Ulmer Prozess um Fackelwurf auf Romafamilie: Angeklagte gestehen

Im Prozess um den Brandanschlag auf eine Romafamilie vor knapp einem Jahr in Erbach (Alb-Donau-Kreis) haben alle fünf Angeklagten vor dem Landgericht Ulm die Tat gestanden und sich entschuldigt.

Die jungen Männer haben zum Prozessauftakt eingeräumt, dass sie im Mai 2019 in Erbach-Dellmensingen (Alb-Donau-Kreis) aus dem Auto heraus eine Fackel auf den Wohnwagen der Romafamilie geworfen haben. Die Familie aus Frankreich campierte dort seit zwei Wochen. Im Wohnwagen schliefen zum Zeitpunkt des Angriffs eine Frau und ihr neun Monate altes Baby. Die Fackel blieb etwa zwei Meter vom Wohnwagen entfernt liegen, ein Familienmitglied zog sie weg. Mutter und Kind blieben unverletzt.

 

Prozess um Brandanschlag auf Romafamilie: Angeklagte gestehen
Prozess um Brandanschlag auf Romafamilie: Angeklagte gestehen 3 Min

„Ich schäme mich zutiefst für diese Aktion“, sagte einer der Angeklagten am Montagvormittag. Er und seine Freunde hätten nie vorgehabt, jemanden zu verletzen. Deshalb habe er die brennende Fackel auch nicht auf den Wohnwagen, sondern gezielt daneben geworfen. „Wir waren dumm und haben nicht an die Konsequenzen gedacht“, sagte ein Mitangeklagter. Sie hätten der Familie nur Angst machen wollen. Die Verdächtigen, die zur Tatzeit 17 Jahre bis 20 Jahre alt waren, waren im vergangenen Juli festgenommen worden.

Anklage spricht von fremdenfeindlicher Tat

Den Männern wird versuchter Mord und versuchte schwere Brandstiftung vorgeworfen. Sie hätten in Kauf genommen, dass Menschen in dem Wohnwagen getötet werden.

Die Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des möglicherweise rechtsextremen Hintergrundes übernommen. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Angeklagten die Tat aus fremdenfeindlichen und gegen Roma gerichteten Motiven begangen haben. Derzeit sind 20 Sitzungstage bis Ende September vorgesehen. Ein Teil der attackierten Familie tritt als Nebenkläger auf.

In Ulm hat am Montag der Prozess um einen Fackelwurf auf den Wohnwagen einer Roma-Familie begonnen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Stefan Puchner/dpa)
Vertreter der Sinti und Roma und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg haben vor Beginn der Verhandlung Stellung bezogen.

Verhandlung im Kornhaus

Der Prozess findet wegen der coronabedingten Abstandsregeln nicht im Gebäude des Landgerichts, sondern im Kornhaus in Ulm statt. Vor dem Gebäude protestierten Aktivisten gegen Rassismus. „Der zunehmende Antiziganismus in Deutschland und in Europa bereitet uns sehr große Sorgen“, teilte der Vorsitzende des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma, Daniel Strauß, vor der Verhandlung mit.

Quelle: swr.de

Stand: 16.05.2020