LESETIPP: Artikel „Zur antiziganistischen Dimension des Pogroms“

Dieses Jahr jährt sich das rassistische Pogrom in Rostock-Lichtenhagen zum 20. Mal. Dazu rufen Antifa- und Antira-Kreise am 25. August zu einer großen Gedenk-Demonstration in Rostock auf. Bei dem, durchaus auch selbstkritischen, Rückblick fiel leider immer wieder die antiziganistische
Dimension des Pogroms unter den Tisch. Genau diesem Aspekt widmet sich ein sehr lesenswerter Artikel im aktuellen Antifa-Infoblatt Nr. 95 – 2.2012 (Seite 16-19). Der Artikel fällt zunächst durch seine differenzierte Antiziganismus-Definition auf:
„Der Antiziganismus kann nicht nur als eine Form des Rassismus verstanden werden: Es sind Zuschreibungen vor allem gegenüber Sinti und Roma, wie beispielsweise eine natürliche Veranlagung zur Kriminalität, Primitivität, Kulturlosigkeit, Nicht-Sesshaftigkeit sowie Faulheit bzw. Müßiggang, die ihn ideologisch in die Nähe des Rassismus rücken, sich aber in der Zuweisung an Sinti und Roma verdichten. Diese Zuschreibung gelten als unveränderliche Wesensarten der so Rassifizierten, treten selten alleine auf und verstärken sich gegenseitig.“ (Seite 17)
Besonders der „Vorwurf der Primitivität“ und die Fehlinterpretation von Armut bzw. Notlage als Lebensart bzw. Natur waren in Rostock zu finden. Roma aus Rumänien erregten durch ihre sichtbare Armut die rassistischen Gemüter. An ihnen arbeitet sich zuerst der rassistische Volkszorn ab. Am Schluss werden auch Vietnames_innen und ihre Kinder Opfer des Rassismus: „Wenn auch zunächst dominierenden Zuschreibungen dem Bereich antiziganistischer Imaginationen zuzuordnen sind, so verschob sich diese Spezifik im Laufe des Pogroms zu einem generellen Rassismus.“ (Seite 19)