Roma-Diskriminierung in der Deutscher Botschaft in Kosova und auf kosovarischen Ämtern

Mauern für Roma in Kosova

Jedes Jahr werden ca. 500 Menschen nach Kosova abgeschoben, fast alle sind Roma bzw. Ashkali.
Ergin Alija ist ein Rom, der zusammen mit seiner Familie nach dem Kosovokrieg aus Prishtinë nach Deutschland geflüchtet ist. Im Jahr 2010 wurde er im Alter von 18 Jahren nach Kosova abgeschoben und hinterließ in Deutschland seine restliche Familie, u.a. die schwerkranke Mutter von ihm. Sie ist auf Grund eines Arbeitsunfalls, welchen sie in Deutschland erlitt, querschnittsgelähmt und dauerhaft auf ihre familiäre Lebenshilfe in der Erledigung ihrer täglichen Aufgaben und Angelegenheiten, wie auch im pflegerischen Bereich angewiesen, die sich nur in Deutschland erbringen lässt. Die besondere Betreuungsbedürftigkeit stellt auch den humanitären Grund für ihre Aufenthaltserlaubnis dar, weil im Herkunftsstaat die notwendige klinische Versorgung in prekären Verhältnissen nicht gewährleistet ist. Da sie somit vom alltäglichen Gesellschaftsleben ausgeschlossen ist und zu jeder Tageszeit betreut werden muss, ist eine Pflege ihres Sohnes Ergin notwendig geworden. Insbesondere hat die jahrelange Trennung von ihrem Sohn zu starken Depressionen bei ihr geführt. Da sie aufgrund der Fesselung an den Rollstuhl ihren Sohn nicht in Kosova besuchen kann, ist lediglich ein Besuch von Ergin Alija in Deutschland möglich, was ihm aber über Jahre durch die Einreisesperre (welche inzwischen abgelaufen ist) verwehrt wurde. Aus diesem Grund hat sich der Verein Verantwortung für Flüchtlinge e.V. dazu entschlossen, Ergin Alija und seiner Frau Ardita Alija dabei zu helfen, ein Visum zum Familiennachzug in Härtefällen im Konsulat der deutschen Botschaft in Prishtinë zu beantragen. Leider ist eine Terminvereinbarung bei der Deutschen Botschaft in Pristinë zur Visabeschaffung nur online möglich. Bereits im September waren angeblich alle Termine im Jahr 2014 ausgebucht. Die nächste freie Zeit hätte man erst am 6. Januar 2015. Aus diesem Grund haben Mitglieder des oben genannten Vereins damals tagelang versucht, die Konsularabteilung telefonisch zu ihren Sprechzeiten (offiziell Mo – Do von 15:00 bis 16:45 Uhr) zu erreichen. Nachdem stets um 15 Uhr es auch klingelte, aber niemand an den Hörer gegangen ist, war ab einer Minute später die ganze Zeit bis 16:45 Uhr das Telefon besetzt. Jeden Tag. Unter der Nummer +38138254577 kann man laut Website der Deutschen Botschaft in Kosova Fragen zur Visaerteilung stellen. Der Vorsitzende des Vereins, Ricky Burzlaff, hat es dann mit geänderten Nummern versucht (letzte Ziffer 6 bzw. 8 statt 7), wo aber stets die gleiche Dame der Botschaft an das Telefon ging und sagte, dass es nicht möglich wäre, Aussagen zum Visum zu treffen oder gar ihn mit jemanden in dieser Angelegenheit kompetenten Person zu verbinden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit versuchte das Konsulat bereits seit Wochen Visaanträge jeglicher Art abzublocken und vergibt dahingehend auch keine Termine mehr. Schließlich gelang es dem Verein nach einer kritischen Veröffentlichung dieses Missstandes in der kosovarischen Internetzeitung www.kosova-aktuell.de dennoch, über einen E-Mail-Vekehr mit dem Chef der Visastelle, Herrn Frank Radtke, einen Termin im Konsulat am 4. November 2014 um 11 Uhr zu bekommen.

Für die Beschaffung eines Visums sind viele Dokumente auf verschiedenen Behörden einzuholen. Am 31. Oktober heiraten Ergin und die schwangere Ardita Alija auf dem Standesamt in der Kommunalverwaltung der Stadt Fushë Kosovë. Nachdem 14:10 Uhr die Prozedur vorbei war, wollte das frisch gebackene Ehepaar zusammen mit Herrn Burzlaff die auf dieser Behörde zu beantragenden Dokumente (neben Heiratsurkunde auch Geburtsurkunde und Familienzertifikat) mitnehmen. Man bat die drei Personen jedoch, wieder hinten in der Schlange auf der Behörde anzustellen. Um 14:40 Uhr waren sie dann wieder dran, jedoch verweigerte man die Erteilung der restlichen Dokumente mit dem Hinweis, dass die Behörde geschlossen sei, obwohl an der Tür klar die Öffnungszeit bis 15 Uhr angezeigt wurde. In der darauf folgenden Diskussion zeigten einige Mitarbeiter wie bereits in der Vergangenheit eine besondere Aggressivität gegenüber Roma auf. Dies wurde daran deutlich, dass dieses Verhalten nur dem Roma-Ehepaar entgegengebracht wurde und nicht den anderen anwesenden Personen auf der Behörde. Am Montagmorgen haben die drei die erforderlichen Dokumente mit viel Druck und gegen hohe Gebühren endlich bekommen, um sie in Prishtinë im Innenministerium überbeglaubigen lassen zu können. Nachdem die Mitarbeiterin am Schalter gesehen hat, dass es sich um Roma handelt, wurden Ergin und Ardita Alija sofort weggeschickt mit dem Verweis, erst am nächsten Tag wiederzukommen. Nach einer deutlichen Intervention des Vereinsvorsitzenden Ricky Burzlaff mit dem klaren Hinweis, dass er die beiden als Besitand vertritt und man am Vormittag des darauffolgenden Tages bereits den Termin im Konsulat der Deutschen Botschaft hat, kam das kosovarische Innenministerium endlich seiner Pflicht und gab uns die entsprechenden Apostillen gegen erneut hohe Gebühren. Nachdem auch Passbilder erworben wurden und alle anderen vielen Dokumente ausgefüllt und unterschrieben wurden, begaben sich am Dienstag, den 4. November, Ergin und Ardita Alija in Begleitung von Ricky Burzlaff zur Deutschen Botschaft. Obwohl Herr Burzlaff (deutscher Staatsbürger) eine Vollmacht der Mutter von Ergin besaß und somit befugt war, ihre Interessen auf der Deutschen Botschaft zu vertreten, und in Funktion als Beistand für Ergin und seiner Frau Ardita Alija anwesend war, wurde ihm auch nach mehrmaligen Bitten und Nachfragen der Zutritt in das Konsulat verwehrt. Es darf nicht sein, dass die Deutsche Botschaft einem deutschen Staatsbürger, einem Vertreter einer deutschen NGO sowie einem Bürger- und Menschenrechtler, der wegen diesem Fall und nach Terminabsprache mit der Deutschen Botschaft nach Kosova geflogen ist, der Zutritt zur Botschaft und damit auch der rechtlich erlaubte Behördengang auf deutschem Hohheitsgebiet verweigert wird. Was sich aber dann im Konsulat abspielte, gleicht einem schlechten Film. Weil einige Dokumente nicht zweifach kopiert wurden, musste das Roma-Ehepaar das Konsulat verlassen und sollte nach der Beschaffung der Kopien sich wieder hinten in der Schlange anstellen. Als dies geschehen ist, verweigerte man denen den Zugang zur Konsularabteilung mit der Begründung, es sei angeblich Mittagszeit und sie sollen in 75 Minuten wiederkommen. Auch nach Ablauf dieser Zeit gab es erhebliche Probleme beim Einlass, da der dafür zuständige Botschaftsmitarbeiter erneut den beiden den Zugang verwehrt hat. Nach einigen Diskussionen durften sie letztendlich doch das Konsulat betreten. Am Schalter wurden Ergin und Ardita Alija mit einer aggressiven und teils romafeindlichen Stimmung konfrontiert. Sie wurden teilweise grundlos angebrüllt und ihnen wurden verschiedene Vorwürfe gemacht, z.B. dass die Begründung des Härtefalls angeblich zu kurz sei. In Wirklichkeit ist letztere treffend und ausreichend formuliert worden und damit ist es skandalös, dass die Botschaft Quantität über Qualität einer Begründung stellt. Einen sachlichen Bezug zur Kritik der Härtefallbegründung gab es nicht. Ebenso teilte man dem Ehepaar mit Absicht fälschlicherweise mit, dass sie zu jung für eine Familiennachführung seien. Jeder, der sich mit diesen Themen auskennt weiß, dass in diesem Fall die Botschaft böswillig und romafeindlich gehandelt hat. Eine Altersregelung für eine Familiennachführung in Härtefällen existiert nicht. Desweiteren wurde unmissverständlich gesagt, dass „Ergin und Ardita Alija es sich abschminken können, dieses Jahr ein Visum zu bekommen“. Diese Aussage einer Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft stellt einen klaren Fall der Diskriminierung dar. Der Verein Verantwortung für Flüchtlinge e.V. fordert deshalb alle zuständigen Behörden und insbesondere den deutschen Außenminister, Frank Walter Steinmeier, als Chef der Deutschen Botschaften auf, dafür zu sorgen, dass diese Drohung nicht Realität wird und das Ehepaar noch in diesem Jahr vor Weihnachten das ersehnte Visum bekommt. 25 Jahre nach dem Mauerfall werden in Europa auch durch die Bundesrepublik Deutschland Mauern gebaut, die die Freiheit und Rechte vieler Menschen, insbesondere aber Roma, deutlich einschränken. Jede Romafamilie in Kosova kann sich den bürokratischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand der Visabeschaffung nicht leisten. Das muss sich ändern.

Mit freundlichen Grüßen

Ricky Burzlaff
(Vorsitzender des Vereins Verantwortung für Flüchtlinge e.V.)