Rassismus und Antiziganismus aus der „Mitte der Gesellschaft“

In Duisburg wird bereits seit 2008 (mit eingen Unterbrechungen) verstarkt uber die Zuwanderung aus Südosteuropa diskutiert. Dabei vermischt sich der übliche Rassismus mit antiziganistischen
Ressentiments, da die zugewanderten Menschen als (Sinti und) Roma stigmatisiert werden.
Rassismus und Antiziganismus wird hier nicht nur von Neonazis verinnerlicht und verbreitet. Deshalb dokumentieren wir hier auszugsweise Ausfälle bürgerlicher Rassist_innen.

Märchen von Hochfelds “Untergang”

Bereits 2011 hatten Immobilien-Eigentumer_innen von „Zukunftsstadtteil e.V.“ mit einem offenen Brief, mit dem sie “insbesondere gegen den Zuzug von Bulgaren protestieren” wollten, Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Brief war voller falscher Schuldzuweisungen für den angeblichen Verfall des Stadtteils und nahrte damit den Alltagsrassismus. 2012 setzte der Vorsitzende des Vereins, Michael Willhardt, noch eins drauf und kundigte mit den Worten “Hochfeld ist nicht zu retten”, analog zu Oswald Spenglers Märchen vom Untergang des Abendlandes, den Untergang Hochfelds aufgrund der Zuwanderung an.

Geschichtsvergessene “Deportationswünsche” in Bergheim

Im Herbst 2012 erreichte der Diskurs um Zuwanderung aus Südosteuropa – mit der Forderung nach einer „Umsiedlung“ in Duisburg-Bergheim ansassiger Zuwander_innen – einen neuen antiziganistischen Höhepunkt. Konkret geht es dabei um eine Ende August von Hans-Wilhelm Halle, Helga Halle, Theresa Stappert und Daniela Remmen gestartete Unterschriftensammlung voller kulturrassistischer und wohlstandschauvinistischer Begrundungen fur die Forderung. Etwa 300 Menschen aus dem Viertel unterschrieben dieses Papier. Doch damit hatten die Rassist_innen nicht genug: Anfang Oktober verteilten einige von ihnen Flugblatter vor dem Rathaus mit der Überschrift „Raus mit den Zigeunern“. Unterstutzung erfahren sie von der Kleinstpartei “Bürgerliche Liberale”, welche auf der Webseite ihrer Zeitung die Unterschriftensammlung hostet und fur weitere rassistische Aussagen der Anwohner_innen eine Plattform bietet, sowie in ihren Artikeln selbst eine Ethnisierung sozialer Probleme betreibt, in dem z.B. Fotos von Müll die Bildunterschrift “Müllentsorgung auf bulgarisch!” erhalten.

Vor diesem Hintergrund klingt die Berichterstattung der WAZ/NRZ, welche auf in Bergheim aufgetauchte NPD-Aufkleber und eine Hakenkreuzschmiererei anspielt, ziemlich realitätsfern: „Wenn jetzt die rechte Szene mitmische, bestehe die Gefahr, dass all jene, die dortige Missstände anprangern, in die rechte Ecke gestellt werden.“ Denn die Unterschriftensammler_innen haben sich durch die rassistischen Aussagen in ihrem Brief, sowie die darauf folgende Hetze gegen die zugewanderten Menschen ganz alleine in die rechte Ecke gestellt. Da einige der Anwohner_innen ihre neuen Nachbar_innen anscheinend um jeden Preis weghaben wollen (wie Hans-Wilhelm Halle in einem Interview bestätigte: „Wir wollen ja auch nicht mit denen sprechen. Wir wollen die weg haben.“), käme ihnen ein brandschatzender Mob aus der rechten Szene nur entgegen.

Anschlussfähigkeit der extremen Rechten

Die rassistische und antiziganistische Hetze bietet ein gefundenes Fressen fur die extreme Rechte: Bereits 2011 hatte der Duisburger KV von „Pro NRW“ Flugblatter in Hochfeld verteilt, die sich explizit auf o.g. Proteste ansässiger Burger_innen gegen die Zuwanderung bezogen. 2012 hat sich die Reaktion der extremen Rechten zwar aufgrund von Mangel an örtlichen Strukturen verzögert, ist deswegen aber keineswegs zu verharmlosen. Von „Pro NRW“ wurde im Herbst 2012 Propaganda in Bergheim verteilt. Auch die NPD, welche zum damaligen Zeitpunkt noch nicht als Kreisverband in Duisburg existent war, verteilte in den Herbst- und Wintermonaten 2012 Aufkleber und Flugblätter in Bergheim. Im Laufe ihres Reaktivierungsprozesses gab die NPD an sich dem Thema der Zuwanderung nach Bergheim anzunehmen. Ohne den von den Bergheimer Anwohner_innen verbreiteten Rassismus ware es wohl nicht so schnell zu einer Reaktivierung des Duisburger Kreisverbandes der NPD gekommen.

QUELLE: Extreme Rechte in Duisburg 2012