Ungarn: Aufklärung zu einer Hilfslieferung

Unsere kurze Meldung zur Hilfslieferung der Caritas Wien in die ungarische Stadt Nyiregyhaza ist auf Widerspruch gestoßen. In einer Stellungnahme erklärte der Pressesprecher der Caritas Wien, dass nie die Rede davon gewesen sei, dass speziell Roma-Familien unterstützt werden sollten. Haben wir uns geirrt?

Der Pressesprecher der Caritas Wien, übermittelte uns eine Stellungnahme, in der auch der Ausgangspunkt der Hilfslieferung, eine Anfrage des ungarischen Honorarkonsuls, Dr. Barabas Laszlo, vom 10. Oktober 2012 beschrieben wird. „Diesmal wäre die begünstigte Organisation der Regionalverein der Landesverbandes der Großfamilien. Sie betreuen etwa 500 notleidende kinderreiche Familien in meinem Konsulatsbezirk (Nord- und Ostungarn)“, erklärt der Honorarkonsul.

In der Stellungnahme der Caritas Wien heißt es weiter:
„In der Folge wurde die Sachspendenunterstützung über die Caritas der Erzdiözese Wien abgewickelt. Wie dem Mail vom 10.10.2012 leicht zu entnehmen ist, war nie die Rede davon, dass speziell Roma-Familien unterstützt werden sollten. Woher diese falschen Informationen stammen, wissen wir leider nicht. Als Caritas helfen wir immer unabhängig von Religion, sozialer oder nationaler Herkunft. Gleichzeitig müssen wir in diesem Zusammenhang festhalten: 1) Es war in der konkreten Unterstützungsanfrage nie die Rede davon, dass die Begünstigten der Hilfslieferung ausschließlich oder vor allem die Romabevölkerung wäre 2) Die Sachspenden (Möbel) sind bedürftigen Familien zugute gekommen. Abgewickelt wurde die Lieferung letztlich über die regionale Organisation des Landesverbandes der Großfamilien.

Gerne möchten wir Sie auch noch darauf hinwiesen, dass wir als Caritas Österreich zahlreiche Romaprojekte unterstützen
http://www.caritas.at/auslandshilfe/projektschwerpunkte/kinder/slowakei-roma-kinder/
http://www.caritas.at/auslandshilfe/projektschwerpunkte/minderheiten/bosnien-roma-beratungsbuero/
http://www.caritas.at/auslandshilfe/projektschwerpunkte/minderheiten/rumaenien-kindertagesstaette-temesvar/.“.

Woher die falschen Informationen über die Hilfslieferung stammen, wissen wir aber schon: aus einer Presseinformation der katholischen Presseagentur kathpress vom 4.12.2012! In ihr heißt es unter der Überschrift „Wiener Caritas spendet Möbel für ungarische Roma“:

„Die ungarische Caritas ist in vielen Landesteilen ebenfalls in die Arbeit für Roma involviert. Vertreter der Caritas der Erzdiözese Wien überreichten ihr erst Ende November in Nyiregyhaza sieben Tonnen Möbelstücke für Küche, Wohnzimmer sowie Hausrat, die besonders Roma-Großfamilien zugute kommen sollen. Die Verteilung der Spende erfolgte durch Mitwirkung des Honorarkonksulates und des Gemeinderates der Stadt Nyiregyhaza“.

Ausdrücklich wird in der kathpress-Meldung auch darauf Bezug genommen, dass es „keine ethnische Diskriminierung bei Hilfeleistung“ gebe.

„Im Gegensatz zur Caritas in Nyiregyhaza war vor kurzem die Pfarrcaritas von Siofok in Negativschlagzeilen gekommen. Grund war der Ausschluss einer Roma-Organisation von einem EU-finanzierten Lebensmittelverteilungs-Programm. Begründet worden war der Ausschluss von den Caritas-Verantwortlichen mit einer Eskalation, die sich im Vorjahr ereignet habe. Demnach seien die Verteiler von einem alkoholisierten Roma-Angehörigen angegriffen worden“.

So offen kathpress den Konflikt in Siofok anspricht, so falsch ist die Meldung zu Nyiregyhaza. Die Verteilung der Hilfsgüter wurde dort – so die Caritas Wien! – über die Regionalstelle des Landesverbandes der Großfamilien vorgenommen und damit über eine Organisation, die im politischen Konflikt um die Nations- und Nationalitätenfrage, der von der rechtskonservativen Regierung Orban und von den Rechtsextremen um Jobbik geführt wird, selbst Partei ist.

„Pusztaranger“ hat in seinem Beitrag über die Hilfslieferung den Landesverband der Großfamilien (NOE) und sein politisches und ideologisches Bezugsfeld ausreichend charakterisiert. Eine Unterstützung von bedürftigen ungarischen Großfamilien bedeutet in diesem Kontext eben keineswegs eine Unterstützung von armen Roma-Großfamilien.

Pusztaranger dazu: „Die (Groß)Familie erscheint hier als konstituierende Keimzelle der völkisch verstandenen “Nation”, und Roma-Familien werden weder erwähnt noch sind sie zu sehen.“

Die Caritas Wien ist mit ihrer Hilfslieferung mitten in einem zentralen politischen Konflikt Ungarns angekommen, den sie offensichtlich so nicht gesehen hat. Wer bedürftige ungarische Familien fördern will, denkt vermutlich nicht mit, dass dies bei den politischen Verhältnissen in Ungarn zu einer „Volkstumsfrage“ führt!

Über die Zugehörigkeit zu welchem Volkstum auch immer dürfen Zuteilungen von Hilfslieferungen nicht entschieden werden – da jedenfalls wissen wir uns mit der Caritas Österreich, die bei sozialen und Menschenrechten immer klar Position bezogen hat, einig!

Quelle: Stoppt die Rechten
Stand: 18.12.2012