Antiziganistischer Stinkstiefel für den Oktober 2013

Der Antizig-Watchblog verleiht seit dem Dezember 2011 im monatlichen Turnus die Negativ-Auszeichnung „Antiziganistischer Stinkstiefel“. Diese Auszeichnung geht an Personen des öffentlichen Lebens, Organisationen oder andere Institutionen, die sich öffentlich besonders antiziganistisch geäußert haben oder ein antiziganistisches Klischee bedient haben.
Für den Oktober 2013 geht der Stinkstiefel an diejenigen deutschen Medien, die dabei geholfen haben jahrhundertealte antiziganistische Denk- und Handlungsmuster aufzugreifen und weiterzugeben.

Man stelle sich vor jemand kommt und nimmt einem das Kind weg. Einfach so. Genauso geschah es in Griechenland. Konkret geht es um einen Fall in Griechenland bei dem einer Roma-Familie die Tochter weggenommen wurde und die Eltern inhaftiert unter der Begründung diese ähnle ihren Eltern zu wenig auf Grund ihrer heller Hautfarbe. Dass Roma-Kinder auch hellere Haut- und Augenfarbe haben können, ist nach dem rassistischen „Zigeuner-Bild“ ausgeschlossen. Sicher, viele Roma haben eine dunklere Haut-, Augen- und Haarfarbe, was sie für gewalttätige Straßenfaschist*innen leichter erkennbar und zur Zielscheibe macht. Trotzdem finden sich auch hier viele andere Variationen von Aussehen unter Roma-Angehörigen. Der Rassismus fängt auch da an, wo Menschen sagen, dass Angehörige von Minderheiten soundso aussehen ‚müssen‘.
Wenn die Kinder von Eltern ihren Eltern mutmaßlich nicht biologisch abstammen, dann kann das viele Gründe haben. Wohl nur die Roma-Minderheit wird in solchen Fällen konsequent mit einem Generalverdacht überzogen. Würde man weiße Eltern mit einem schwarzen Kind unter Generalverdacht stellen? Sicher nicht.
Auf die Idee das Kind einmal selber zu fragen, ob es Probleme habe, kam offenbar auch niemand. Die deutschsprachigen Medien spielten ihre Rolle in diesem antiziganistischen Schmierentheater überzeugend. Die BILD schrieb: „Kind (4) aus Roma-Lager befreit“.
BILD hetzt gegen Roma
Eine Hysterie nach dem Vorurteilsbild „Hilfe, die Zigeuner klauen kleine Kinder“ entwickelte sich. Ein jahrhundertalter Mythos verfestigte sich wieder. Ursprünglich war dieser Mythos übrigens gegen die jüdische Minderheit gerichtet und wurde erst später auf Roma übertragen.

Auch die irische Polizei verfuhr offenbar ähnlich wie die Behörden in Griechenland. Sie entzog zwei Roma-Familien fälschlicherweise ihre hellhäutigen Kinder. Martin Collins von der Organisation „Pavee Point“, die sich in Irland um die Rechte von Sinti und Roma sowie der Irish Travellers kümmert, kritisierte, die Kinder seien von den Behörden „regelrecht entführt“ worden. Genau, dass ist der Kern und die traurige Wahrheit. Die Kinder der Roma-Minderheit werden von Vertreter*innen der Mehrheitsgesellschaft entführt und nicht anders herum. Früher geschah das systematisch, heute sind es (noch?) Einzelfälle.