Angehörige ermordet: Roma-Familie muss trotzdem zurück nach Serbien

Das Urteil ist rechtskräftig. Sobald die Reisefähigkeit des Ehepaars Arsic aus Serbien bescheinigt ist, müssen sie mit der Abschiebung in ihre Heimat rechnen. Dort, wo ihre Angehörigen getötet worden sind.

Das Urteil ist rechtskräftig. Sobald die Reisefähigkeit des Ehepaars Arsic aus Serbien bescheinigt ist, müssen sie mit der Abschiebung in ihre Heimat rechnen. Das Roma-Paar war im Mai 2014 nach Deutschland geflüchtet. Teile der Familie waren in Serbien von Rechtsextremen ermordet worden (TLZ berichtete). Dennoch gilt Serbien seit September 2014 als sicheres Herkunftsland – auch für Roma. Gegen die Ablehnung des Asylantrages vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte Familie Arsic Klage erhoben. Jetzt kam der Fall vor das Verwaltungsgericht in Gera. „Die Klage wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt“, sagt Bernd Amelung vom Verwaltungsgericht Gera. Den „diversen Begehren der Familie Arsic“ sei der Richter nicht nachgekommen. Cedar Arsic hatte versucht, den Gerichtstermin noch einmal zu vertagen, um einen Rechtsanwalt aus Aachen hinzuzuziehen. „Diesem Antrag muss das Gericht nicht nachgeben“, so Amelung. „Außerdem handelte es sich bei Familie Arsic bereits um einen Folgeantrag. Grundsätzlich kann man nach Ablehnung des ersten Asylantrags einen Folgeantrag stellen“, erklärt Amelung dazu. In den meisten Fällen setzt sich das Bundesamt jedoch nicht mit der Begründung des Antrags auseinander, sondern entscheidet häufig, dass sich die „Sach- und Rechtslage“ im Vergleich zum ersten Verfahren nicht geändert hat und deshalb auch keine neue Prüfung stattfinden muss.

Im Sammelflieger zurück in die Heimat

Im Falle Arsic hat man einer erneuten Prüfung stattgegeben. Die Flüchtlingsorganisation „The Voice Refugee Forum Germany“ hat sich mit dem Fall auseinandergesetzt: „Gemessen am Leidensweg der Familie Arsic im Herkunftsland Serbien ist es absolut unverständlich, warum all diese verpflichtenden Rechtsnormen nicht bereits bei der Bearbeitung des Erstantrages berücksichtigt worden sind: zwei Mordopfer in der Familie, eine versuchte Vergewaltigung am Arbeitsplatz der Frau und daraus resultierend der Verlust ihrer Arbeit, da ihre Vorgesetzter keinen Ärger haben wollte, anschließende Bedrohung der Familie an Leib und Leben durch die Täter wegen der Anzeige bei der Polizei“, schreibt Thomas Ndindah vom „The Voice Refugee Forum Germany“. Außerdem verlor Cedar Arsic seine Stelle als Leiter einer Schule in Belgrad, da er politisches und soziales Engagement für die eigene Minderheit zeigte. All das, erklärt Martin M. Arnold vom Flüchtlingsrat Erfurt, seien jedoch keine Gründe, die einen Asylantrag halten könnten. „Seit Serbien als sicheres Herkunftsland gilt, werden solche Fälle als tragische Einzelfälle betrachtet. Es wird keine systematische politische Verfolgung der Minderheit in Serbien erkannt. Man geht davon aus, dass eine grundsätzlich gesicherte Struktur existiert. Dass Kündigungen und rechtsextreme Übergriffe in Serbien durchaus System haben, wird ignoriert.“ Nur aus ganz speziellen humanitären Gründen gebe es für Roma die Chance auf eine positive Beantwortung des Asylantrages. Solch ein Grund sei beispielsweise eine schwere Erkrankung. Nach dem abgelehnten Folgeantrag hätte Familie Arsic noch die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde einzulegen, erklärt Amelung vom Verwaltungsgericht Gera. Damit jedoch sei nicht zu rechnen. Die zuständige Ausländerbehörde in Breitenworbis werde nun die Abschiebung einleiten, sagt Martin M. Arnold. Eine spezielle Gruppe bei der Polizei leistet Amtshilfe, wenn es um die Durchsetzung von Abschiebungen gehe. „Bei Flüchtlingen aus den Balkanstaaten kommt es auch oft zu Massenabschiebungen. Die Flüchtlinge werden dann zunächst in Abschiebezentren gesammelt und inhaftiert. In Thüringen selbst gibt es kein Abschiebezentrum, deshalb lässt Thüringen in anderen Bundesländern inhaftieren. Dann starten Sammelflieger von Frankfurt, die mehrere hundert Menschen in ihre Heimat bringen. Dort drohen ihnen häufig Sanktionen des Heimatstaates.“ Wann genau Familie Arsic abgeschoben wird, ist noch nicht klar. Dass sie in Serbien vermutlich kaum eine Arbeit finden und Angst vor ihren rechtsextremen Verfolgern haben müssen, scheint dagegen sicher.

Quelle: Ostthüringer Zeitung
Stand: 21.05.2015