Protest in Regensburg: 45 Flüchtlinge bleiben im Dom

Die 45 Flüchtlinge, die im Regensburger Dom Zuflucht gesucht haben, bleiben vorerst in dem Kirchengebäude. Hier haben sie bereits ihre zweite Nacht verbracht. Unter den Flüchtlingen sind auch Kinder. Bislang können sie auf eine „geduldete Präsenz“ bauen.

„An der Situation hat sich nichts verändert. Das Bistum wird die Menschen so lange versorgen, wie es nötig ist“, sagte Bistumssprecher Jakob Schötz. Die Menschen, darunter viele Familien mit Kindern, seien in einem Nebenraum untergebracht. Die Nächte verbringen sie auf Feldbetten. Vom Malteser Hilfsdienst und der Caritas bekommen sie Essen und Getränke. „Wir werden niemanden gewaltsam wegschicken, das haben wir den von Abschiebung betroffenen und gefährdeten Menschen versprochen“, sagte der Generalvikar des Bistums, Michael Fuchs.

Die Gruppe demonstriert seit Dienstag für ein Bleiberecht und gegen die Einstufung einiger Balkan-Staaten als sichere Herkunftsländer. Zudem baten die Demonstranten um Kirchenasyl. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht gewährt worden, betonte Schötz.

„Es handelt sich um eine geduldete Präsenz. Wir entscheiden von Tag zu Tag, wie es weitergeht.“
Bistumssprecher Jakob Schötz

Die liturgischen Feiern und Veranstaltungen im Dom seien durch die geduldete Präsenz dieser Gruppe nicht beeinträchtigt, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der bischöflichen Pressestelle in Regensburg. Für die Menschen, die von der Abschiebung bedroht sind, werde die kirchliche Caritas Asylsozialberater bereitstellen, um den Kontakt mit den Betroffenen herzustellen und gegebenenfalls die Einzelfälle zu sichten.

Landtags-Grüne beziehen Stellung

Die Grünen im bayerischen Landtag hegen Zweifel am System der sicheren Herkunftsländer. Im Hinblick auf die Protestaktion im Regensburger Dom sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin Christine Kamm: Seit der Einstufung Albaniens, Montenegros und des Kosovo als sichere Herkunftsländer seien praktisch alle Asylverfahren negativ beschieden worden, während es zuvor zumindest eine geringe Anerkennungsquote gegeben habe. Kamm äußerte Zweifel, ob mit der notwendigen Sorgfalt geprüft werde. Tatsächlich drohten den Roma in diesen und weiteren Balkanstaaten nachweislich Verfolgung, Rassismus und gesellschaftlicher Ausschluss, so Kamm.

Erste Nacht im Dom verlief ruhig

Erst wenn feststehe, dass sie in Deutschland bleiben dürfen, wollen die Flüchtlinge ihre Aktion beenden, sagte ihr Sprecher. Einige von ihnen hätten zuletzt die Sonderlager für Balkan-Flüchtlinge in Bamberg und Manching verlassen. Die Albaner und Roma verbringen die Nächte in einem Vorraum des Domes. Auch laut Polizei gab es bisher keinerlei Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Aktion und der Übernachtung der Demonstranten im Dom.

Was ist Kirchenasyl?

Pfarreien oder Klöster können Flüchtlinge auf ihrem Pfarr- oder Klostergrund aufnehmen, um sie so vor einer drohenden Abschiebung zu bewahren, heißt es auf der Internetseite des Bistums Regensburg. Kirchenasyl sei kein Handeln gegen den Staat, sondern eine vom Staat geduldete Möglichkeit, bei tragischen Härtefällen Menschen in Schutz zu nehmen. Kirchenasyl dürfe nicht genutzt werden, um die Gesetze auszuhebeln, es gleiche vielmehr die Lücken menschlichen Rechts aus.

Polizei sieht keinen Handlungsbedarf

Auf Transparenten fordern die Asylsuchenden ein Bleiberecht für sich: „Alle Roma bleiben hier“ oder „Wir sind nicht zu stoppen“. Bosnien, Serbien, Mazedonien, Albanien und Montenegro dürften laut den Demonstranten nicht länger als sichere Herkunftsländer gelten. „Wir werden in der Heimat diskriminiert, unsere Kinder können nicht zur Schule gehen und schwerkranke Menschen können sich nicht behandeln lassen“, sagte ein Sprecher der Demonstranten, der aus dem Kosovo kommt. Im Dom hielten sich mehr Kinder als Erwachsene auf sowie auch zwei Krebspatienten, die dringend medizinische Hilfe bräuchten. Doch allen drohe die Abschiebung. „Wir haben den Dom besetzt, um unseren Kindern eine gute Zukunft zu bauen“, sagte der Sprecher.

Die Polizei sieht keinen Handlungsbedarf, gegen die aus Albanien, Serbien und dem Kosovo stammenden Demonstranten einzuschreiten. Ein Einsatz sei derzeit vom Domkapitel als Hausherr nicht erwünscht, bestätigte ein Polizeisprecher. „Wir warten ab, wie es weiter geht“, ergänzte er. Vor dem Dom seien aber Beamte, um die Lage zu beobachten.

Vergleichbarer Fall in Hamburg

Im September hatten Demonstranten die Michaelis-Kirche, den Hamburger Michel, besetzt. Organisiert wurde der Protest, wie jetzt in Regensburg, von der Gruppe Romano Jekipe Ano. Damals blieben die Demonstranten vier Wochen auf dem Kirchengelände und wurden dann in Gemeindewohnungen untergebracht. Erst Ende Juni hat sich die Situation dort endgültig geklärt. Mit dem Ergebnis: Fünf Familien dürfen vorübergehend in Deutschland bleiben, zwei sind in ihre Heimatländer zurückgekehrt.

Quelle: Bayrischer Rundfunk
Stand: 07.07.2016