Neonazi-Aufmarsch gegen „Zigeunerkriminalität“

Tschechien (Rotava) – Am 29. Oktober ist im tschechischen Rotava, im böhmischen Westerzgebirge, eine so genannte „Demonstration für Bürgerrechte“ geplant. Tatsächlich soll dort aber gegen Roma demonstriert werden.

Veranstalter des Aufmarschs ist die neonazistische „Arbeiterpartei für soziale Gerechtigkeit“ (Delickna strana socialni spravedlnosti, DSSS). Die DSSS, die engste Kontakte zur NPD pflegt, ist die Nachfolgepartei der im Februar 2010 vom Obersten tschechischen Verwaltungsgericht verbotenen militant Roma-feindlichen „Arbeiterpartei“ (Delickna strana, DS).

Das Gericht hatte das Verbot der DS unter anderem damit begründet, dass diese Kundgebungen organisierte, die zu pogromähnlicher Randale gegen Roma führten. So stürmten DS-Mitglieder im November 2008 eine von Roma bewohnte Plattenbausiedlung in der Industriestadt Litvinov. Auf Plakaten riefen die Neonazis zur „Schädlingsbekämpfung“ auf.

Mobilisiert wird für die Demonstration in Rotava, das acht Kilometer südöstlich von dem deutschen Ort Klingenthal, „dem Tor zu Tschechien“, entfernt liegt, auch vom neonazistischen „Freien Netz Süd“. Auf dessen Homepage wird die „Demonstration für Bürgerrechte“ offen als „Demonstration gegen Zigeunerkriminalität“ beworben. Das Ende 2008 gegründete „Freie Netz Süd“, dem rund 20 Gruppierungen angehören, wird im aktuellen bayerischen Verfassungsschutzbericht als „größtes neonazistisches Netzwerk“ im Freistaat eingestuft.

Quelle: Blick nach Rechts
Stand: 10.10.2011

Deutsche Eichen oder Pogrom

In der Hoffnung auf Solidarität mit den von Pogromen bedrohten Menschen

Ein guter Kapitalist im deutschen Sinne ist einer, der von der Arbeitskraft, die er kauft, den Maschinen, die er vernutzt, und sich höchstpersönlich als „wir, die Völker“ spricht, der tagsüber kühl kalkuliert und abends den Arbeitskraftbehältern auf die Schulter klopft. So einer geißelt das Geld, das nicht „sinnvoll wirtschaftet“, also der Produktion gehorcht, sondern „herumzigeunert“ – und vor allen anderen pflichtet ihm ein deutscher Karrierist aus der Spekulationssphäre bei: Brecht die Zinsknechtschaft.

Unterdessen formiert sich in der Peripherie des Europas der Produktion der nationale Opferschutz wider die Nicht-Arbeit – unter Parolen wie „Zigeuner zu Seife“ oder doch nur „zur Arbeit“. Hier wie dort wird das „leistungs- und anstrengungslose“ Überleben in der rassistischen Figur des Zigeuners denunziert. Über mehr als zwei Wochen marschieren im nördlichsten Böhmen, einer einstigen Bastion des sudetendeutschen Faschismus, hunderte Tschechen auf, um die Roma-Ghettos als verdächtigten Hort parasitärer Nicht-Arbeit zu stürmen. Am 17. September sind es bis zu 3500 Menschen, die in Varnsdorf nur noch von der Staatsgewalt am Pogrom gehindert werden. Ende September dann wiederholt sich die rassistische Raserei in Bulgarien.

Und weiter nach Ungarn. Wo noch vor wenigen Monaten Milizen gegen „Zigeunerkriminalität“ aufmarschierten und Roma-Familien in die Flucht zwangen, herrscht nun Frieden durch Arbeitszwang. Vom ersten Arbeitsmarkt rassistisch ausgegrenzt, werden die Roma von Staats wegen rekrutiert: zunächst für die Rodung eines Hügels, auf dem dann deutsche Eichen angepflanzt werden. Hier in Gyöngyöspata, wo drei Monate lang Milizen die Ärmsten unter den Armen terrorisierten, begann jüngst das Pilotprojekt des „Ungarischen Arbeitsplans“ der Budapester Regierung. Überwacht werden die Arbeiten von der faschistischen Jobbik, der populärsten Partei in Gyöngyöspata. (Bei anderer Gelegenheit ratschlagte Csanád Szegedi, Jobbik-Abgeordneter im Europäischen Parlament, man müsse „Zigeuner“ provisorisch in gesonderten Zonen konzentrieren, die man nur mit „Registrierung“ und bis Anbruch der Nacht verlasse dürfe.) Auch eine Verleihung der Arbeitskräfte an nicht-staatliche Interessenten ist möglich, einschließlich zwangsverordneter Mobilität. Vorgesehen ist zudem, dass frühberentete Polizeibeamte den Arbeitsdienst organisieren. Continue reading Deutsche Eichen oder Pogrom

Petrol station slammed for Roma discrimination

The owner of a Swedish petrol station has been order to compensate a Roma woman after an employee told her to pay for petrol in advance, saying they had had „problems with the Roma in the past“.

”I am very happy over the verdict. Above all I am grateful that someone was on my side for the first time. As far as I am concerned it has never been about getting compensation but getting satisfaction,” the woman said in a statement.

The incident occurred in October 2009 when the woman arrived at the station in Örebro in eastern Sweden to fill up her car.

When she got out of her vehicle an employee of the station came running out telling her that she had to pay in advance as the station had previously ”had problems with the Roma”.

The case was initially brought up in Örebro district court, which ruled in favour of the petrol station.

However, the verdict was overturned by an appeals court, which ruled on Wednesday that by deviating from the normal procedure of payment after filling up the car with petrol, the station was guilty of discriminating the woman.

According to the Örebro Centre for Equal Rights (Örebro Rättighetscenter), discrimination is still widespread in places where goods and services are being traded, and the centre has received several reports of similar discrimination over the past few years.

”Hopefully this verdict might influence how petrol stations across the country are treating their customers. Any businessman who lets their prejudices govern their actions won’t benefit in the long run. Instead they are risking losing both money and reputation,” said the woman’s lawyer Vida Paridad in a statement.

The court ruled that the petrol station pay the woman damages of 5,000 kronor ($730).

It is estimated that there are between 40,000 and 120,000 members of the Roma minority in Sweden today.

Quelle: The Local
Stand: 06.10.2011

06.10. Demonstration – Die Pogrome gegen Roma und Sinti stoppen! Antiziganistischer Hetze entgegentreten!

Gut 300 DemonstrantInnen fanden sich heute trotz kurzfristiger Mobilisierung zusammen und protestierten gegen Antiziganismus in Europa aus Anlass der aktuellen Pogrome gegen Roma in Bulgarien und Tschechien. Von der Botschaft Tschechiens ging die Demonstration vorbei an den Botschaften Rumäniens, Ungarns zu einer Zwischenkundgebung vor der Vertretung der Europäischen Kommission in unmittelbarer Nähe der britischen und französischen Botschaft. Die Abschlusskundgebung fand vor der Botschaft Bulgariens statt. Petitionen wurden sowohl an VertreterInnen der Botschaften Tschechiens und Bulgariens sowie der Europäischen Kommission übergeben. Wir danken allen TeilnehmerInnen für ihre Unterstützung und das Durchhaltevermögen trotz des Regens kurz vor dem Ende der Demonstration. Morgen werden wir hier die Petitionen als Faxvarianten online stellen, damit alle weiteren UnterstützerInnen, die heute nicht teilnehmen konnten, ebenfalls ihre Möglichkeit auf Protest wahrnehmen können.

Bilder
Bericht

Quelle: Zusammen handeln
Stand: 08.10.2011

Fax-Kampagne gegen Antiziganismus und soziale Ausgrenzung

Gestern wurden während der Demonstration anläßlich der Pogrome in Bulgarien und Tschechien gegen Roma sowie die oft gegenwärtige antiziganistische Hetze in Europa Petitionen an die Botschaften beider Länder sowie die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland übergeben. Dies war auch der Anlass, den Beginn der Demonstration auf 16.00 Uhr zu legen. Wer nicht daran teilnehmen konnte und/oder persönlich ein Fax an diese Institutionen senden möchte, kann hier jetzt Vorschläge runterladen und verändern oder unverändert benutzen. Auch können diese länderspezifisch angepasst und an weitere Botschaften gesendet werden. Wir rufen alle dazu auf, diese Gelegenheit zu nutzen, um die Proteste gegen antiziganistische Hetze und soziale Ausgrenzung an die entsprechenden Institutionen weiterzuleiten und diese zum sofortigen Gegensteuern sowie zum Stoppen der Pogrome aufzufordern.

Quelle: Zusammen handeln
Stand: 08.10.2011

Antiziganismus: Roma – Europas ungewolltes Volk

Belgrad – Die offen demonstrierte Abneigung gegen Europas ungewolltes
Volk kennt keine Grenzen. In Tschechien und Bulgarien ziehen mit
Baseball-Knüppel bewaffnete Neonazis und „Patrioten“ vor Roma-Vierteln
auf. Slowakische Kommunen trennen Roma-Stadtteile mit hohen Mauern von
der Nachbarschaft ab. In Ungarn pflegen selbst ernannte Bürger-Garden in
SA-Manier gegen die „Roma-Kriminalität“ zu Felde zu ziehen. Übergriffe
gegen Roma mehren sich nicht nur in Spanien und Italien. Trotz der ihnen
garantierten Freizügigkeit als EU-Bürger schiebt Frankreich Roma aus
Rumänien als lästige Bettler in ihr Heimatland ab. Auch nach zwölf
Jahren als Flüchtlinge sind Roma aus dem Kosovo in Mitteleuropa und
Skandinavien nicht vor der Deportation ins Nichts geschützt: Vermehrt
schiebt nicht nur Berlin selbst Kinder in die völlig fremde Heimat ab.

Roma ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Volksgruppen, die in
mehreren Einwanderungsschüben einst vom indischen Subkontinent über
Persien und den Kaukasus nach Europa und Nordafrika gelangten. Auf acht
bis zehn, gelegentlich selbst bis zu zwölf Millionen Menschen wird die
Zahl der Roma in Europa geschätzt. Verlässliche Zahlen liegen nicht vor.
Oft werden Bürger ohne Papiere und gesicherten Wohnsitz von den
heimischen Statistikern nicht erfasst. Ob aus Angst vor Diskriminierung
oder wegen des Wunsches nach Assimilierung: bei Volkszählungen pflegen
sich viele Roma häufig eher als Ungarn, Rumänen oder Serben denn als
Angehörige ihrer Volksgruppe zu identifizieren.

Die Ursache ist unklar, warum die Roma in den Westen kamen

Mittels linguistischer Vergleichsstudien konnte schon im 18. Jahrhundert
der indische Subkontinent als einstige Heimat der Roma identifiziert
werden. Das mit dem Sanskrit verwandte Romanes lässt auf eine Herkunft
aus Nordwestindien schließen. Über die Ursachen, warum sie ihren Weg
nach Westen suchten, gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Manche
Wissenschaftler vermuten Hungersnöte als Grund für ihren Exodus. Andere
glauben, dass sie als Schmiede, Viehhändler und Musiker Karawanen und
Armeen begleiteten. Eine weitere These ist, dass sie von muslimischen
Eroberern vertrieben wurden.

Persische Quellen aus dem 10. und 11. Jahrhundert berichten, dass Schah
Bahram V. im fünften Jahrhundert mehrere Tausend Musiker aus Indien ins
Land habe holen lassen. Relikte des Persischen, aber vor allem des
Griechischen weist das Romanes bis heute auf. In byzantinischen
Dokumenten finden sich seit dem achten Jahrhundert Hinweise auf die
Roma, die über Armenien und Griechenland nach Südosteuropa gelangten: Ab
dem 14. Jahrhundert wurden die „Zigeuner“ in Dokumenten in Serbien,
Bulgarien, Walachei und bald danach auch im damals ungarischen
Transsylvanien erwähnt. Als „Tataren, Heiden, Egiptenleut und Zigani“
tauchen sie Anfang des 15. Jahrhundert erstmals in den Stadtbüchern von
Hildesheim, Basel und Meißen auf. Zunächst freundlich aufgenommen und
mit Schutzbriefen von Kirchenfürsten begleitet, sollte sich die Neugier
bald in Abkehr gegen die dunkelhäutigen Zuwanderer wandeln. Ab dem 16.
Jahrhundert mehrten sich europaweit Ausweisungsbeschlüsse, Zwangsarbeit
und Kopfgelder auf tote und lebende Roma: Preußen-König Friedrich
Wilhelm I. gab 1725 die Erlaubnis, alle „weiblichen und männlichen
Zigeuner“ über 18 Jahre zu erhängen.

Der von der Obrigkeit eifrig mit geschürte Rassenhass sollte zwei
Jahrhunderte später im Holocaust gipfeln: Auf 250000 bis 500000 Menschen
wird die Zahl der Roma und Sinti in Europa geschätzt, die während des
Zweiten Weltkriegs in Konzentrationslagern ermordet wurden. In
Mitteleuropa waren die Roma nach Ende des Nationalsozialismus auf eine
kleine Minderheit geschrumpft. Im überwiegend sozialistisch regierten
Südosteuropa wurde offiziell die Emanzipation der Volksgruppe verkündet.
Verstärkte Bildungsanstrengungen ließen in Jugoslawien einige Roma den
sozialen Aufstieg schaffen. Dank der staatlich orchestrierten
Industrialisierung und der Kollektivierung der Landwirtschaft fanden
Roma in den neuen Fabriken und den großen Agrarkombinaten Lohn und Brot.

Doch das Ende des Kalten Kriegs und des realsozialistischen
Staatenmodells, die Wirtschaftstransformation und die Kriege im
zerfallenden Jugoslawien Anfang der 90er Jahre sollten die Minderheit
besonders hart treffen. Der Bankrott unrentabler Staatsunternehmen und
Landkombinate sollte vielen Roma das Los der Dauerarbeitslosigkeit
bescheren: Ungeschulte Hilfs- und Landarbeiter sind nicht mehr gefragt.
Sinkende Staatsinvestitionen in den Bildungssektor gehen in den
ex-sozialistischen Staaten mit einer feindlich gesinnten Umwelt und
wachsendem Nationalismus einher. Der Grad der Diskriminierung ist von
Land zu Land verschieden. Während nationalistische Parlamentsparteien in
Ungarn und Bulgarien ungestraft den Rassenhass schüren können, ist die
öffentliche Diskriminierung von Roma beispielsweise in Serbien verpönt.

Doch grenzüberschreitend gleich ist die triste soziale Lage der Roma:
Deren zunehmende Verelendung bekommen die westeuropäischen Staaten in
Form ungewünschter Zuwanderer immer stärker zu spüren. Die
Wohlstandsschere zwischen Roma und dem Rest der Bevölkerung klafft in
allen Staaten Mittel- und Südosteuropas immer weiter auseinander:
Während der Hasspegel gegen Europas ungewolltes Volk weiter steigt,
werden Arbeitslosigkeit, Analphabetentum und Armut zunehmend „romanisiert“.

Deutschland: In Deutschland leben ungefähr 70.000 Roma mit deutscher
Staatsbürgerschaft. Hinzu kommen Arbeitsmigranten und Flüchtlinge, vor
allem vom Balkan, deren Zahl auf rund 50.000 geschätzt wird.

Südosteuropa: Die meisten Roma leben in Südost- und Ostmitteleuropa. Es
gibt keine genauen Zahlen, da die Roma-Organisationen zu hohen Angaben
neigen, um sich mehr politisches Gewicht zu geben. Im Gegenzug
veröffentlichen die Staaten niedere Zahlen, um den Einfluss klein zu
halten. Schätzungsweise leben 10 Millionen Roma in Europa. Davon zwei
Millionen in Rumänien, 800.000 in Bulgarien, 600.000 in Ungarn und je
500.000 in der Slowakei und Serbien.

Quelle: Stuttgarter Zeitung
Stand: 06.10.2011

Zeitschriftenvorstellung: „Newess“ – das Magazin des Zentralrats

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gibt zusammen mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, beide mit Sitz in Heidelberg, neuerdings halbjährlich das Magazin „Newess“, zu Deutsch „Neues, heraus. Die Ausgabe 1/2011 vom August 2011 des Magazins ist farbig, hat 50 Seiten und eine Auflage von 6.500 Exemplaren.
Im Geleitwort von Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats, schreibt dieser, dass das Magazin sich der „Trias Menschenrechte, Dialog und Erinnerung“ widmen wolle.
In dem Text über die Tätigkeiten des Kulturzentrums wird auch von den Besuchen von Norbert Lammert oder vom US-Botschafter in Deutschland berichtet, was zeigt das das Kulturzentrum und sein Thema eine hohe Akzeptanz erfahren. Dafür spricht auch die Rede des niederländischen Sinto Zoni Weisz am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, diesen Jahres im Bundestag, über die das Magazin berichtet. Inzwischen gebe es auch, so „Newess“, im deutschsprachigen Raum über 100 Gedenkorte für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma.
Das Kulturzentrum verfügt auch über eine eigene Bibliothek mit über 12.000 Medieneinheiten, die seit diesem Jahr öffentlich zugänglich ist, wie es im Magazin heißt.
Zum Thema Online-Antiziganismus heißt es, dass dieser sich in 75% der rechten Szene-Angebote findet, aber 59% aller Fälle auf Mitmachnetzwerken wie Facebook oder Youtube zu finden seien, dort vor allem in der Kommentarspalte.
Das Magazin „Newess“ kann kostenlos bestellt werden, Kontakt unter www.sintiundroma.de