Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt: „Brigade Halle“ unter Beobachtung

Seit einem Jahr hetzt eine rechtsextreme Gruppierung in der Silberhöhe gegen Roma und Flüchtlinge. Der Verfassungsschutz ist alarmiert.

Die rechtsextreme Vereinigung Brigade Halle steht unter Beobachtung das Verfassungsschutzes Sachsen-Anhalt. Das geht aus dem nun veröffentlichten Vorjahresbericht des Geheimdienstes hervor. In dem Dossier wird die Gruppierung als tonangebender Akteur beschrieben, der im Stadtteil Silberhöhe „Angst vor Ausländern“ schüre – die Agitation richte sich vor allem gegen Asylsuchende und zugezogene Roma-Familien.

In den Augen des Verfassungsschutzes zählt die Stadt Halle zwar nicht zu den landesweiten Zentren rechtsextremer Gewalt – das sind laut dem Bericht Dessau-Roßlau, der Saalekreis und der Landkreis Wittenberg – doch der Brigade gilt dennoch ein besonderes Augenmerk. Denn, so heißt es in dem Dossier, „die Kampagnen speziell gegen rumänische EU-Flüchtlinge der Volksgruppe der Roma“ sprechen „auch in Teilen das bürgerliche Spektrum an“. Die Verfassungsschützer konstatieren der rechtsextremen Brigade eine Entwicklung vom Internet- zum Straßenphänomen. Nachdem die Mitglieder im vergangenen Sommer zunächst durch Propaganda im Internet aufgefallen seien, hätten sie auf der Hooligans-gegen-Salafisten-Demonstration in Hannover im Herbst den ersten Auftritt auf der Straße gehabt. Die Verfassungsschützer registrierten bei der Großdemonstration 25 Personen, die T-Shirts mit der Aufschrift „Brigade Halle“ trugen.

„Die Organisationsform entspricht der einer klassischen neonazistischen Kameradschaft“

Im Dezember trat die Brigade als Veranstalter einer eigenen Demo auf, diese wurde kurzfristig abgesagt. Dennoch wurden die Verfassungsschützer an diesem Tag aktiv: Vom Dach eines Wohnhauses hing ein Plakat mit der Aufschrift „Heute ist nicht alle Tage – wir kommen wieder keine Frage“. Das Zitat aus der Fernsehserie „Der rosarote Panther“ wird im Verfassungsschutzbericht als klarer Bezug zum rechtsterroristischen NSU gewertet. Deren Bekennervideos enthielten ebenfalls Zitate aus der Serie.

Kenner der rechtsextremen Szene in Sachsen-Anhalt zählen rund 30 Personen zum Kern der Brigade. „Die Organisationsform entspricht der einer klassischen neonazistischen Kameradschaft“, sagt Torsten Hahnel von der halleschen Arbeitsstelle Rechtsextremismus beim Verein „Miteinander“. „Dabei ist die lose Vernetzung zu Parteikadern ein wichtiges Merkmal: Im Umfeld der Brigade spielt das hallesche NPD-Mitglied Rolf Brückner eine zentrale Rolle für Propaganda und Veranstaltungs-Organisation.“

Parallel zum Anschwellen der Internet-Propaganda verzeichnet die Mobile Opferberatung ein ansteigendes Gewaltpotenzial: „Seit Januar wurden bereits 16 rechtsmotivierte Straftaten in Halle registriert, davon 14 in der Silberhöhe“, sagt Hahnel. „Die große Mehrzahl der Taten richtet sich gegen Roma. Aus unserer Sicht ist die Situation in den vergangen Monaten eskaliert.“ Im gesamten Vorjahr zählte die Opferberatung 17 rechtsmotivierte Straftaten. Gegen eine Reihe von Brigade-Mitgliedern wurde bereits wegen Staatsschutzdelikten ermittelt, so die Polizei.

Hahnel beschreibt die Agitation der Brigade als Vertreibungsstrategie: „Die Mitglieder haben die Silberhöhe als ihr Revier auserkoren. Der klassische Kampf um die Straße, wie er von der NPD in den 2000er-Jahren ausgerufen wurde, ist ihr Handlungsmuster.“ Es gehe um Präsenz und Bedrohung. „Die richtige Gegenstrategie ist, das fremdenfeindliche Selbstbild der Brigade zu brechen. Die Bewohner müssen sich im Alltag den Neonazis entgegenstellen“, sagt Hahnel.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung
Stand: 06.06.2015