Prozess der Woche: Der Hetzer, der im Fall Elias Sinti und Roma böswillig beschimpfte

Der sechsjährige Elias aus Potsdam war noch nicht lange verschwunden, und viele Menschen bangten um das Schicksal des Jungen aus dem Potsdamer Stadtteil Schlaatz, da begannen im Internet auch schon die Diffamierungen.

Vor allem ein Mann fiel auf: Simon K. Auf der Seite der öffentlichen Facebook-Gruppe „Suche Elias“ soll der Mann aus Potsdam am 11. Juli 2015 – also drei Tage nach dem Verschwinden des Jungen – seine Hetze verbreitet haben. „Dreckige Romas diese Inzest Missgeburten, entführen wohl auch Kinder!“ kommentierte er. Einem Leser fiel der Post auf. Er zeigte Simon K., der den Kommentar unter seinem Klarnamen veröffentlicht hatte, an. Ebenso die Facebook-Nutzer, die den Post geliked hatten.

Am kommenden Mittwoch muss sich Simon K. wegen seiner geschriebenen Worte vor dem Amtsgericht in Potsdam verantworten. „Die Anklage wirft dem Mann Volksverhetzung vor“, sagt ein Sprecher des Amtsgerichts.

Sinti und Roma diffamiert

Der Angeklagte habe mit seinem Post die in Deutschland lebenden Angehörigen der Sinti und Roma böswillig beschimpft und ihnen pauschalisiert Inzest und Kindesentführung unterstellt. Dies, so der Sprecher, sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Schon einmal sollte dem 37-jährigen Simon K. der Prozess gemacht werden. Das war Mitte Oktober des vergangenen Jahres. Doch da hatte sich der Angeklagte krank gemeldet. Für den Prozess ist bisher nur ein Verhandlungstag geplant.

Die Facebook-Gruppe „Suche Elias“ war bereits am Abend des 8. Juli 2015 eingerichtet worden, wenige Stunden, nachdem der Erstklässler verschwunden war. Sie sollte die Suche vieler Potsdamer nach dem Kind koordinieren. Auch ein Großaufgebot der Polizei fahndete nach dem Jungen.

Wie sich später herausstellte, war Elias vom Spielplatz unweit der elterlichen Wohnung von Silvio S. verschleppt, missbraucht und ermordet worden. Ebenso wie der vier Jahre alte Mohamed. Der Junge war am 1. Oktober 2015 vom Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales in Berlin-Moabit entführt worden. Eine Kamera filmte Silvio S., wie er mit Mohamed an der Hand das Gelände des Lageso verließ.

Leiche verscharrt

Mit dem Kind fuhr der Mann nach Niedergörsdorf, wo er im Haus seiner Eltern lebte. Dort missbrauchte er auch den kleinen Mohamed und brachte den Jungen schließlich um. Am 8. Oktober veröffentlichte die Berliner Polizei Bilder von Mohameds Entführer aus der Überwachungskamera.

Die Mutter von Silvio S. erkannte darauf ihren Sohn, sie rief die Polizei. Die Ermittler fanden Mohameds Leiche im Kofferraum des Autos von Silvio S. Der tote Junge liegt in einer Plastikbadewanne, versteckt unter Katzenstreu. Den Fahndern gestand der Mann kurz darauf auch den Mord an Elias. Silvio S. hatte den toten Jungen in einer Kleingartenanlage in Luckenwalde. Dort hatte der Mörder das Kind verscharrt.

Das Landgericht Potsdam verurteilte Silvio S. Ende Juli 2016 wegen Mordes an Elias und Mohamed zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Zudem erkannte es die besondere Schwere der Schuld an. Das bedeutet, dass Silvio S. nicht nach 15 Jahren auf Bewährung aus der Haft entlassen werden kann.

Mörder erneut vor Gericht

Eine Revision des Mörders verwarf der Bundesgerichtshof. Er entschied jedoch im Sommer vorigen Jahres auf Antrag der Staatsanwaltschaft, dass eine andere Kammer des Landgerichts erneut die Gefährlichkeit von Silvio S. prüfen und über eine unbefristete Sicherungsverwahrung entscheiden müsse.

„Bisher gibt es keinen Termin für eine Verhandlung“, sagt Mathias Noll, einer der Verteidiger von Silvio S., der Berliner Zeitung. Er hoffe, dass die neue Kammer den Fall jedoch noch im ersten Quartal dieses Jahres verhandeln werde. Nach seinen Worten gehe es in dem neuen Verfahren um eine „theoretische Sicherungsverwahrung“.

Wenn sein Mandant nach 20 oder 25 Jahren aus der lebenslangen Haft entlassen werden wolle, müsse ein Gutachter feststellen, dass Silvio S. für die Allgemeinheit nicht mehr gefährlich sei. Für die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung sei es aber notwendig, die Gefährlichkeit zu attestieren. „Doch wenn die attestiert wird, dann wird Silvio S. auch nicht aus der Haft entlassen“, erklärt Noll.

Quelle: Berliner Zeitung
Stand: 11.01.2018