Volksfront gegen Sinti und Roma

In Schneeberg (Erzgebirge) ist die Konsequenz des Antiziganismus die Verleihung des Titels „Ort der Vielfalt“. Am 18. November wird eine „entsprechende“ Ehrentafel feierlich an das Rathaus angebracht. Auch die NPD hat angekündigt zu partizipieren.

Eine Groteske erster Güte

Schneeberg, eine deutsche Stadt, machte wieder mal medial auf sich aufmerksam. Grund dafür ist der vorrübergehende Aufenthalt von bis zu 300 Sinti und Roma. Diese sind in der ehemaligen Jägerkaserne der Bundeswehr zwangsuntergebracht. In der Presse ließ der Ortsvorsteher Frieder Stimpel (56, CDU) folgendes klarstellen: „Ein Asylbewerberheim auf dem Gelände ist nicht gerade förderlich, wenn ich dort Gewerbe ansiedeln will.“ Was er wirklich will, ist diese ostzonale Provinzstadt vor einem angeblichen Standortschaden zu bewahren.
Weiter antwortet er auf die Frage, ob er einen Anstieg von Diebstählen im Ort befürchte, mit: „auszuschließen ist das nicht“. Mit diesem Ressentiment, dass Sinti und Roma vornehmlich kriminell seien, zeigt er nicht nur seine alleinige Anschauung. Der Christ-Demokrat sagt das, was der Mob denkt. Und jede/r Rassist/in kann an seinen Aussagen ruhigen Gewissens anknüpfen, erfüllen sie doch den Tatbestand der im § 130 StGB festgehaltenen „Volksverhetzung“. Und somit wird erneut deutlich, wie die „neutrale demokratische Mitte“ beschaffen ist.
Es macht auch keinen Unterschied, ob nun der NPDler Rico Hentschel von „Klassische(m) händische(m) Diebstahl“ schreibt, davon berichtet, dass „dort nun der Klau umhergehen und Frauen beim Einkaufen angekrabscht werden“ oder wenn Stimpel und die Polizei von Diebstählen sprechen.
Die NPD kündigte ihre „Herbst-Offensive“ gegen die temporär zwangseinquartierten Sinti und Roma an. Das ethnische Homogenisierungsprojekt albanischer Nationalist_innen – die Vertreibung der Sinti und Roma – soll hier, nach den Zuständen in Frankreich Kontinuität erfahren. In diesem Zusammenhang soll Anfang Dezember von der Landesdirektion Chemnitz sowie vom Sächsischen Innenministerium im Schneeberger Kulturzentrum „Goldene Sonne“ über die Nutzung der ehemaligen Jägerkaserne als Unterkunft für Asylbewerber_innen informiert werden. Das teilte unter anderem Bürgermeister Stimpel mit. Angeregt wurde dies von NPD-Stadtrat Rico Illert auf der jüngsten Sitzung des Gremiums.
Auch die lokale Presse wirkt dem Antiziganismus nicht gerade entgegen. So war in der Ausgabe der „Freien Presse“ vom 20.10.2010 zu lesen: „Mit ihnen kam die Angst vor Kriminalität nach Schneeberg. Die Befürchtung, die Fremden könnten das Zusammenleben empfindlich stören.“ Weiter bekommt mensch im selben Artikel einen kleinen Einblick in den Schneeberger Heimatschutz. So wird davon berichtet, dass „eine Gruppe Erwachsener mit Kindern“ den Inhalt einer Mülltonne anschaute. Später soll dann Spielzeug von einer Terrasse mitgenommen worden sein. Durch die Bürgerwehr alarmiert, lief Heidi Werner hinterher und stellte die Leute zur Rede. „Erst haben sie getan, als verstehen sie nicht. Dann haben sie sich entschuldigt.“
Grit Rosenberg von der Ausländerbehörde Chemnitz meint: „Es läuft sehr geordnet. Für die Menschen gibt es auch soziale Betreuung.“ Von den tagtäglichen Diskriminierungen der Migrant_innen durch menschenfeindliche Gesetze, Institutionen und dem Schneeberger Alltag ist keine Rede. Auch nicht davon, dass aus den Ländern, aus denen sie geflüchtet sind, offen in der Politik gehetzt wird und sie permanenter Ausgrenzung ausgesetzt sind.

Kommt es nun auch zu Pogromen wie im November 2008 im tschechischem Litvinov als der Nazimob mit Steinen und Molotow Cocktails bewaffnet auf die Straße ging, um das „Zigeunerproblem“ zu lösen? Oder zu Zuständen wie aktuell in Ungarn oder wie im Sommer diesen Jahres in Italien?
Bleibt festzuhalten, dass die Genese dieser regressiven Ideologie, der Antiziganismus, bereits im Supermarkt steht – dort wo die Rede von „Zigeunersauce“ ist. Feurig, fremd und geheimnisvoll: Gängige Ressentiments der Antiziganist_innen.

Schneeberg zum Skihang!

Quelle: Indymedia
Stand: 16.11.2010