Kein Grund für eine Anklage wegen Volksverhetzung: Die Roma-feindlichen Äußerungen des Bremer Abgeordneten Martin Korol fallen laut Staatsanwaltschaft unter die Meinungsfreiheit. Dass die Justiz auch mit der NPD milde umgeht, stößt auf Kritik.
Der 68-jährige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Korol hatte vor seinem Landtagseinzug einen Text über Roma-Zuwanderer aus Südosteuropa auf seine Homepage gestellt. Darin behauptete er, Roma und Sinti lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“; ihre Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“.
Als lokale und überregionale Medien über seine Äußerungen berichteten, begann die Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob sie wegen Volksverhetzung ermitteln müsse. Inzwischen steht das Ergebnis fest: Die Behörde sieht keinen Grund für ein förmliches Ermittlungsverfahren. Oberstaatsanwalt Frank Passade sagte dazu auf Nachfrage der Frankfurter Rundschau, Korols Äußerungen seien zwar überspitzt, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Dadurch werde nicht die Menschenwürde der Betroffenen angegriffen oder zum Hass gegen sie aufgestachelt, wie es für den Straftatbestand der Volksverhetzung nötig wäre.
Korol, katholischer Deutsch- und Geschichtslehrer i.R., hatte auch den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sog. Selbstverwirklichung der Frau“ beklagt. Diese Äußerungen wurden von der Staatsanwaltschaft nicht geprüft, würden aber nach Ansicht Passades ebenfalls unter die Meinungsfreiheit fallen.
Wegen seiner Roma- und frauenfeindlichen Äußerungen wurde Korol inzwischen aus der SPD-Fraktion ausgeschlossen. Er sitzt derzeit als sozialdemokratischer Einzelabgeordneter im Bremer Parlament. Die SPD führt aber auch ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn. Der Landesvorstand hofft darauf, dass die parteiinterne Schiedskommission Korol ausschließt.
Der Abgeordnete hat die umstrittenen Texte mittlerweile von seiner Homepage entfernt und sich für die Roma-Äußerungen öffentlich entschuldigt.
Inzwischen wurde Kritik an einer anderen Entscheidung der Bremer Justiz laut: Am Montag hatte das Amtsgericht Bremerhaven mit Zustimmung der Bremer Staatsanwaltschaft beschlossen, ein Volksverhetzungs-Verfahren gegen drei NPD-Bundesvorstandsmitglieder wegen geringer Schuld einzustellen; als Auflage müssen die Funktionäre jeweils 500 Euro zahlen. Die drei sollen ein ausländerfeindliches Online-Spiel verantwortet haben, einem von ihnen wurde außerdem ein ausländerfeindlicher und antisemitischer Offener Brief angelastet. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken sprach am Dienstag von einem „Übereinkommen zwischen Nazis und Staatsanwaltschaft“ und kritisierte: „Die Justiz hat damit für Nazi-Hetze den Weg frei gemacht.“
Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 07.05.2013