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Roma-Power mit Sprechblasen?

Mit „Gipsy“ ist beim Comic-Verlag „Splitter“ eine Comic-Serie 2012 aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt worden, die auch sehr stark die Roma-Minderheit und Antiziganismus zum Inhalt hat. Der Comic stammt von Enrico Martini und Thierry Smolderen und erblickte im Jahr 1996 das Licht der Comic-Welt. Der Zeichen-Stil erinnert sehr an die „Akira“-Reihe und beinhaltet auf jeden Fall Manga-Elemente.

Die Geschichte ist in einer nicht allzufernen Zukunft angesiedelt. Die entfesselte Klimakatastrophe hat eine Eiszeit im Norden und eine Hitzewelle im Süden ausgelöst. Es herrscht ein weltweites Flugverbot, so dass vor allem riesige Trucks den Warentransport gewährleisten. Die wichtigste Autobahn ist die C3C, wobei das erste C für „Circumpolar“ steht. Diese „Circumpolar“ führt um die gesamte Nordhalbkugel. Doch in dieser Zukunfts-Version herrschen Konzerne und Landpiraten über diese Straße. Als einzelner, unabhängiger Fahrer hat man es da schwer. Der Hauptprotagonist der Comic-Story, Tsagoi, ist so ein unabhängiger Truck-Fahrer. Er ist Roma und bezeichnet sich selbst abwechselnd als „Roma“, „Zigeuner“ oder „Gipsy“. Auch bei seinen Trucker-KollegInnen hat er diesen Ethno-Spitznamen weg. Er wird häufig als „Zigeuner“ angefeindet, wehrt sich aber jedes Mal heftig.

Die zweite wichtige Figur in diesem Comic ist Oblivia, genannt „Bibi“, die kleine Schwester von Tsagoi. Zwar teilen die beiden Geschwister eine Kindheit in einem Waisenhaus in Osteuropa voller antiziganistischer Anfeindungen, doch trennte sich in der Jugend ihr Weg. Tsaigo wird Trucker und ermöglicht seiner Schwester dadurch finanziell den Aufenthalt in einem Schweizer Internat. Erst als er das Internat seiner Schwester nicht mehr finanzieren kann, finden die Beiden notgedrungen wieder zusammen. Bibi ist anfangs sehr schockiert von ihrem Bruder und dessen rauher Welt. Sie will auch gar keine Romnja sein. Wohingegen ihr Bruder trotz oder gerade wegen aller Anfeindung ein stolzer Rom bzw. Kalderasch ist.

Tsagoi als Roma und Hauptfigur der Geschichte ist durchaus mit Eigenschaften versehen, die sich häufig im Antiziganismus wiederfinden. Er ist ein moderner Nomade der Landstraße, schnell mit dem Messer, flucht kräftig („Ich piss auf den Schatten ihrer Mütter!“) und nicht sonderlich obrigkeitstreu. Trotzdem verfügt er auch über einen rebellischen Charakter und ist eindeutig der Held der Geschichte. Als Kontrastfigur fungiert seine Schwester, die ebenfalls Romnja ist, aber so gar nicht ihrem Bruder ähnelt. Immerhin wird dadurch vermittelt, dass es kein natürliches Wesen der Roma oder dergleichen Unsinn gibt.

„Gipsy“ ist ein guter Comic, der viel mit Roma und Antiziganismus zu tun hat. Manches mag dem/der Uneingeweihten nicht auffallen. Etwa wenn Tsagoi flucht: „Beim Schnäuzer von Django Reinhardt!“ (Seite 42) Zur Erklärung: Django Reinhardt ist ein populärer Sinti-Musiker mit eindrucksvollem Schnurrbart.

Etwas anstrengend im Comic ist, dass sich Schwester und Bruder siezen, offenbar um die Distanz zwischen den beiden zu unterstreichen. Außerdem spricht Tsagoi in dritter Person von sich. Zumindest im Deutschen wirkt so etwas albern.
Das der Comic und der Hauptheld „Gipsy“ heißen, mag schwierig sein. Erinnert sei aber daran, dass diffamierte Minderheiten manchmal ihre Schimpfwörter in positive und stolze Eigenbezeichnungen umwandeln und dadurch ihren Feinden das Schmähwort klauen. Geschehen ist das beispielsweise im deutschsprachigen Raum bei der MigrantInnen-Gruppe „Kanack-Attack“.

Antiziganismus im Fußball

Dynamo antiziganistisch
Antiziganismus im Fußball behandelt auch eine Tafel der antirassistischen Ausstellung „Tatort Stadion 2“. Hier werden neben den rassistischen Fan-Gesängen „Zick-Zack-Zigeunerpack“ auch Transparente als Beispiel angeführt. Beispielsweise das Transparent „Den Zigeunern aufs Maul“ von Fans des SV Wilhelmshaven 2007.

20 Jahrestag des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen

Rostocker Sonnenblumenhaus
Am 25. August 2012 gab es in Rostock eine Demonstration zur Erinnerung an die rassistischen Pogrome in Rostock Lichtenhagen 1992. Immerhin fanden 5-6.000 Personen zu der Demonstration.
Eine auf der Demonstration verteilte „Dokumentation des Pogroms“ der Gewantifa (Gewerkschaft und Antifa) vom August 2012 machte noch einmal auf den Antiziganismus aufmerksam, der Ausgangspunkt der Pogrome waren. Während der Demonstration war auch mehrmals die Demo-Parole „Gegen jeden Antiziganismus, nieder mit Deutschland und für den Anarchismus/Kommunismus!“ zu hören.

Bei einer Kundgebung auf dem Neuen Markt um 11 Uhr vor der eigentlichen Demonstration, wurde eine Gedenktafel enthüllt, die auf den Antiziganismus des Pogroms und den Antiziganismus im Nationalsozialismus hinweist.
Gedenktafel Rostock-Lichtenhagen

LESETIPP: „Newess“ 02-2012

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gibt zusammen mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, beide mit Sitz in Heidelberg, neuerdings halbjährlich das Magazin „Newess“, zu Deutsch „Neues, heraus. Die Ausgabe 2/2012 vom August 2012 des Magazins ist farbig, hat 50 Seiten und eine Auflage von 6.500 Exemplaren.
In dieser Ausgabe kann man erfahren, dass das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma im Nationalsozialismus über 67 Jahren nach Ende des Nationalsozialismus am 25. Oktober 2012 offiziell eröffnet wird.
Außerdem erfährt man von dem Museum für Roma-Kultur in Brno (Tschechien).
Im Bericht über die diesjährige Verleihung des Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma in Berlin wird Thomas Hammarberg, der Preisträger und Menschenrechtskommissar des Europarats wie folgt zitiert: „Alle Verantwortlichen müssen die tief sitzenden Vorurteile und Stereotypen und den Antiziganismus, Diskriminierung und Gewalt gegen Sinti und Roma bekämpfen.“
Es findet sich auch ein Bericht über die Lage in Rumänien, wo in den Medien ausdrücklich die ethnische Herkunft von Straftätern genannt wird. Die so produzierten „Zigeuner“-Schlagzeilen verkaufen sich offenbar besonders gut.
Ein Einzelbeispiel für die Situation in Rumänien ist die Umsiedlung am 1. Juni 2012 in der Stadt Baia Mara von einigen hundert Roma mit Gewalt in eine ehemalige Chemiefabrik, auch genannt „Todeswerk“, auf Geheiß des Bürgermeisters Catalin Chereches. Ergebnis war, dass 22 Roma-Kinder und zwei Erwachsene Vergiftungen durch Chemikalien erlitten. Die Mutter des Bürgermeisters, eine Ärztin, versuchte anschließend die Beweise zu beseitigen. Trotzdem wurde der Bürgermeister am 10. Juni mit 86% aller Stimmen wiedergewählt. Derselbe Bürgermeister ließ bereits Mauern zwischen den Siedlungen von Roma und Nicht-Roma errichten.
Doch so weit muss man für Beispiele für Antiziganismus gar nicht gehen. In der aktuellen Ausgabe von „Newess“ wird auch das antiziganistische Cover des rechtsnationalen Magazin „Weltwoche“ aus der Schweiz erwähnt. Dieser sei ein „besonders schwerer Fall von Minderheitenkennzeichnung“. Aufmacher der antiziganistischen Titelgeschichte war ein manipulativ als Titelfoto instrumentalisiertes Foto eines Roma-Jungen im Kosovo mit Spielzeug-Pistole gewesen.
Im Bericht über einen Vortrag von Klaus-Michael Bogdal über Antiziganismus als „Abwehrprogramm“ ist davon die Rede, dass sich der „jahrhundertealte Hass in einem Spannungsverhältnis von Faszination und Verachtung bis heute erhalten konnte.“
Das Magazin „Newess“ kann kostenlos bestellt werden, Kontakt unter www.sintiundroma.de

»Der Antiziganismus wird geschürt«

In Europa leben zehn bis zwölf Millionen Roma und Sinti. Immer noch sind sie meist ökonomisch und sozial benachteiligt, Antiziganismus ist weit verbreitet. Die Jungle World sprach mit Vasile Marian Luca über die Integrationsbemühungen der EU und die Lebensbedingungen von Roma und Sinti. Luca ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und Experte für europäische Politik.

Haben sich die Lebensbedingungen für Sinti und Roma seit der Annäherung Osteuropas an Westeuropa verbessert?

Die EU-Osterweiterung eröffnete vielen osteuropäischen Bürgern die Möglichkeit, in den westeuropäischen Ländern besser bezahlte Arbeit aufzunehmen. Die Migration der Roma aber rief in Ländern wie Spanien, Italien, Frankreich und sogar Deutschland mediale und soziale Diskriminierung hervor und führte zu Abschiebungen zurück in prekärste Verhältnisse.

Heute hat sich die Situation der Roma in Europa deutlich verschlechtert. Das hängt hauptsächlich mit den jeweiligen Nationalregierungen zusammen, die das Geld, das sie vom EU-Förderfonds erhalten, nicht wirklich für Roma einsetzen. Die Folgen des Zusammenbruchs der kommunistischen Regime waren in manchen osteuropäischen Ländern, vor allem in Rumänien, katastrophal. Schwache Zivilgesellschaften und der Kollaps der Wirtschaft waren schlichtweg nicht von heute auf morgen zu überwinden. In Sachen Demokratisierung ist vor allem Rumänien ein Negativbeispiel. Continue reading »Der Antiziganismus wird geschürt«

Lesetipp: Berliner Zustände 2011 zum Thema Antiziganismus

Das APABIZ und die MBR habe die jährliche Broschüre „Berliner Zustände: Ein Schattenbericht über Rechtsextremismus & Rassismus“ für 2011 herausgebracht.
In dieser finden sich auch ein Beitrag vom „Forum Antiziganismuskritik“ und ein Interview mit einer Vertreterin der Roma-Selbsthilfeorganisation „Amaro Foro”.
Aus diesen Beiträgen erfährt man, dass die nach Berlin zugewanderten Roma aus Rumänien und Bulgarien zwar EU-Bürger_innen sind, aber erst ab Januar 2014 arbeiten dürfen. Die zugewanderten Roma bzw. ihre Kinder werden in Berlin zum Problem für die Schule gemacht. Dabei verpflichtet das Berliner Schulrecht zum Unterricht aller Kinder im schulpflichtigen Alter.
Das größte Problem der rumänischen und bulgarischen Roma aber ist die fehlende Krankenversicherung, die besonders problematisch für chronisch Kranke und Schwangere ist.

Antizig Soli Shirt


Ein Shirt gegen Antiziganismus

In einer ersten Auflage hat der Antizig-Watchblog eine T-Shirt-Kollektion entworfen, gedruckt auf Earth Positive T-Shirts.
Biologisch und unter ethischen Gesichtspunkten ausschließlich mittels erneuerbarer Energie aus Wind und Solarkraft hergestellt, beweist EarthPositive die Realisierbarkeit einer T-Shirt-Produktion mit positiven sozialen und wenig umweltschädlichen Auswirkungen aufzeigen.
Dadurch ist es gelungen die bei der Herstellung ausgestoßenen CO2 Emissionen um 90% zu reduzieren (der durchschnittliche CO2-Emissionswert für ein konventionelles T-Shirt beträgt 5-9kg). Continue reading Antizig Soli Shirt

Filmvorführung & Party für Roma und Romnija

An­ti­zi­ga­nis­mus, also die Feind­schaft ge­gen­über und die Kli­schees über die Be­völ­ke­rungs­grup­pe der Sinti und Roma ist bit­te­re Rea­li­tät in Eu­ro­pa. Immer wie­der kommt es dabei zu Po­gro­men gegen die Ro­ma-​Min­der­heit.
Ende Au­gust 2011 erst kam es im nörd­li­chen Tsche­chi­en zu Po­grom-​Ver­su­chen von einem Bünd­nis aus Neo­na­zis und rassis­ti­schen Bür­ger­mob. Tau­sen­de mar­schier­ten auf und ver­such­ten die Quar­tie­re der Min­der­heit zu er­rei­chen. Nur ein Po­li­zei­ein­satz ver­hin­der­te das voll­ende­te Po­grom. In Bul­ga­ri­en da­ge­gen wurde Ende Sep­tem­ber eine Ro­ma-​Fa­mi­lie aus einem Dorf ver­trie­ben und ihr Haus an­ge­zün­det.

Alles weit weg?

Ab­schie­bung von Ro­ma-​Flüch­tlin­gen gibt es auch in Deutsch­land. Diese Flücht­lin­ge stam­men nicht sel­ten aus dem Ko­so­vo. Die schlimms­te Ka­ta­stro­phe für die Ro­ma-​Min­der­heit in Eu­ro­pa nach 1945 war aber der Ko­so­vo­krieg 1998/1999. Da­mals er­ran­gen auch mit deut­scher mi­li­tä­ri­scher Un­tertüt­zung al­ba­ni­sche Na­tio­na­lis­t_in­nen die Macht im Ko­so­vo und ver­trie­ben über 100.
000 An­ge­hö­ri­ge der drei Ro­ma-​Min­der­hei­ten des Ko­so­vos.
Die be­rüch­tig­ten Po­gro­me von Ros­tock-​Lich­ten­ha­gen 1991 rich­te­ten sich an­fangs vor allem gegen ru­mä­ni­sche Ro­ma-​Flücht­lin­ge. Da­mals lebte die Un­sit­te wie­der auf Besen in die Türen zu stel­len, um „Zi­geu­ner“ ab­zu­schre­cken.

Dar­über be­rich­tet auch die Do­ku­men­ta­ti­on „The truth lies in Ros­tock“ von 1992.
Die­ser Film liegt jetzt in neu über­ar­bei­ter Ver­si­on vor und diese soll am 4. No­vem­ber, 20 Uhr in Tü­bin­gen im Epp­le­haus erst­mals ge­zeigt wer­den.

Da­nach gibt es ab 21 Uhr Musik:

Die Ein­nah­men und Spen­den der Ver­an­stal­tung werden an eine tsche­chi­sche Ro­ma-​Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on wei­ter­ge­lei­tet wer­den.

Quelle: Ackackack
Stand: 14.10.2011