Endlich willigt Deutschland ein, auch die Handvoll Holocaust-überlebender Roma in Tschechien zu entschädigen – nicht aber mit einer monatlichen Opferrente wie die jüdischen Opfer, sondern mit einer einmaligen Abschlagszahlung von gerade einmal 2.500 Euro: Roma sind weiterhin Opfer zweiter Klasse.
In Böhmen und Mähren kamen während der deutschen Besatzungszeit etwa 90 Prozent der dort beheimateten Roma-Bevölkerung ums Leben. Nur rund 600 der 6.500 von den Nationalsozialisten als „Zigeuner“ erfassten Personen im „Protektorat“ überlebten die NS-Verfolgung. Wie nun das tschechische Außenministerium betätigte, sollen tschechische Roma, die die Konzentrationslager der Besatzer überlebten, von Deutschland demnächst eine einmalige Entschädigung in der Höhe von 2.500 Euro bekommen. Nach monatelangen Verhandlungen habe man sich mit dem Finanzministerium in Berlin auf diesen Betrag geeinigt. Tschechiens Roma-Verbände, allen voran der Ausschuss für Holocaust-Entschädigung für die Roma in Tschechien (VPORH), hatten diese Entschädigung durch die Vermittlung des tschechischen Außenministeriums vor mehr als einem Jahr beantragt. Das Bundesaußenministerium wird die Summe aus dem Fonds für nichtjüdische Opfer (Härtefond) bereitstellen.
Für nahezu alle Opfer kommt diese Geste jedoch um Jahrzehnte zu spät. Laut Medienberichten sind nur noch maximal fünfzehn betroffene Roma am Leben. Nur zehn Personen haben bis dato tatsächlich um die Entschädigung angesucht. Es hätte, erzählt Čeněk Růžička vom Ausschuss für Holocaust-Entschädigung, sogar einiger Anstrengung bedurft, sie davon zu überzeugen, die Formulare auszufüllen. „Sie glaubten einfach nicht mehr daran, dass sie damit Erfolg haben könnten, und nach all dem, was sie erlebt hatten, hatten sie auch Angst, ihre persönlichen Daten vorzulegen. Aber zu guter Letzt haben sie die Anträge dennoch eingereicht. Sie alle wollen mit dem Geld für ihr Begräbnis vorsorgen.“ Einige von ihnen seien bettlägerig. „Im Hinblick auf ihr Alter haben wir daher einem Betrag zugestimmt, der eigentlich lächerlich ist“, so Růžička. „Wenn es nur nach mir persönlich ginge, hätte ich das vorliegende deutsche Angebot einer Einmalzahlung zurückgewiesen“, erklärt er gegenüber der Presse, „und zwar weil ich einen Vergleich ziehe zu dem, wie die jüdischen Opfer entschädigt wurden. Diese Opfer erhalten eine monatliche Zahlung von grob 260 bis 400 Euro, zuzüglich zu ihrer Rente, was alles in allem ein beträchtlicher Betrag ist. Natürlich steht ihnen das absolut zu, ganz ohne Zweifel. Doch es ist interessant, dass die Volksgruppe der Roma kein Recht auf die gleiche Entschädigung hat, obwohl ihnen dasselbe Unrecht widerfuhr. Es stört mich, dass die Roma als Opfer zweiter Klasse betrachtet werden.“
Quelle: dROMa Blog
Stand: 05.08.2016