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Europa brennt

Brandanschläge und Hasskriminalität gegen Roma und Romnja in Europa

Gastbeitrag von Samuel Mago und Mirjam Karoly, Romano Centro

Ein wütender Pöbel. Häuser, die in Flammen stehen. Roma, die um ihr Leben laufen. Das sind Bilder, die wir mit Gräueltaten der Nationalsozialisten in den 1930er Jahren verbinden. Heute finden wir sie in Videos auf Youtube und Facebook. In vielen Ländern Europas zählen Hasskriminalität und Brandanschläge auf Roma zum Alltag. Die Brandstifter schreien, die Roma schreien, nur die Behörden schweigen. Und die „Zigeunersiedlungen“ Europas stehen wieder einmal in Flammen.

Bereits letztes Jahr haben wir darüber berichtet, wie in Italien drei Roma-Mädchen im Alter von vier, acht und 20 Jahren bei einem Brandanschlag auf den Wohnwagen ihrer Familie ums Leben kamen. Meldungen über Attacken und Hasskriminalität gegen Roma und Romnja erreichen uns immer wieder. In einer europäischen Wertegemeinschaft, in der Menschenrechte groß geschrieben werden, sollten Szenen wie diese längst überholt und unvorstellbar sein. Und dennoch werden wir regelmäßig Zeugen von rassistisch motivierter Gewalt und Hasskriminalität. Vor allem vor dem Hintergrund des Gedenkjahres und über 70 Jahre nach dem Völkermord an Roma/Romnja und Sinti/Sintize wollen wir vor rassistischen Anschlägen und Hasskriminalität mahnen – und dem Potential dieser Gewalt die dazu führen könnte, dass sich die Geschichte wiederholt. Es ist erschreckend, dass Roma und Romnja in immer mehr europäischen Ländern nicht vor offener Hetze sicher sind und Menschen aus unserer Minderheit durch rassistische Attacken ihr Leben lassen müssen. Auch die Polizei und örtliche Behörden gehen der Hasskriminalität oftmals nicht nach und kümmern sich nicht angemessen um die rechtliche Verfolgung der Täter. In manchen Fällen sind Uniformierte sogar Zeugen oder Mittäter und greifen nicht zum Schutz der Betroffenen ein.

Hasskrimininalität gegen Roma und Romnja wird in vielen Fällen nicht zur Anzeige gebracht oder von den Behörden nicht als rassistisch motivierter Gewaltakt registriert. Im Jahre 2016 haben beispielsweise nur fünf der 57 OSZE-Staaten über Fälle von Hasskriminalität gegen Roma berichtet, was im großen Gegensatz zu den Erfahrungen der Zivilgesellschaft steht. Und nur wenige Vorfälle von Mob-Gewalt gegen Roma und Romnja erhalten internationale oder mediale Aufmerksamkeit.

Sind wir Roma nach hunderten von Jahren etwa wieder vogelfrei?


Linz, Österreich, Februar – März 2016:
innerhalb von zwei Wochen werden die Zelte obdachloser, armutsbetroffener rumänischer StaatsbürgerInnen in Brand gesteckt. Ca. 50 Personen, darunter auch Kinder sind vom Brandanschlag betroffen. Die Täter konnten nicht ausgeforscht werden.

Loshchynivka, Ukraine, August 2016:
Nachdem ein 21-jähriger Rom mit dem Verdacht des Mordes an einem neunjährigen Mädchen verhaftet wurde, versammelte sich ein Mob von 300 Personen vor Wohnhäusern von Roma-Familien in der Ortschaft. Die Roma waren geflüchtet, die Lichter brannten noch in den Häusern, als der wütende Pöbel die Fenster mit Steinen und Brandflaschen einschlug. Erschreckend ist, dass uniformierte Polizisten anstatt den Flüchtenden Hilfe zu leisten, dabei zusahen, wie die Tat verübt wurde. Viktor Paskalov, Bürgermeister der Ortschaft im Bezirk Odessa, traf sich am folgenden Tag mit 200 Bürgern, die die Aussiedlung aller dort lebenden Roma und Romnja forderten.

Gheorgheni, Rumänien, März 2017:
Nachdem Menschen aus der Zivilbevölkerung die Namen zweier minderjähriger Roma veröffentlicht hatten, die mutmaßlich an einem Diebstahl mitgewirkt haben sollen, wurden die Häuser mehrerer Roma-Familien in einem Vorort der rumänischen Stadt Gheorgheni im Bezirk Harghita in Brand gesetzt. Die Polizei hatte die Identität der mutmaßlichen Diebe nicht verifiziert, trotzdem wurde die gesamte Minderheit pauschal für vermeintlich kriminelle Handlungen Einzelner verantwortlich gemacht und Selbstjustiz seitens rechtsextremer Gruppierungen verübt. Augenzeugen zufolge hätten die Täter antiziganistische Parolen geschrien, die Roma und Romnja zunächst aus fünf Gebäuden herausgezerrt und verprügelt, bevor sie ihre Wohnhäuser in Brand steckten. Bürgermeister Zoltán Nagy reagierte mit den Worten, er würde die „unerfreuliche Tat bedauern“ und bezeichnete den Diebstahl als letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hätte. Die Brandlegung sei eine Folge der Diebstähle und der Bettelei von Roma in der Region gewesen.

Menidi, Griechenland, Juni 2017: Der tragische Tod eines 11-jährigen Jungen, der Medienberichten zufolge einem Irrläufer aus der Waffe eines Rom zu verschulden sei, war der Auslöser für einen dreitägigen Aufmarsch gegen Roma in einer Vorstadt von Athen. Im Tumult wurden Brandbomben in Häuser von Roma-Familien geworfen, die pauschal für die Tat verantwortlich gemacht wurden. Die Polizei reagierte mit Tränengas, um den Mob zurückzudrängen. Bereits in den Jahren zuvor waren Roma Opfer von solchen Attacken gewesen, allerdings nie in unmittelbarer Nähe der Hauptstadt Athen. Auf einem Video kann man beobachten, wie die rechtsextremen Gruppierungen beim Aufmarschieren Parolen wie „Zigeuner! Schweine! Mörder!“ riefen.

Ein Europa der Grundrechte?

Rassistische Attacken, Hasskriminalität und Brandanschläge wie diese haben in einem Europa des 21. Jahrhunderts nichts zu suchen. Das European Roma Rights Center, Roma Organisationen in ganz Europa und auch Romano Centro, verurteilen diese Vorfälle aufs schärfste und rufen die zuständigen Behörden dazu auf, gegen rassistisch motivierte Gewalt entsprechend vorzugehen.

Die jüngste Erhebung der EU-Grundrechteagentur zu Minderheiten und Diskriminierung in der Europäischen Union ergab, dass Diskriminierung, Intoleranz und Hass in der gesamten EU nach wie vor weit verbreitet sind. Dies betrifft unterschiedliche ethnische und religiöse Minderheiten und Personen mit Migrationshintergrund. Von den Befragten waren 38 % in den vergangenen fünf Jahren Opfer von Diskriminierung. Zu den am stärksten betroffenen Personengruppen zählen NordafrikanerInnen (45 %), Roma und Romnja (41 %) und AfrikanerInnen aus Ländern südlich der Sahara (39 %). Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit zur Solidarität und für gemeinsames Handeln gegen Instrumentalisierung tradierter Vorurteilsmuster die Nährboden für weiteren Hass und rassistisch motivierte Gewalt sein kann (http://fra.europa.eu/en/publication/2017/eumidis-ii-main-results).

Kriminalität muss bekämpft werden, egal welcher ethnischen oder religiösen Gruppe eine Person angehört. Dass unsere Minderheit für die Taten Einzelner pauschal verantwortlich gemacht und durch Selbstjustiz zur Rechenschaft gezogen wird, ist schier falsch. Die ungebrochene Stereotypisierung von Roma und Romnja als Kriminelle, ist folgenschwer. Pogrome wie jene von Loshchynivka, Menidi und Gheorgheni dürfen nicht geduldet werden. Wir müssen jetzt handeln, bevor Europa wieder in Flammen aufgeht.

http://www.romano-centro.org/

Quelle: Zentralrat deutscher Sinti und Roma
Stand: 30.04.2018

Nationalisten brennen linkes Hausprojekt nieder

In Thessaloniki greifen Neonazis linke und antinationale Projekte an

Hunderttausende beteiligten sich am Sonntag an einer Großkundgebung im nordgriechischen Thessaloniki, die sich gegen die Nutzung des Wortes Mazedonien durch die benachbarte ehemalige jugoslawische Teilrepublik richtete. Die nördliche Region Griechenlands trägt ebenfalls den Namen Mazedonien. Am Rande der patriotischen Versammlung fanden faschistisch motivierte Angriffe auf zwei besetzte Häuser statt. Vermummte verübten einen Brandanschlag auf die anarchistische Besetzung »Libertatia«. Wie Videos zeigen, schritt die anwesende Polizei nicht ein. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude brannte völlig aus.

Am Freitag hatte Griechenland mit der »Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien« (»Former Yugoslav Republic of Macedonia«, FYROM) in New York erneut Verhandlungen im Namensstreit begonnen. Kritiker wie die rechte Politikerin Maria Kollias-Tsaroucha (ANEL) werfen FYROM vor, eine falsche Nationalidentität zu schaffen. Unter dem Motto »Mazedonien ist griechisch« versammelten sich am Nachmittag nach Schätzungen der Polizei etwa 90 000 Menschen aus ganz Griechenland an der Hafenpromenade in der Nähe des Weißen Turms. Gegner der nationalistischen Kundgebung hatten das Wahrzeichen in der Nacht zum Sonntag mit Parolen wie »Eingeschlafen als Patriot, aufgewacht als Faschist« besprüht. Außerdem organisierten anarchistische Gruppen eine Gegendemonstration, an der sich etwa 300 Personen beteiligten.

Die griechisch-orthodoxe Kirche, die viele der rund 400 angereisten Busse organisiert hatte, veranstaltete vor der Kundgebung einen Gottesdienst. Neben Vertretern der konservativen Opposition Nea Dimokratia und dem Koalitionspartner von Tsipras, der rechtspopulistischen ANEL, beteiligte sich ein großer Block mit ultrarechter Prominenz wie der ehemalige Generalstabschef der Griechischen Armee Frangos Frangoulis, der in einer Rede die Nachbarn als »Zigeuner von Skopje« ansprach. Starke Präsenz zeigte die neonazistische Partei Chrysi Avgi, die seit 2012 im Parlament vertreten ist, mit ihrem Parteisprecher Ilias Kasidiaris. Im Verlauf der Demonstration wurde am Sonntag Mittag das Denkmal der ermordeten Juden Thessalonikis am Platz der Freiheit (Platia Elefteria) mit »Chrysi Avgi« beschmiert.

Die parallel stattfindenden Angriffe auf zwei der nunmehr fünf besetzten Sozialen Zentren ist ein herber Schlag gegen die linke Infrastruktur der Stadt. Kurz vor dem Start der Kundgebung warfen Vermummte vor den Augen der untätigen MAT-Beamten – Spezialeinheit, die bei Demos zum Einsatz kommt – Steine gegen das »Soziale Zentrum Scholio« (Schule). Doch die im Gebäude Anwesenden konnten den Angriff erfolgreich abwehren. Wenig später wurde auch eine kleine Gegenkundgebung von etwa 150 Rechten angegriffen. Diesmal setzte die Polizei Tränengas ein, um ein Aufeinandertreffen der Gruppen zu verhindern.

Quelle: neues Deutschland
Stand: 06.02.2018

Amnesty: Diskriminierung wird hingenommen

Amnesty International hat die zunehmenden Angriffe auf Roma kritisiert. Es handele sich um eine systematische Diskriminierung, die oft „stillschweigend“ hingenommen werde. Einige EU-Staaten würden sich mitschuldig machen.

Amnesty International hat die EU-Staaten aufgefordert, entschlossen gegen „zunehmende rassistische Angriffe“ auf Roma vorzugehen. Die systematische Diskriminierung von Roma werde vielerorts „stillschweigend“ hingenommen, kritisierte die Generalsekretärin der deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation, Selmin Caliskan, anlässlich des Internationalen Roma-Tages am Dienstag. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), erklärte, die Lage der Sinti und Roma gebe Anlass „zu großer Sorge“.

„Es ist völlig inakzeptabel, dass an manchen Orten in Europa Roma in ständiger Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen oder Anschlägen leben müssen“, erklärte Caliskan. Gewalttäter würden „ermutigt von der passiven Haltung der Regierungen, die eine systematische Diskriminierung von Roma stillschweigend hinnehmen“.

Äußerungen von Politikern, wonach die größte europäische Minderheit für ihre Ausgrenzung selbst verantwortlich sei, nannte Caliskan „eine Verdrehung der Tatsachen“. Vielmehr lasse sich die Situation vieler Roma auf jahrelange Missachtung ihrer Rechte zurückführen. Die EU-Kommission müsse notfalls Vertragsverletzungsverfahren gegen jene Mitgliedstaaten einleiten, die die Anti-Rassismus-Richtlinie „nicht oder nur halbherzig“ umsetzten.

Gewalttätige Polizisten

Als Negativbeispiele führte Caliskan Griechenland, Tschechien und Frankreich an. Dort greife die Polizei bei gewalttätigen Angriffen auf Roma häufig nicht ein und ermittele nicht ernsthaft gegen die Täter. In manchen Staaten wie Griechenland seien es gar die Polizisten selbst, die „mit exzessiver und rassistischer Gewalt gegen Roma vorgehen“.

Die Menschenrechtsorganisation prangert zudem seit langem an, dass viele der schätzungsweise zehn bis zwölf Millionen Roma in Europa systematisch diskriminiert würden, etwa beim Zugang zu Schulen oder dem Recht auf angemessenes Wohnen.

„Die Folgen gesellschaftlicher und sozialer Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung sind dramatisch“, erklärte SPD-Politiker Strässer. Die soziale Benachteiligung sei „umfassend“ und führe zu „verminderten Chancen auf einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Arbeit, medizinischer Versorgung und Wohnraum“.

Es sei „unsere gemeinsame Pflicht, der systematischen Ausgrenzung der Roma in vielen Gesellschaften entschlossen entgegenzutreten“. Die Europäische Union werde ihren eigenen Wertemaßstäben nicht gerecht, solange EU-Bürger ohne Perspektive von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen lebten. „Dies zu ändern, ist eine gemeinsame Verantwortlichkeit der europäischen Institutionen, aber auch der Mitgliedstaaten“, erklärte der Menschenrechtsbeauftragte.

Quelle: Frankfurter Allgemeine
Stand: 08.04.2014

Der Fall des Roma-Mädchens Maria: Wenn Vorurteile neu erblühen

Die Geschichte der blonden Maria zeigt, wie tief die Ressentiments gegen Roma in Europa sitzen. Nun wehren sich die Vertreter der Minderheit in Deutschland. Ihr Vorwurf: Polizei und Öffentlichkeit haben es sich zu einfach gemacht – und sind einer alten Geschichte aufgesessen.

Ein Paar mit Kind spaziert durch eine europäische Fußgängerzone. Das Kind ist dunkelhäutig, die Eltern weiß. Besorgnis erregend? Eigentlich nicht. Wahrscheinlich ist das Kind adoptiert. Oder ein Elternteil hat es aus einer früheren Partnerschaft mitgebracht. Kein Polizist würde wohl auf die Idee kommen, die Familie zu filzen. Oder in Richtung Kindesentführung zu ermitteln. Genau das ist aber mehreren Familien in den vergangenen Wochen passiert – nur, dass es andersherum war: Die Eltern waren dunkel, das Kind blond und hellhäutig.

Die Geschichte beginnt Mitte Oktober in einer Roma-Siedlung im griechischen Farsala. Bei einer Hausdurchsuchung entdecken Polizisten ein etwa fünfjähriges Mädchen, das im Gegensatz zu den anderen Familienmitgliedern hellblondes Haar und grüne Augen hat. Die Polizisten nehmen das Mädchen mit. Die Begründung: Das Kind könne aufgrund seines Aussehens nicht zu den Eltern gehören. Es müsse durch Raub oder Entführung in die Familie gekommen sein. Eine andere Möglichkeit fällt den Beamten nicht ein. Sie übergeben das Kind, das Maria heißt, einer Athener Kinderhilfsorganisation. Continue reading Der Fall des Roma-Mädchens Maria: Wenn Vorurteile neu erblühen

Zu blond für ein Romakind?

Eine neue Hetzkampagne gegen Roma in verschiedenen europäischen Ländern macht deutlich, wie schnell gegen eine gesellschaftliche Minderheit eine Hetzkampagne losgetreten werden kann

Der Anlass war eine Razzia in einem griechischen Roma-Lager, bei der der Polizei ein blondes Mädchen auffiel. Weil es nach dem Äußeren nicht zum Bild eines Romakindes passte, wurde es von der Polizei einem Heim übergeben. Nachdem ein DNA-Test deutlich gemacht hatte, dass die Romafamilie, bei der das Kind aufwuchs, nicht die Eltern des Mädchens waren, begannen wilde Spekulationen, die Roma hätten das Kind entführt.

Die Bildzeitung machte vor einigen Tagen mit der Schlagzeile auf: „Polizei rettet Mädchen vor Gypsi-Bande“. Differenzierter las sich ein Bericht über die Angelegenheit im Spiegel. Nicht nur in der Überschrift wurde von einer mutmaßlichen Entführung gesprochen. Im Text kam auch die Anwältin der Romafamilie zu Wort:

„Die Anwältin des Paares, Marietta Palavra, erklärte, die Familie habe das Kind aus einem Heim zu sich geholt, als es erst wenige Tage alt war. Dort sei es von einem ausländischen Fremden abgegeben worden, der gesagt haben soll, dass er den Säugling nicht weiterversorgen könne. Nur weil die verdächtige Frau falsche Papiere vorgelegt hätte, mache sie das noch nicht zu einer Kidnapperin, sagte Palavra. „Das Paar hat das Mädchen geliebt, als sei es sein eigenes Kind.“ Das Mädchen war in Athen registriert; die angeblichen Eltern hatten von den Behörden in der griechischen Hauptstadt eine Geburtsurkunde für das Kind erhalten.“ Die griechische Polizei wies auf unklare Angaben des Paares hin. Continue reading Zu blond für ein Romakind?

Roma-Mädchen: Griechisches Paar will Maria zurückhaben

Sie fordern ihre Freiheit – und Maria. Das griechische Roma-Paar will das blonde Kind zurückhaben, das bei ihnen entdeckt wurde. Derzeit sind die Zieheltern in Untersuchungshaft, die leibliche Mutter lebt in Bulgarien. Sie plante laut eigener Aussage, ihre Tochter eines Tages zurückzuholen.

Die Zieheltern in Untersuchungshaft, die leibliche Mutter in Bulgarien, das Kind bei einer griechischen Wohltätigkeitsorganisation: Nachdem die Herkunft der kleinen Maria geklärt ist, geht der Konflikt darüber los, wo das Kind in Zukunft leben soll. Das Roma-Paar, bei dem das blonde Mädchen in der vergangenen Woche entdeckt wurde, will Maria zurückhaben. Sie wollten das Kind wiederhaben, „weil sie diejenigen sind, die es aufgezogen haben, und sie es lieben“, sagte die Anwältin Marietta Palavra am Samstag.

Dem 39-Jährigen und der 40-Jährigen, in deren Obhut sich das Mädchen befand, wird Kindesentführung vorgeworfen. Sie sitzen derzeit in Untersuchungshaft. „Meine Mandaten werden Beschwerde gegen ihre Festnahme einlegen“, kündigte die Anwältin an.

Maria war in der vergangenen Woche in einer Roma-Siedlung in Griechenland gefunden worden. Das Mädchen fiel den Polizisten bei einer Kontrolle auf, da es mit heller Haut und blonden Haaren seinen angeblichen Eltern überhaupt nicht ähnlich sah. Der Mann und die Frau hatten in getrennten Vernehmungen vor einem Untersuchungsrichter angegeben, das Kind von einer bulgarischen Frau übernommen zu haben. „Es war eine nicht ganz legale Adoption, aber sie fand mit der Einwilligung der Mutter statt“, hatte ein Verteidiger gesagt.

Am Freitag ermittelten bulgarische Behörden schließlich die leibliche Mutter des Mädchens: DNA-Tests hätten bestätigt, dass die Roma-Frau Sascha R. das Kind zur Welt gebracht habe, teilte das Innenministerium in Sofia mit. R. und ihr Mann waren bereits am Donnerstag von der bulgarischen Polizei befragt worden. Die Frau soll in der Befragung angegeben haben, ihre sieben Monate alte Tochter vor einigen Jahren in Griechenland zurückgelassen zu haben. Nach eigenen Angaben handelte sie aus schierer Not und mangels gültiger Papiere – eines Tages wollte sie ihr Kind zurückholen, sagte die 35-Jährige. Die Frau hatte mit ihrem Partner vor Jahren als Olivenpflückerin in Griechenland gearbeitet.

Auch die falschen Eltern hätten R. als die Frau erkannt, die ihnen das Kind überlassen habe, sagte deren Anwältin. Sowohl die leiblichen Eltern als auch die Zieheltern beteuern, für das Kind sei kein Geld geflossen. Die griechischen Behörden müssen nun entscheiden, ob Maria nach Bulgarien geschickt wird, zu dem griechischen Roma-Paar zurückkehrt oder zur Adoption freigegeben wird.

Quelle: Spiegel Online
Stand: 26.10.2013

Roma fears heighten after child abduction reports

Reports of child abductions by Roma in Greece and Ireland is causing anxiety about a vigilante backlash against Europe’s most discriminated minority.

Dezideriu Gergely, executive director of the Budapest-based European Roma Rights Centre, told this website on Friday (25 October) that a far-right group in Serbia tried to take the law into its own hands in the past few days.

“During the weekend, there was an attempt by skinheads in Serbia to enter into a Roma community and take a child which had whiter skin than the family,” he said. The Roma couple did not hand over the child, despite the threats. Gergely pointed out that some couples have mixed families with children of differing skin colours and complexions.

The Serb case is said to stem from negative media reports after a couple in Greece allegedly abducted a girl thought to be between the age of five or six. Greek police on Monday had the couple arrested after DNA checks confirmed the child was not their biological daughter. The girl’s biological mother is Bulgarian. The mother said she gave the jailed couple the child because of poverty, reports BBC.

Authorities in Ireland this week removed two blond children from two different families with darker skin complexions. A two-year old boy and a seven-year old girl were later returned after DNA checks confirmed their biological links with the distraught parents. “There is a fear and anxiety whether the police will come, whether the state authorities will come, and check anyone and look at their children,” said Gergely of the two cases in Ireland. Alan Shatter, Ireland’s minister of interior, on Thursday said Gardai, Ireland’s organised crime unit group, and Ireland’s Health Service, would be investigated for their conduct after taking the children.

He said a report would be due out within two weeks time. Shatter told RTE’s Morning Ireland the case in Greece might have influenced the Irish authorities to take the children because their skin colour is lighter than their parents. Dublin-based Roma-rights group Pavee Point has requested an independent inquiry. “We are concerned that these type of incidents will fuel racism against Roma,” said the NGO on their website. Pavee Point has questioned the motives of the authorities.

But in Italy, the far-right Northern League party has also jumped on the anti-Roma bandwagon. Italian media report that MP Gianluca Buonanno, a Northern League politician, submitted a request to the Italian ministry of interior to verify the identities of children in all local Roma communities. “In many instances, we have reminded politicians not to scapegoat a population because extremists will see it as a green light,” said a contact at the human rights watchdog, the Council of Europe in Strasbourg. Last week, the Il Mattino newspaper, reported that a baby in the arms of a Roma woman in Naples suffered injuries from an apparent acid attack.

Source: EU Observer
Date: 25.10.2013

Griechisches Roma-Paar will kleine Maria zurückhaben

Nach der Klärung der Herkunft des in Griechenland entdeckten blonden Mädchens Maria wollen die Zieheltern das Kind zurückhaben.

Sie wollten das Kind wiederhaben, „weil sie diejenigen sind, die es aufgezogen haben, und sie es lieben“, sagte die Anwältin Marietta Palavra. Das Roma-Paar, das unter dem Verdacht der Kindesentführung in Untersuchungshaft sitzt, verlange zudem seine Freilassung. „Meine Mandaten werden Beschwerde gegen ihre Festnahme einlegen“, kündigte die Anwältin an.

Die griechische Polizei hatte das kleine blonde Mädchen vergangenen Woche in einem Roma-Lager entdeckt. Das Mädchen fiel den Beamten bei einer Kontrolle auf, da es mit seiner hellen Haut und blonden Haaren seinen angeblichen Eltern überhaupt nicht ähnlich sah. Am Freitag ermittelten die bulgarischen Behörden die leiblichen Eltern des Mädchens. DNA-Tests hätten bestätigt, dass die Roma-Frau Sascha Rusewa das Kind zur Welt gebracht habe, teilte das Innenministerium in Sofia mit.

Rusewa und ihr Mann Atanas Rusew waren bereits am Donnerstag von der bulgarischen Polizei befragt worden. Rusewa soll in der Befragung angegeben haben, ihre sieben Monate alte Tochter vor einigen Jahren in Griechenland zurückgelassen zu haben. Nach eigenen Angaben handelte sie aus schierer Not und mangels gültiger Papiere und wollte ihr Kind eines Tages zurückholen.

Auch die falschen Eltern hätten „von Anfang an“ angegeben, das Kind von einer Bulgarin übernommen zu haben, sagte ihre Anwältin. Sie hätten Rusewa als die Frau erkannt, die ihnen das Kind überlassen habe. Sowohl die richtigen als auch die falschen Eltern beteuern, für das Kind sei kein Geld geflossen. Die griechischen Behörden müssen nun entscheiden, ob Maria nach Bulgarien geschickt wird, zu dem griechischen Roma-Paar zurückkehrt oder zur Adoption freigegeben wird.

Quelle: Gmx
Stand: 26.10.2013

Blonde Roma-Kinder: Schema King Kong

In Griechenland sollen Roma ein blondes Mädchen entführt haben. In Irland gibt es einen ähnlichen Fall. Wer hier nach Mustern sucht, wird woanders fündig.

Geschichten von kinderraubenden Zigeunern kursieren seit Jahrhunderten „Mehrere Schriftsteller“, schrieb Heinrich Grellmann, „reden von Menschenraub der Zigeuner und beschuldigen sie, dass sie besonders Kindern nachstellen.“

Glauben mochte der deutsche Aufklärer die beliebte Story schon anno 1783 nicht mehr. „Die Wahrheit jener Beschuldigung“, meinte er, werde schon „durch den Umstand äußerst verdächtig, dass lange zuvor, ehe noch ein Zigeuner europäischen Boden betreten hatte, die Juden damit verschrien wurden.“

Ob Zigeuner wirklich Kinder stehlen, konnte der Kulturhistoriker Grellmann nicht recherchieren. Er verfügte aber über genügend aufgeklärte Skepsis, um die Rede vom Kinderraub einem Plausibilitätstest zu unterwerfen. Wenn ein altes Märchen von den Juden nach seiner Entmystifizierung so mir nichts, dir nichts auf eine andere Gruppe übertragen wurde, konnte etwas nicht stimmen.

230 Jahre später schaffte es die Geschichte von der blonden kleinen Maria in einer griechischen Roma-Siedlung zur elektrisierenden Top-Meldung – ganz ohne Plausibilitätstest.

Skinheads auf der Suche nach dem blonden Kind

Binnen Tagen entdeckte die Polizei ein zweites blondes Mädchen im Kreise der dunklen Gestalten, diesmal in Irland. In Serbien waren es nicht Polizisten, sondern Skinheads, die sich auf die Suche nach kleinen weißen Frauen in den Händen eines King Kong machten.

Eine Gruppe in Novi Sad versuchte, einem Roma-Vater seinen allzu hellhäutigen zweijährigen Sohn abzunehmen. Dass ein Angehöriger der Roma-Volksgruppe auf dem Balkan ein blondes Kind stiehlt, lässt sich nicht ausschließen; möglich ist schließlich alles unter der Sonne. Dass es aber „viele Marias“ gibt, wie man in der Bild lesen konnte, ist ausgeschlossen.

Die Eltern der in Portugal verschwundenen Madeleine McCann, erfuhr man, schöpften nach der Nachricht von der kleinen Maria gleich wieder Hoffnung. Das Detail hätte uns daran erinnern können, dass mittel- und westeuropäische Kinder nicht einfach so verschwinden. Gäbe es irgendwo einen Ring von kinderraubenden Roma, so wäre wenigstens die Geschichte der Opfer bekannt.

Der „schwarze Mann“ kommt

Weder die irische noch die griechische Geschichte bietet nur einen Schatten eines Motivs. Ein Muster von tatsächlichem Kinderraub durch Roma gibt es nicht. Ein solches Schema ist nicht dokumentiert, auch nicht historisch. Was es aber gibt, ist ein Muster von Geschichten. Dass demnächst der „schwarze Mann“ kommt und einen mitnimmt, ist fester Bestandteil der Gruselpädagogik nicht nur auf dem Balkan.

Ein Muster, und das nicht nur unter Roma, sind in Armen- und Elendsvierteln auf dem Balkan allerdings informelle Pflegeverhältnisse. Mütter, die nach Westen ziehen, lassen ihre Kinder nicht selten bei Verwandten oder Bekannten. Dass „die Papiere nicht in Ordnung“ sind, wie im griechischen und im irischen Fall, ist in solchen Quartieren eher die Regel und begründet noch keinen Verdacht.

Zum Amt geht man, wenn man etwas will, nicht um einer ominösen guten Ordnung willen, an die in diesen Vierteln niemand glaubt.

Muster gesucht, Polizei gefunden

Blonde Haare und blaue Augen sind unter Roma auf dem Balkan keine Seltenheit. Eine bevölkerungsgenetische Untersuchung der Forscherin Luba Kalydijewa an einer Roma-Population in Bulgarien hat ergeben, dass rund die Hälfte ihrer Vorfahren sich vom Erbgut her von der übrigen bulgarischen Bevölkerung nicht unterscheidet.

Wenn man nach Mustern sucht, wird man eher bei der griechischen und der irischen Polizei fündig als bei den Roma. Bei einer vergleichenden Untersuchung der Europäischen Union in allen Mitgliedsstaaten gaben 56 Prozent der befragten Roma in Griechenland an, innerhalb des letzten Jahres von der Polizei kontrolliert worden zu sein. Das sind die höchsten Werte für irgendeine Minderheitengruppe in der gesamten Union. An zweiter Stelle folgen Afrikaner in Irland.

Quelle: taz.de
Stand: 24.10.2013

Die Mär von den Roma-Clans

Roma verkaufen ihre Kinder und verdingen sich in kriminellen Bettler-Clans: Der Fall Maria lässt Ressentiments aufleben, doch die Wahrheit sieht anders aus.

Der Fall der kleinen Maria, die in Griechenland bei einer Roma-Familie lebte, zu der sie nachweislich nicht gehörte, rief einige Empörung hervor. Nun wurden die Eltern Marias ermittelt – sie sind verarmte Roma aus Bulgarien. Die leibliche Mutter soll Maria in einer Notsituation an das griechische Paar verkauft haben.

Der Fall des blonden Mädchens trifft den Nerv der Ressentiments gegenüber Roma: dass sie die eigenen Kinder derart ausnutzen und für wenig Geld weggeben oder sogar anderen abnehmen. Dieses Vorurteil führte in dieser Woche zu einer fatalen Polizeiaktion: In Irland hat die Polizei zwei Roma-Familien ihren hellhäutigen Nachwuchs wegen des Verdachts auf Kindesentführung weggenommen. Doch schon bald stellte sich heraus, dass die hellhäutigen Kinder sehr wohl zu den Familien gehören.

Auch bei den Bettlern in deutschen Fußgängerzonen gibt es immer wieder den Verdacht, dass es sich um spezifische Roma-Kriminalität handelt. Frauen und Kinder würden von Hintermännern der eigenen Volksgruppe ausgebeutet, heißt es. Gerüchten zufolge machen mächtige Clans im Hintergrund gute Geschäfte mit Bettelbanden, die gezielt in den europäischen Norden geschleust werden. Das ist ein Fall von organisierter Kriminalität, bei der die Schwächsten der Gruppe brutal ausgenutzt werden. Continue reading Die Mär von den Roma-Clans