Roma in Sachsen: Es brennt in Plauen

In Sachsen brennen hintereinander zwei Häuser, in denen Roma wohnen. Zufall, sagt die Staatsanwaltschaft. Wirklich?

Es sind die letzten Tage des Jahres 2017. Julian Walther und sein Freund sitzen gerade im Auto und fahren zu einer Party, als sie eine Gruppe winkender und schreiender Menschen am Rande der Trockentalstraße in Plauen sehen. Alles ist voll Rauch, das ganze Haus brennt. Walther rennt zum Haus, er spürt die Hitze. Der Brand ist an der Eingangstür ausgebrochen und versperrt den Weg. Männer halten Kinder an den Handgelenken aus dem Fenster, Walther fängt einen kleinen Jungen auf und bringt ihn zu den Rettungskräften, die eben eingetroffen sind. Es ist eine Ausnahmesituation, Walther und sein Freund rennen hin und her. Eines der Kinder überschlägt sich beim Sturz aus dem Fenster, das Gesicht eines anderen ist halb verbrannt. Auf der Straßenseite gegenüber versammeln sich Menschen und johlen – unter ihnen Neonazis, die der Polizei bereits wegen rechtsextremer Straftaten bekannt sind, wie sich später herausstellt. Sie fragen die beiden Jungs, warum sie hier helfen. „Lasst die brennen!“, ruft einer. Und: „Sieg Heil!“ In dem Haus wohnen mehrere Romafamilien aus der Slowakei. 42 Menschen werden aus dem Haus evakuiert. 22 von ihnen sind verletzt, vier davon schwer. Eine Schwerverletzte ist Lucia Dunkova, sie will gerade duschen, als sie ihre Familie schreien hört: Feuer! Lucia zieht sich etwas an und rennt aus dem Haus. Ihre Haare brennen, ihre Hände, ihr Gesicht. Und ihr Kind. Sie kann nichts sehen, als sie draußen steht, ihre Augen sind verklebt, aber sie hört ein dumpfes Geräusch. „Schläge“, sagt sie. Die Gruppe der Neonazis greift einen Feuerwehrmann und einen Polizisten an, um sie von den Rettungsarbeiten abzuhalten. Dunkovas Mutter sieht zwei Männer weglaufen. Sie glaubt, dass das die Täter sind. Wenig später wird ein Mann festgenommen: Jens W., 25 Jahre alt, ein ehemaliger Mieter. Er soll den Brand gelegt haben, weil der Vermieter ihn wegen Mietschulden aus dem Haus geworfen hat. Er kommt in Untersuchungshaft. Die Roma ziehen um. Manche kommen in weiteren Häusern desselben Vermieters unter. Einige ziehen in ein Haus in der benachbarten Dürerstraße. Es sind vor allem Frauen und Kinder aus der Slowakei, die kaum Deutsch sprechen. Continue reading Roma in Sachsen: Es brennt in Plauen