Category Archives: Beiträge auf Deutsch

Buchankündigung: Das deutsche Fernsehen und der Fall ›Rassismus‹

Das vermeintliche Wissen, das über Sinti*ze und Rom*nija kursiert, ist geprägt von negativen Stereotypen bei kaum vorhandenen Kontakterfahrungen mit Angehörigen der Minderheit. Die dominierenden Bilder werden durch die Medien verbreitet und als Wahrheiten ausgegeben und rezipiert. Sie beschränken sich außerdem nicht auf Mitglieder der Minderheit, sondern werden ohne Widerspruch auf Menschen aus Bulgarien und Rumänien übertragen. Neben der emanzipatorischen Arbeit einer zunehmenden Zahl an Selbstorganisationen, ist es ein Anliegen dieser Arbeit, die medialen Inszenierungen, deren Schauplätze und Akteur*innen, sowie die dahintersteckenden Wirkmechanismen und Strukturen aufzudecken.

Katharina Peters untersucht am Beispiel der medialen Inszenierung von ›Sinti und Roma‹ im deutschen Fernsehen, wie Rassismen adaptiert und verbreitet werden. Die mit dem Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien ausgezeichnete Analyse entlarvt die als Realitäten ausgegebenen Bilder in ihrer Konstruiertheit und schafft so Raum für andere Wirklichkeitsentwürfe, die ein vielfältigeres Bild zulassen und Stereotype negieren. Der diskurs- und medienwissenschaftliche Ansatz leistet einen Beitrag, Erscheinungsformen des Rassismus in Zeiten eines weltweit erstarkenden Nationalismus am Beispiel von Antiziganismus im deutschen Fernsehen detailliert zu beschreiben. Mit dem Ziel, die Sensibilität für eine diskriminierungsfreie mediale Darstellung zu schärfen und das Bewusstsein für die Realität Deutschlands als eine Einwanderungsgesellschaft zu stärken.

Stand: 17.02.2021

Quelle: Unrast Verlag

Interview zur Verfolgung und Diskriminierung Duisburger Sinti

Das Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg veröffentlicht aus aktuellem Anlass auf youtube ein Interview zur Verfolgung und Diskriminierung Duisburger Sinti.

Interview mit Mario Reinhardt. Duisburger Sinto und Enkel des Auschwitzüberlebenden Franz Lehmann. Der Völkermord an den europäischen Sinti und Roma gilt als der vergessene Holocaust. Der Duisburger Sinto Franz Lehmann (1922–1992) überlebte den Völkermord. Sein Enkel, Mario Reinhardt, berichtet in diesem Video über die Verfolgung der Familie Lehmann, das Leben in der Nachkriegszeit und die Gegenwart rassistischer Diskriminierung. Das Interview wurde 2020 im Rahmen der Wanderausstellung „Rassendiagnose Z*: Der Völkermord an den Sinti und Roma und der lange Kampf um Anerkennung“ gezeigt. Das Zentrum für Erinnerungskultur präsentierte die Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma im Kultur- und Stadthistorischen Museum.

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„Das hier ist unsere Heimat“

In zwei Freiburger Stadtteilen leben etwa 300 Sinti – Haus an Haus, fast in einer Welt für sich. Die Gemeinschaft ist ihnen wichtig. Doch einige Häuser sollen abgerissen werden – das löst Ängste aus.

Von Jenni Rieger, SWR

Es riecht nach Lagerfeuer. Aus den Schornsteinen der einfachen Häuser im Ahornweg steigt Rauch. Er verteilt sich in der kalten Herbstluft. Vor den Eingängen lagern Holzscheite und Briketts, hoch gestapelt an den Außenwänden. Denn innen gibt es keine Zentralheizung.

„Wir haben uns daran gewöhnt“, sagt Sonja Lais, während sie ein Brikett in den Kachelofen des kleinen Wohnzimmers schiebt. „Der Ofen ist alt, die Fenster total marode, da zieht es durch. Aber trotzdem wollen wir um nichts in der Welt hier weg.“

Häuser als Wiedergutmachung

Hier, das ist der Ahornweg im Freiburger Stadtteil Lindenwäldle. Ein Dutzend Häuser etwa, vorne ein Hof, hinten ein kleiner Garten. „Nichts Besonderes vielleicht. Aber das hier ist unsere Heimat und wir wollen uns nicht vertreiben lassen“, sagt Sonja Lais. Sie ist eine Sintezza, eine Sinti-Frau. Und eine von etwa 300 Sinti, die im Ahornweg und im benachbarten Auggenerweg wohnen. In Häusern, die die Stadt Freiburg ihnen in den 1970er-Jahren zur Verfügung gestellt hat. „Als Wiedergutmachung für die Verbrechen der Naziherrschaft und mit einem Wohnrecht auf Lebenszeit“, erklärt Lais. Sie zeigt auf drei Porträtfotos: „Meine Großmutter, meine Mutter und jetzt ich.“

Zwei Generationen haben vor Lais in dieser kleinen Wohnung gewohnt. In den Nachbarhäusern leben acht ihrer Geschwister, ihre Kinder und die fünf Enkelinnen direkt nebenan. „Wir Sinti müssen zusammenbleiben, wir müssen aufeinander aufpassen.“ Das sei einfach ein Teil ihrer Kultur – und auch eine Strategie, sich zu wehren, gegen Bedrohungen von außen.

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Sündenböcke der Pandemie: Bulgarien desinfizierte Roma mit Flugzeugen

Die Minderheit der Roma gilt in Bulgarien wie in fast jedem Land als strukturell benachteiligt. Die Corona-Krise befeuert rassistische Vorurteile gegen die Minderheit. Als Sündenböcke gebrandmarkt, werden Roma aus Flugzeugen mit Desinfektionsmittel besprüht.
 
Quelle + Video: n-tv.de
Stand: 02.11.2020

Some European officials use virus as a cover to target Roma

In Bulgaria, Roma communities were sprayed with disinfectant from crop dusters this spring as coronavirus cases surged in the country. In Slovakia, their villages were the only ones where the army conducted testing. And across Central and Eastern Europe, reports of police using excessive force against Roma spiked as officers were deployed to enforce lockdowns in their towns.

Human rights activists and experts say local officials in several countries with significant Roma populations have used the pandemic to unlawfully target the minority group, which is Europe’s largest and has faced centuries of severe discrimination. With COVID-19 cases now resurging across the continent, some experts fear the repression will return, too.

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Stigmatisierende Sondermaßnahmen gegen Roma: Der kollektive Virus-Verdacht

Viele Roma sind wegen ihrer ärmlichen Lebens- und Wohnbedingungen in der Coronakrise besonders gefährdet. Doch statt staatlicher Hilfe erleben sie derzeit eine doppelte Diskriminierung.

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EU Kommission legt neue europäische Strategie zur gleichberechtigten Teilhabe von Sinti und Roma vor

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma begrüßt das Engagement gegen Antiziganismus

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma begrüßt den heute von der Europäischen Kommission vorgelegten ‚Strategischen EU-Rahmen für die Gleichberechtigung, Inklusion und Partizipation von Sinti und Roma für 2020 bis 2030‘. Continue reading EU Kommission legt neue europäische Strategie zur gleichberechtigten Teilhabe von Sinti und Roma vor

Ulmer Gericht benennt Antiziganismus als Tatmotiv für Brandanschlag

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, erklärt zum heutigen Urteil des Landgerichts Ulm im Verfahren wegen versuchten Mordes gegen fünf junge Männer, die im Mai 2019 in Dellmensingen (Alb-Donau-Kreis) einen Brandanschlag auf eine Roma-Familie verübt haben:

„Das Gericht benennt in der Urteilsverkündung Rassismus und Antiziganismus als Tatmotiv. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Prozess ein deutliches Signal, dass der Rechtsstaat die Bedrohung des gewaltbereiten Antiziganismus ernst nimmt und jede Form von Hasskriminalität konsequent verfolgt. Die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats wird in diesem Gerichtsprozess deutlich.“

Vor dem Hintergrund zahlreicher rechtsextremer Anschläge im letzten Jahr macht Romani Rose deutlich:
„Wir dürfen diese Gewalt des Rechtsextremismus nicht weiter verharmlosen. Die Anschläge von Halle, Hanau und München, wie auch die Morde des NSU sind Beispiele genug, die uns die Gefahren durch rechten Terrorismus vor Augen führen. Deshalb ist der Widerspruch unserer Gesellschaft unerlässlich, um Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus zu ächten. Sicherheitsbehörden und Justiz tragen aus Sicht des Zentralrats für den Zusammenhalt der Gesellschaft und für das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat eine große Verantwortung.“

Bereits die Anklage durch die Staatsanwaltschaft und das heutige Gerichtsurteil machen deutlich, dass dieser Mordanschlag mit dem Tod einer jungen Mutter und ihres Kleinkindes hätte enden können. Der Zentralrat begrüßt, dass das Gericht darüber hinaus die Tat der vollendeten Nötigung in 45 Fällen festgestellt hat. Denn alle Menschen auf dem Campingplatz sind Opfer des Anschlags geworden. Sie sind in Panik und in Sorge um ihr Leben geflohen.

Ebenso wichtig war es, dass bereits mit Beginn der polizeilichen Ermittlungen die antiziganistische Tatmotivation der Angeklagten und deren rassistisches und neonazistisches Weltbild klar benannt wurden. Das Landgericht Ulm hat bereits während der Beweisaufnahme diesem Aspekt breiten Raum eingeräumt und die antiziganistische Stimmung in der Dorfgemeinschaft mit in die Ermittlungen einbezogen.

Quelle: Zentralrat deutscher Sinti und Roma

Stand: 06.10.2020

Brandanschlag auf Roma: Urteil nächste Woche erwartet

Im Verfahren um den Brandanschlag auf den Wohnwagen einer Roma-Familie am Landgericht Ulm soll am kommenden Mittwoch das Urteil fallen. Plädoyers und Beweisaufnahme seien abgeschlossen, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Angeklagt sind fünf junge Männer wegen versuchten Mordes und Brandstiftung. Aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme hatte das Gericht bereits während des laufenden Verfahrens die Haftbefehle gegen vier der Angeklagten aufgehoben und darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung nur wegen gemeinschaftlich begangener Nötigung möglich sei. Ein rassistisches Motiv wird nicht ausgeschlossen.

Die Deutschen im Alter zwischen 18 und 20 Jahren sollen laut Anklage am 24. Mai 2019 eine Fackel aus einem fahrenden Auto auf den Wohnwagen der Roma-Familie geworfen haben, der auf einer Wiese in Erbach (Alb-Donau-Kreis) stand. In dem Fahrzeug, das nur knapp verfehlt wurde, war eine schlafende Frau mit ihrem neun Monate alten Sohn.

Die Männer hatten zum Prozessbeginn die Tat unter Vorbehalt gestanden und sich entschuldigt. Sie hätten nie jemanden verletzen wollen. Die Verteidigung forderte laut Gerichtssprecher am Mittwoch für vier ihrer fünf Mandanten eine mögliche Verurteilung nach Jugendstrafrecht aufzuschieben. Damit wären sie mindestens ein Jahr, höchstens zwei Jahre auf Bewährung. Derzeit könne nicht sicher beurteilt werden, ob bei den Angeklagten schädliche Neigungen vorhanden seien. Bei einer weiteren Straftat in dieser Zeit würden sie auch für den Fackelwurf zu einer Jugendstrafe verurteilt werden. Für den fünften Angeklagten, der von Anfang an Angaben zu der Tat machte und sich auch nicht in Untersuchungshaft befand, forderte die Verteidigung nicht mehr als eine Verwarnung oder Auflagen.

Die Nebenklage hatte sich bei allen Angeklagten für Jugendstrafe ausgesprochen und war laut dem Sprecher der Ansicht, diese könne nur bei einem zur Bewährung ausgesetzt werden. Ob die Nebenklage von einem versuchten Mord oder lediglich einer Nötigung ausging, ließ sie demnach offen. Die Staatsanwaltschaft hatte letzte Woche bei ihrem Plädoyer Haftstrafen zwischen vier Jahren und zwei Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Mordes gefordert sowie eine Bewährungsstrafe.

Quelle: Stimme.de

Stand: 06.10.2020