Verdrängter Terror

Vor zehn Jahren begingen ungarische Neonazis mehrere Morde an Roma. Bis heute sind die Hintergründe nicht aufgeklärt

Laszlo Bango konnte sich nicht erklären, warum die Männer auf sein Haus geschossen hatten. Warum der Anschlag ausgerechnet seiner Familie galt. »Ich lebe anständig, gehe nicht stehlen«, gab er als Zeuge vor Gericht an, seine Frau und auch er hätten zu jener Zeit beide gearbeitet. Als hätte er das, was in der Nacht zum 21. Juli 2008 geschah, eher verstanden, wenn er damals ohne Arbeit gewesen wäre.

Vor zehn Jahren begannen in dieser Nacht in dem Dorf Galgagyörk, 50 Kilometer nördlich von Budapest, ungarische Neonazis eine Anschlagserie auf Roma-Familien. Ihr Ziel war, wie es in der später von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Anklageschrift heißt, »eine Privatarmee aufzustellen und einen Bürgerkrieg zu entfesseln« – und doch wurden sie nicht für Terrorismus verurteilt, sondern für Mord aus niederen Beweggründen. Insgesamt verübten sie über einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr neun Anschläge auf Roma, sechs Menschen starben, darunter ein fünfjähriges Kind. Sie schossen 78mal, warfen elf Molotowcocktails und gefährdeten das Leben von 55 Menschen. Am 21. August 2009 wurden die Verdächtigen Arpad Kiss, Istvan Kiss, Zsolt Petö und Istvan Csontos verhaftet, am 6. August 2013 drei der vier Angeklagten in erster Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt, der vierte erhielt 13 Jahre. Fast acht Jahre nach dem ersten Anschlag wurden die Urteile am 12. Januar 2016 rechtskräftig.

Wie auch im Fall des deutschen »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) sind bis heute viele Fragen offen geblieben. Die Fragen ähneln sich, und kaum jemand stellt sie mehr. Woher hatten die Mörder Geld erhalten? Wie groß war ihr Netzwerk? Wer waren ihre Unterstützer? Was wussten die staatlichen Behörden, der ungarische Verfassungsschutz? Was der Militärgeheimdienst? Wie konnte es zu den unzähligen Fehlern bei den Polizeiermittlungen und im Prozess kommen?

»Die individuelle oder gesellschaftliche Aufarbeitung hat nicht stattgefunden«, sagt Jenö Setet im Gespräch mit junge Welt. Setet ist Rom und Aktivist, sein Verein »Idetartozunk« (»Wir gehören hierher«) kämpft unter anderem auch dagegen an, dass die rassistischen Morde in Vergessenheit geraten. Den damals 36jährigen haben die Angriffe auf die Roma vor zehn Jahren stark geprägt. »Die Zeit der Morde war die schlimmste Zeit meines Erwachsenenlebens. Es hat auch früher Diskriminierung und Ablehnung gegeben, von den staatlichen Behörden beispielsweise. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn Jagd auf einen gemacht wird, man nicht in Sicherheit ist, wenn man allein wegen seiner ethnischen Herkunft zur Zielscheibe wird.« Continue reading Verdrängter Terror

Italien: Region Lombardei startet mit Roma-Zählung

„Lega“-Innenminister Salvini hatte sich für „Zählung“ ausgesprochen. Illegale Siedlungen sollen abgerissen werden.

Das Parlament der norditalienischen Lombardei hat Grünes Licht für den Start einer Zählung der in der Region lebenden Roma und Sinti grünes Licht gegeben. Damit wurde der Regionalausschuss beauftragt, die legalen Roma-Siedlungen zu kontrollieren, berichteten italienische Medien. Die illegalen Siedlungen sollen geschlossen werden.

Sozialdemokraten: „Rassistisch“

„Nur mit einer genauen Erfassung der Roma- und Sinti-Siedlungen in der Lombardei können wir Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Zustände ergreifen und ein gutes Zusammenleben fördern“, sagte das für die Sicherheit zuständige Mitglied des Regionalausschusses Riccardo De Corato. Die Region Lombardei steht unter der Führung der rechten Lega. Die sozialdemokratische PD bezeichnete die geplante Zählung als „rassistisch und demagogisch“.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini hatte sich bereits vor zwei Wochen für eine Zählung von Angehörigen der Roma-Minderheit ausgesprochen, was in Italien für Aufregung gesorgt hatte. Salvini meinte, die Erhebung ermögliche die Ausweisung von Ausländern ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Roma mit italienischer Staatsangehörigkeit müsse das Land „leider behalten“, fügte er hinzu.

Der Chef des Koalitionspartners Fünf Sterne, Luigi Di Maio, betonte daraufhin, jeglicher Zensus eines Bevölkerungsteils auf Basis der ethnischen Zugehörigkeit verstoße gegen die Verfassung. Salvini präzisierte schließlich, eine behördliche Erfassung der in Italien lebenden Roma oder eine Registrierung von Fingerabdrücken sei nicht geplant. Ihm gehe es lediglich darum, ein Bild von der Lage in den Roma-Lagern zu gewinnen.

Quelle: Kurier.at
Stand: 15.07.2018

Italien startet umstrittene Roma-Zählung

Das Parlament der norditalienischen Lombardei hat Grünes Licht für den Start einer Zählung der in der Region lebenden Roma und Sinti grünes Licht gegeben. Damit wurde der Regionalausschuss beauftragt, die legalen Roma-Siedlungen zu kontrollieren, berichteten italienische Medien. Die illegalen Siedlungen sollen geschlossen werden.

„Nur mit einer genauen Erfassung der Roma- und Sinti-Siedlungen in der Lombardei können wir Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Zustände ergreifen und ein gutes Zusammenleben fördern“, sagte das für die Sicherheit zuständige Mitglied des Regionalausschusses Riccardo De Corato. Die Region Lombardei steht unter der Führung der rechten Lega. Die sozialdemokratische PD bezeichnete die geplante Zählung als „rassistisch und demagogisch“.

Salvini: Erhebung ermöglicht Ausweisung

Der italienische Innenminister Matteo Salvini hatte sich bereits vor zwei Wochen für eine Zählung von Angehörigen der Roma-Minderheit ausgesprochen, was in Italien für Aufregung gesorgt hatte. Salvini meinte, die Erhebung ermögliche die Ausweisung von Ausländern ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Roma mit italienischer Staatsangehörigkeit müsse das Land „leider behalten“, fügte er hinzu.

Der Chef des Koalitionspartners Fünf Sterne, Luigi Di Maio, betonte daraufhin, jeglicher Zensus eines Bevölkerungsteils auf Basis der ethnischen Zugehörigkeit verstoße gegen die Verfassung. Salvini präzisierte schließlich, eine behördliche Erfassung der in Italien lebenden Roma oder eine Registrierung von Fingerabdrücken sei nicht geplant. Ihm gehe es lediglich darum, ein Bild von der Lage in den Roma-Lagern zu gewinnen.

Quelle: Wiener Zeitung
Stand: 08.07.2018

Romany Woman ‚Found With Throat Slashed‘ In Ukraine

Media reports in western Ukraine’s Zakarpattya region say that a 30-year Romany woman was killed in the city of Berehove amid tensions over a series of attacks on Romany community members. The reports quote members of the local Romany community as saying that unidentified attackers slashed the woman’s throat. Ukraine’s National Police said in a statement on July 2 that a woman „with injuries to her throat“ was found on a street in Berehove and that medical personnel were unable to save her life. It did not name the victim or include any information about her ethnicity. Police said they are treating the woman’s death as a „premeditated murder“ but so far have found no evidence that it was a hate crime. „At this point“ police have found nothing to suggest a motive involving „racial or any other type of discrimination,“ the statement said. The woman’s death occurred eight days after police arrested seven people in an adjacent region of Lviv in connection with a deadly June 23 attack on a Romany camp. Police said at the time that a 24-year-old Romany man was killed in the attack in a forest near the city of Lviv, which was carried out by a group of masked men. According to police, four other people were hospitalized with knife wounds as a result of the attack — including a 10-year-old boy, two 19-year-old men, and a 30-year-old woman. That violence was the fifth attack on a Romany camp in western Ukraine in the past two months. In a joint letter to Kyiv authorities on June 14, four groups including Human Rights Watch and Amnesty International condemned what they said was a growing number of attacks by radicals in Ukraine. Ukrainian authorities have „failed“ to respond to most incidents, leading to „an atmosphere of near total impunity that cannot but embolden these groups to commit more attacks,“ the groups said. The letter said that several neo-Nazi and far-right ultranationalist groups, including C14 and Right Sector, were behind at least two dozen attacks or harassment cases against Roma across Ukraine so far during 2018. The Council of Europe rights group estimates there are some 260,000 Roma in Ukraine, whose population is about 48.5 million.

Source: Radio Free Europe/Radio Liberty
Date: 05.07.2018

In Gedenken an Dávid Papp

Dávid war erst 24 Jahre alt, als eine Neonazi-Gruppe am 23.06.2018 eine Roma-Siedlung bei Lviv (Lemberg) stürmte und ihn dort ermordete. Andere dort anwesende Mitglieder der Roma-Minderheit wurden schwer verletzt, unter ihnen auch ein 10-jähriges Kind.

Ich lernte Dávid im Jahr 2000 kennen, als er sechs Jahre alt war. Er ging damals in den Kindergarten in Szernye, einem Dorf im Westen der Ukraine, in dem ich für ein Jahr unterrichtete. David war immer ein sehr ruhiger, lieber und zurückhaltender Junge, inzwischen junger Mann. Ich bin immer noch mit sehr vielen seiner Freunde und Familienmitglieder befreundet. Es ist schwer sie in Trauer und Schock zu sehen.

Auch ich bin geschockt und tief traurig, wenn auch nicht überrascht. Faschismus und Neonazis sind auf dem Vormarsch, nicht nur in der Ukraine. Es liegt an uns allen dagegen etwas zu tun.

Aber erstmal ist es genauso wichtig seine Familie in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Ich werde alle hier gesammelten Spenden direkt an seine Schwester übergeben.

Dávid was only 24 years old when a group of neo-Nazis stormed a Roma settlement outside of Lviv, wounded several, and killed him.

I’ve known Dávid since he was six years old, he went to a kindergarten in Szernye, a village in the west of Ukraine, that I was teaching at at the time. Dávid was always a very quiet, friendly and a bit shy boy, now a young man. I’m still friends with so many of his friends and family members, who are devastated.

I’m so sad, even though I can’t say that I’m surprised. Fascism and neo-Nazis are on the rise, not only in Ukraine and it is up to us to do something against that.

But for now it is equally important to support his family in these hard times. I will give all donations to his sister directly.

Quelle/Source: gofundme
Stand/Date: 05.07.2018

Der Rassismus gegen die Roma zerstört Europa von innen

Wir haben uns daran gewöhnt, dass diese Volksgruppe in vielen Ländern ausgegrenzt wird. Doch was in Italien, Ungarn und auch Tschechien passiert, ist mehr als ein Warnzeichen.

Kaum war der italienische Innenminister Matteo Salvini im Amt, bewies er schon, dass er auch als Mitglied der Regierung auf rabiate Forderungen und ruchlose Formulierungen setzen wird. Er verlangte, dass die in Italien lebenden Roma gezählt, bürokratisch erfasst und schließlich außer Landes geschafft werden müssten. Die Roma italienischer Staatszugehörigkeit, fügte er bedauernd hinzu, „müssen wir leider behalten“. Von seinem kollektiven „Wir“ der Nation sind sie gleichwohl ausgeschlossen. Salvinis Ankündigung rief einigen Widerspruch in der italienischen Öffentlichkeit hervor, wobei es mit Manfred Schullian ein Südtiroler Parlamentarier der konservativen SVP war, der rühmenswert deutlich sagte, dass die Zählung einer Minderheit von einem „moralischen, historischen und politischen Standpunkt unannehmbar und außerdem verfassungswidrig“ sei. Continue reading Der Rassismus gegen die Roma zerstört Europa von innen

Ukraine: Toter bei Überfall einer Nazi-Bande auf ein Roma-Lager

Die Überfälle gegen Roma mehren sich. Dieses Mal waren es Jugendliche einer Gruppe, die sich „Lemberg Jugend“ nennt und vermutlich mit der Asow-Bürgerwehr National Druzhyna verbunden ist

Am Samstagabend wurde wieder von einer Neonazi-Bande ein Roma-Lager angegriffen und verwüstet. Dieses Mal war es ein kleines Lager, in dem sich 10 Roma, darunter 4 Kinder, aufgehalten haben sollen, in einem Wald in einem Vorort von Lwiw. Dieses Mal war es eine Gruppe von minderjährigen 16-17-jährigen Jugendlichen, angeführt von einem 20-Jährigen, die mit Messern und Schlagstöcken in einer gezielten Aktion das Lager überfallen und dabei einen 24-Jährigen getötet sowie weitere vier Personen verletzt haben, darunter eine Frau und ein zehnjähriger Junge. Schon am 9. Mai war ein Roma-Lager in Lwiw in Brand gesetzt worden. Continue reading Ukraine: Toter bei Überfall einer Nazi-Bande auf ein Roma-Lager

Rechtsradikale Gewalt gegen Roma

In der Ukraine häufen sich Angriffe von Rechtsradikalen. Besonders im Fokus sind Angehörige der nationalen Minderheit der Roma. In der Westukraine griffen junge Männer mit Messern bewaffnet eine Roma-Siedlungen an. Ein Bewohner der Siedlung wurde getötet, mehrere andere verletzt.

Die ukrainische Polizei veröffentlichte nach der Tat ein Video, das die Zeltsiedlung der Roma nach dem Angriff zeigt: Spielzeug liegt neben Geschirr und Kleidungsstücken auf dem Sandboden, die Behausungen sind verwüstet. Nur wenige Stunden später meldete Polizeisprecher Serhij Knjasew einen Fahndungserfolg: „Die Polizei hat sieben Verdächtige festgenommen, darunter den 20-jährigen mutmaßlichen Anstifter des Überfalls. Die Ermittler gehen von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt, verübt von einer dazu gebildeten Gruppe, aus. Den Tätern droht eine lebenslange Haftstrafe.“ Bei dem Angriff wurde ein 24-jähriger Rom erstochen, vier andere – unter ihnen ein Zehnjähriger – wurden schwer verletzt und in ein Krankenhaus eingeliefert. Continue reading Rechtsradikale Gewalt gegen Roma

Zentralrat warnt vor Angriffen gegen Roma in der Ukraine

Der Mord an einem 24-Jährigen in Lwiw ist laut dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma auf Rechtsextreme zurückzuführen. Die Ukraine müsse Roma besser schützen.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma macht Rechtsextreme für mehrere Angriffe auf Roma in der Ukraine verantwortlich. Die Ermordung eines 24-Jährigen am Samstag in Lwiw (Lemberg) sei das „fünfte Pogrom von rechtsextremen Gruppen gegen Roma“ während der vergangenen beiden Monate, teilte der Zentralrat in Heidelberg mit. Teilweise würden die Überfälle gefilmt und ins Internet gestellt.

„Es scheint, als ob Morde und Gewalttaten gegen Roma in der Ukraine und in Europa zur Normalität werden sollen“, kritisierte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose. Er rief die Ukraine auf, den Schutz der Roma sicherzustellen. Zugleich appellierte der Zentralrat an die internationale Staatengemeinschaft, Antiziganismus genauso eindeutig zu verurteilen wie Antisemitismus. Continue reading Zentralrat warnt vor Angriffen gegen Roma in der Ukraine