlich von Budapest entfernt. Rund 2.500 Menschen leben hier, circa 20 Prozent gehören der Roma-Minderheit an. Unterhalb der historischen Dorfkirche zur Heiligen Jungfrau Maria liegt die Grund- und Hauptschule. Bis zur Pensionierung des alten Direktors im Jahr 2017 wurden hier Roma-Kinder von den übrigen Schulkindern getrennt. Die 21-jährige ehemalige Schülerin Nicolett erinnert sich: „Wir waren unten, im Erdgeschoss. Sie, die ungarischen Kinder waren oben, im ersten Stockwerk. Sie haben getrennte Jahrgänge für die Klassen 1, 2 und 3 gehabt.“ 

Roma-Kinder wurden systematisch von anderen Kindern getrennt

Eine richtige Schulausbildung habe sie nicht erhalten. Systematisch seien sie und die übrigen Roma-Kinder von „normalen“ Schülern getrennt worden: „Wir haben Mittagessen in einem getrennten Raum bekommen. Wir durften nicht ins Schwimmbad gehen. Wir duften nicht an Ausflügen oder Auftritten teilnehmen.“

Schon 2012 hatte das Landgericht Eger zugunsten der Kinder geurteilt: In Gyöngyöspata seien die Roma-Kinder rechtswidrig von den anderen Schulkindern getrennt worden. Die Stadt und die Schule gingen in Berufung und verloren, sieben Jahre später, auch diese Klage. Im Herbst 2019 gab das zuständige Bezirksgericht in Debrecen den 62 ehemalige Roma-Schüler recht: Die Roma hätten ihre ganze Schulzeit widerrechtlich in einer von den Nicht-Roma getrennten Schule verbringen müssen, sie hätten Unterricht auf niedrigerem Niveau erhalten und seien damit diskriminiert worden.

Orbán will Entschädigungszahlung an Roma verhindern

Den 62 ehemaligen Schülerinnen und Schülern stehe eine Entschädigungssumme in Höhe von insgesamt 100 Millionen Forint zu, umgerechnet rund 300.000 Euro. Das Geld könne ja wohl kaum ausgezahlt werden an Menschen, die dafür nicht gearbeitet hätten, kündigte Ministerpräsident Viktor Orbán Anfang Januar dieses Jahres auf einer Pressekonferenz für die Auslandspresse an: „Ich bin kein Einwohner von Gyöngyöspata. Aber wenn ich dort leben würde, würde ich mich fragen: Wie ist das denn eigentlich? Dass eine Gemeinde, die mit mir im selben Dorf lebt, zu einer bestimmten ethnischen Gruppe gehört, eine erhebliche Summe bekommt, ohne jegliche Arbeit.“

„Wir fanden das ungerecht und empörend, dass er das vor dem obersten Gerichtshof überprüfen möchte,“ sagt die ehemalige Schülerin Nicolett. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts ist die Kleinstadt Gyöngyöspata vor den Obersten Gerichtshof in Budapest gezogen, das Urteil wird im April erwartet. Die Stimmung im Dorf sei äußerst angespannt – sie, sagt Nicolett, und ihr Freund würden beschimpft: „Zum Beispiel, wenn wir ins Geschäft gehen, wurde ich einmal schon angegriffen und gefragt: Warum ich auf der Demonstration ein Gedicht zitiert habe. Oder mein Partner wurde von zwei alten Frau angebrüllt: Was er sich denn einbildet und dass die stinkenden Roma Geld kriegen.“

Bürgerbefragung zum Gerichtsurteil geplant

Géza Csemer, der Präsident der Roma Selbstverwaltung in Gyöngyöspata, erhielt anonymen Morddrohungen: Man werde ihm und den anderen zudem das Haus über dem Kopf anzünden. Dass es so weit gekommen sei, habe auch mit Orbáns Nein zum Gerichtsurteil zu tun: „Meiner Meinung nach ist es eine große Schande für das ganze Land. Wir haben es im Jahr 2020 erlebt, dass man Angst haben muss, obwohl in einem Rechtsstaat es die Entscheidung des Gerichtshofes gibt. Der Gerichtshof hat sein Urteil gefällt und die Leute haben jetzt Angst, das Geld anzunehmen.“

Die Orbán-Regierung lässt am 15. März „nationale Konsultationen“ durchführen, eine nicht verbindliche Befragung per Briefpost an alle Wählerinnen und Wähler, auch zu Gyöngyöspata. Denn das Urteil habe, Zitat „das Rechtsempfinden der Bürger“ verletzt.

Quelle: Deutschlandfunk

Stand: 09.03.2020

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Rechter Terror in Deutschland

Am 19. Februar 2020 hat ein Deutscher einen rechtsextremen Terroranschlag in Hanau verübt und dabei zehn Menschen, darunter drei Roma, erschossen.

Die Ermordeten waren:

Ferhat Ünvar
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović
Said Nesar El Hashemi
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Kalojan Velkov
Vili Viorel Păun
Fatih Saraçoğlu
Frau.R

Drei der Ermordeten waren Roma:

Mercedes Kierpacz war deutsche Romni mit polnischen Wurzeln. Als sie ermordet wurde, war sie 35 Jahre alt und wahrscheinlich schwanger. Sie hinterlässt zwei Kinder.

Kalojan Velkov war 32 Jahre alt und bulgarischer Rom. Er arbeitete seit zwei Jahren in Deutschland, um seine Familie zu unterstützen. Er hinterlässt einen kleinen Sohn.

Vili Viorel Păun war erst 23 Jahre alt, als er getötet wurde. Er lebte und arbeitete seit Jahren in Deutschland, um seine Familie zu unterstützen. Er war rumänischer Roma und das einzige Kind seiner Eltern.

Mehrere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Seit Jahren verschiebt sich die gesellschaftliche Stimmung immer mehr nach rechts. Mediale Diskurse, politische Parteien und Bewegungen erweitern immer mehr die Räume für autoritäres und menschenverachtendes Denken und Handeln. Menschen werden aufgrund von unterstellten oder tatsächlichen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe gleiche Rechte oder gar gleich das Recht auf Leben aberkannt. In diesem Klima kommt es immer wieder zu rassistisch motivierten Gewalttaten, die meistens nicht weiter medial als solche erwähnt werden. Anders war es bei dem versuchten Massaker an Juden in Halle und nun bei dem Terroranschlag in Hanau. Der mediale Fokus liegt dabei jedoch auf der Person, die die Tat ausgeführt hat und ihren vermeintlich individuellen Tatmotiven und ihrer psychischen Konstitution.

Nur wenige Tage vor dem Anschlag waren zwölf Personen einer rechtsextremen Terrorgruppe festgenommen worden. Sie hatten offenbar geplant, mit Terroranschlägen auf Geflüchtete, Politiker_innen und muslimische Einrichtungen in zehn Bundesländern einen Bürgerkrieg zu provozieren. Das Aufdecken dieser Pläne hatte vergleichsweise wenig mediales Echo gefunden.

Nach dem Attentat in Hanau kam es an mehreren Orten zu Anschlägen auf Shisha-Bars und Schüssen vor dem Familienhaus eines DITIB-Generalsekretärs.

Quelle: Roma Antidiscrimination Network

Stand: 04.03.2020

„Keine Antwort“

Interview Die Sinti und Roma unter den Opfern kommen öffentlich kaum vor, sagt Joachim Brenner

Unter den Opfern in Hanau waren drei Roma, einer der Verletzten ist ein Sinto. Der Förderverein Roma e. V. mit Sitz in Frankfurt am Main, dem Joachim Brenner angehört, hat sich seit Jahren unter anderem der Förderung der Begegnung zwischen Roma und Nicht-Roma verschrieben.

der Freitag: Herr Brenner, wie geht es den Menschen, die Ihr Verein betreut? Continue reading „Keine Antwort“

Kreuzritter der weißen Utopie

Am Sonntag, den 16. Februar, just in der Stunde, in der Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán seine Rede zur Lage der Nation 2020 hielt und in der er wieder einmal seiner antiziganistischen und antisemitischen Hetze freien Lauf ließ, hielt die rechte Partei „Unsere Heimat“ (Mi Hazank) im Dorf Sály in Ostungarn einen antiziganistisch-rassistischen Aufmarsch ab. Sie marschiert immer wieder überall im Lande gegen den „Zigeunerterror“ und für ein „weißes Ungarn“ auf… Continue reading Kreuzritter der weißen Utopie