Mord an Rom in Teplice – erneut rassistische Medienberichterstattung gegen Roma

Wie romea.cz am 27.5. berichtete, wurde in der Nacht des 24. Mai in Teplice ein Rom mit mehreren Messerstichen getötet. Der Mann sei brutal mit 21 Messerstichen niedergestochen worden, nachdem er laut Aussagen eines Augenzeugen versucht habe, einem jungen Rom, welcher rassistisch beleidigt und verfolgt wurde, zu helfen. Verschiedene Medien, u.a. TV Nova, berichten jedoch davon, dass der Auslöser des Angriffs eine angeblich gestohlene Bratwurst sei.

Ingesamt berichten wenige Medien über diesen brutalen Vorfall, und wenn doch, so wird die Tatsache, dass der Angegriffene ein Rom war, nicht erwähnt. Scheinbar spielt dies nur eine Rolle, wenn es um Fälle geht, in denen Weiße die Opfer sind. Interessant ist, dass bspw. TV Nova Zeugenaussagen erwähnt, die besagen, dass sowohl Täter als auch Opfer angetrunken gewesen seien, was seitens der Polizei nicht bestätigt wurde. Ein rassistischer Vorfall wird auf eine solche Art und Weise heruntergespielt bzw. ganz unter den Teppich gekehrt. Ein von romea.cz zitierter Zeuge sagt dahingegen aus, dass der Rom ohne Anlass angegriffen wurde und dabei die Angreifer „Heil Hitler“ riefen. Continue reading Mord an Rom in Teplice – erneut rassistische Medienberichterstattung gegen Roma

NPD will mit Ressentiments gegen Sinti und Roma punkten

Offen rassistisch wird von einer „Zigeunerflut“ gesprochen, die Kriminalität mit sich bringe

Die Rechten haben neben den Muslimen und Asylbewerbern ein neues Thema entdeckt, um alte Ressentiments gegen Ausländer und Minderheiten zu wecken. Seitdem angeblich (Die herbeigerechnete Roma-Flut) aus Bulgarien und Rumänien vermehrt Roma nach Deutschland einwandern und sich hier als „Armutszuwanderer“ niederlassen wollen, wie im Februar der Städtetag meldete, unterstützt durch Medien, und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine Einreisesperre für Sozialbetrüger aus Osteuropa forderte, stürzte sich die NPD auf die Roma. Andere Rechtspopulisten schließen sich an.

Die Zuwanderung aus Osteuropa wird auf die von Roma und Sinti reduziert, womit ein altes, bei den Nazis tödlich exekutiertes Vorurteil wieder aktiviert wird, das weiterhin bei vielen Anklang findet. Die Sinti und Roma, die man nicht Zigeuner nennen dürfe, wie man in NPD-Kreisen gerne als Tabubrecher für Diskriminierung ausführt, werden als kriminell und unhygienisch bezeichnet.

Der NPD-Landesverband NRW hat nun die ausländerfeindliche Polemik weiter zugespitzt, fordert eine Rücküberführung der Asylanten („Asylantenflut endlich stoppen, einmal NRW und zurück!“) und meint damit vor allem Roma. Dazu wurde ein Flugblatt verbreitet, das die Roma als gefährlich stigmatisiert – und an die allerdings noch dramatischer inszenierte Aktion der Weltwoche, Chefredakteur ist Roger Köppel, erinnert. Die Weltwoche hatte letztes Jahr einen Titel mit einem Roma-Kind gemacht, das schussbereit eine Pistole in Händen zu halten und auf den Leser zu zielen scheint (Schweizerische Weltwoche offen rassistisch). Die Schlagzeile lautete: „Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz.“ Die NPD greift zwar nicht zu Kindern, aber auch auf dem Flugblatt werden eine Pistole und ein Messer auf den Betrachter unter dem offen rassistischen Titel: „Zigeunerflut Stoppen! Kriminalität Bekämpfen!“ gerichtet. Das soll alles bedrohlich wirken und die Angst auf eine ethnische Gruppe von Menschen richten, die unter dem Nationalsozialismus ebenso systematisch verfolgt, deportiert und umgebracht wurden wie die Juden. Bis zu einer halben Million Sinti und Roma wurden von den Nazis getötet.

Schaut man sich das Plakat allerdings näher an, könnte die NPD sich auch selbst entlarven. Da das Logo der NPD neben den Bildern mit den Personen steht, die angriffsbereit oder drohend mit der Pistole oder dem Messer zielen, wird der – eigentlich richtige – Eindruck suggeriert, dass die NPD-Anhänger aggressiv sind und die „Zigeuner“ oder alle, die nicht ihrer Meinung sind, bedrohen. Der Aufruf, die Kriminalität zu bekämpfen, würde so unbewusst gegen sich selbst gelenkt. Das bringt die Ambivalenz der Rechten zum Ausdruck: Sie haben Angst vor ihrem Scheitern und wollen Angst vor den „Anderen“ schüren, aber sich gleichzeitig mächtig und selbstsicher darstellen. Das ist so schizophren wie die Aussage des Plakats.

Dirk Stegemann vom Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ hat nun eine Strafanzeige gegen NPD-Funktionäre aus NRW wegen Beleidigung und Volksverhetzung eingereicht: „Bereits die Verwendung des Begriffs Zigeuner kann aus ihrem Zusammenhang heraus beleidigenden Inhalt aufweisen. Die pauschale Gleichsetzung von Sinti und Roma mit Kriminalität unter Verwendung dieser abwertenden Bezeichnung kann darüber hinaus den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen.“

Quelle: Heise.de
Stand: 21.05.2013

Kein Verfahren gegen Martin Korol: „Freibrief für massiven Rassismus“

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist darüber empört, dass die Bremer Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren gegen den Bürgerschaftsabgeordneten Martin Korol (SPD) wegen Volksverhetzung einleiten will. Er rügt das Vorgehen als „Freibrief für massiven Rassismus“.

Im Zusammenhang mit dem Zuzug osteuropäischer Roma hatte Korol auf seiner privaten Homepage geschrieben, Roma und Sinti lebten „sozial und intellektuell noch im Mittelalter“. Ihre Männer hätten keine Hemmungen, „die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken“ und „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“. Und weiter: „Viele der jungen Männer schmelzen sich mit Klebstoffdünsten das Gehirn weg.“

Nach wochenlanger Prüfung kam die Staatsanwaltschaft kürzlich zu dem Schluss, dass Korols Äußerungen zwar „überspitzt“, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien.
Arnold Roßberg, Sprecher des Roma-Zentralrats, meinte dazu auf Anfrage der Frankfurter Rundschau, diese Entscheidung sei „völlig unvertretbar“ und bedeute einen „Freibrief für massiven Rassismus“. Korols pauschale Vorwürfe seien „massiv diskriminierend“. „Das sind die typischen ‚abstammungsbedingten’ Zuschreibungen, die geeignet sind, Hass zu schüren gegen die Minderheit und gegen die sich der einzelne Angehörige, der nichts mit all dem zu tun hat, nicht mehr wehren kann.“ Der Staat dürfe die Betroffenen nicht schutzlos stellen, forderte der Zentralrat-Sprecher. Es sei zudem zynisch, wenn die Staatsanwaltschaft von lediglich „überspitzten“ Formulierungen spreche.

„Massenmord der Abtreibungen“

Der pensionierte Deutsch- und Geschichtslehrer Korol (68) hat sich zwar inzwischen für seine Roma-Äußerungen entschuldigt. Doch der Zentralrat hätte sich gewünscht, dass die Staatsanwaltschaft zumindest die „tatbestandliche Verletzung der strafrechtlichen Normen“ festgestellt hätte, „um Wiederholungen zu verhindern“. Korol wurde bereits aus der SPD-Bürgerschaftsfraktion ausgeschlossen. Zudem läuft noch immer ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn – auch wegen frauenfeindlicher Äußerungen: Er hatte den „Massenmord der Abtreibungen“ und den „Wahn der sog. Selbstverwirklichung der Frau“ beklagt.

Die parteiinterne Schiedskommission berät zurzeit über den Antrag des SPD-Landesvorstands, Korol nach fast 45 Jahren aus der Partei auszuschließen. Die nicht an Weisungen gebundene dreiköpfige Kommission hatte zunächst vergeblich eine gütliche Einigung angeregt: Für ein Jahr sollten Korols Rechte aus seiner Mitgliedschaft ruhen. Darauf wollte sich der Landesvorstand aber nicht einlassen, wie aus SPD-Kreisen zu hören war. Spätestens Anfang Juni wird das Bremer Schiedsgremium seinen Spruch verkünden, gegen den beide Seiten noch Berufung bei der Bundesschiedskommission einlegen könnten.

Quelle: Frankfurter Rundschau
Stand: 16.05.2013

Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Seit Wochen warnt Innenminister Friedrich vor “Armutsflüchtlingen” aus Bulgarien und Rumänien. Die NPD ist nun auf diesen Zug aufgesprungen und hetzt gegen “kriminelle Zigeuner”.

Seit der rassistischen Gewaltwelle Anfang der 1990er Jahre ist dutzende Male auf die Bedeutung der medialen und politischen Kampagne gegen Flüchtlinge hingewiesen worden. Durch reißerische Überschriften und Panikmache fühlten sich viele Rechtsextreme offenbar in ihrem Selbstbild bestätigt, den “geheimen Volkswillen” zu vollstrecken. Dass sich die Wut des Mobs dabei oft gegen türkisch-stämmige Menschen oder ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus Asien richtete, ist kein Widerspruch, denn für Rassisten gilt: Asylant ist eine Chiffre für Ausländer.

Aktuell sind es “Armutsflüchtlinge” aus Bulgarien und Rumänien, vor denen die Politik warnt. Gemeint seien “Menschen besonders aus Rumänien und Bulgarien, die in anderen EU-Ländern Sozialleistungen beantragen”, erläuterte die Welt. Zahlreiche Städte und Gemeinden spüren nach Angaben der Innenminister von Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien eine starke Belastung durch den Zuzug, da die Zuwanderer Leistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung beanspruchten und ihnen darüber hinaus Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden müssten. Mit anderen Worten: Menschen suchen nicht nur nach einer besseren Zukunft, sie gehen auch noch zum Arzt, schicken ihre Kinder auf Schulen und wollen außerdem noch ein Dach über den Kopf haben…

Der Massenansturm nach der Freizügigkeit…

Friedrich hatte zuvor bereits vorgeschlagen, Rumänien und Bulgarien aus dem Schengen-Abkommen auszuschließen. Bürgermeister deutscher Städte warnten laut Welt zudem vor den Folgen einer hohen Zuwanderung ab 2014, wenn Arbeitnehmer aus beiden Ländern überall in der EU leben und arbeiten dürfen.

Es ist das alte Lied: Deutschland werde von Ausländern überrannt. So erklang es Anfang der 1990er Jahre; so schallte es vor zwei Jahren durchs Land, als die Freizügigkeit in Kraft trat. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte eine Netto-Zuwanderung von bis zu 140.000 Osteuropäern im Jahr vorhergesagt, andere Institute hatten laut Welt “gar eine Bugwelle von 800.000 Arbeitskräften in den ersten zwei Jahren nach der Freizügigkeit prophezeit”. Wie es aber nun mal so mit Vorhersagen ist, gerade im Bereich Wirtschaft und Bevölkerungsentwicklung: Sie sind zumeist schlicht falsch. Und so konnte die Welt den verängstigten Lesern Entwarnung geben: Continue reading Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Seit Wochen warnt Innenminister Friedrich vor “Armutsflüchtlingen” aus Bulgarien und Rumänien. Die NPD ist nun auf diesen Zug aufgesprungen und hetzt gegen “kriminelle Zigeuner”.

Seit der rassistischen Gewaltwelle Anfang der 1990er Jahre ist dutzende Male auf die Bedeutung der medialen und politischen Kampagne gegen Flüchtlinge hingewiesen worden. Durch reißerische Überschriften und Panikmache fühlten sich viele Rechtsextreme offenbar in ihrem Selbstbild bestätigt, den “geheimen Volkswillen” zu vollstrecken. Dass sich die Wut des Mobs dabei oft gegen türkisch-stämmige Menschen oder ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus Asien richtete, ist kein Widerspruch, denn für Rassisten gilt: Asylant ist eine Chiffre für Ausländer.

Aktuell sind es “Armutsflüchtlinge” aus Bulgarien und Rumänien, vor denen die Politik warnt. Gemeint seien “Menschen besonders aus Rumänien und Bulgarien, die in anderen EU-Ländern Sozialleistungen beantragen”, erläuterte die Welt. Zahlreiche Städte und Gemeinden spüren nach Angaben der Innenminister von Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien eine starke Belastung durch den Zuzug, da die Zuwanderer Leistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheitsversorgung beanspruchten und ihnen darüber hinaus Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden müssten. Mit anderen Worten: Menschen suchen nicht nur nach einer besseren Zukunft, sie gehen auch noch zum Arzt, schicken ihre Kinder auf Schulen und wollen außerdem noch ein Dach über den Kopf haben…

Der Massenansturm nach der Freizügigkeit…

Friedrich hatte zuvor bereits vorgeschlagen, Rumänien und Bulgarien aus dem Schengen-Abkommen auszuschließen. Bürgermeister deutscher Städte warnten laut Welt zudem vor den Folgen einer hohen Zuwanderung ab 2014, wenn Arbeitnehmer aus beiden Ländern überall in der EU leben und arbeiten dürfen.

Es ist das alte Lied: Deutschland werde von Ausländern überrannt. So erklang es Anfang der 1990er Jahre; so schallte es vor zwei Jahren durchs Land, als die Freizügigkeit in Kraft trat. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte eine Netto-Zuwanderung von bis zu 140.000 Osteuropäern im Jahr vorhergesagt, andere Institute hatten laut Welt “gar eine Bugwelle von 800.000 Arbeitskräften in den ersten zwei Jahren nach der Freizügigkeit prophezeit”. Wie es aber nun mal so mit Vorhersagen ist, gerade im Bereich Wirtschaft und Bevölkerungsentwicklung: Sie sind zumeist schlicht falsch. Und so konnte die Welt den verängstigten Lesern Entwarnung geben: Continue reading Von “Armutsflüchtlingen” und klugen Köpfen

Anti-Roma-Texte auf Studentenfestival in Poznan


Geht es um die Verteidigung der Meinungsfreiheit oder um die Gewährung von Rassismus?

Über eine Band, die am 24. Mai auf der Juwenalia (Studententage) in Poznan (Posen) spielen wird, ist ein Streit zwischen der Gazeta Wyborcza und den studentischen Ausrichtern entbrannt.

„Und habe ich Dir nicht gesagt, mein Liebling, treibe doch bitte den Zigeuner ab“, singt die Disco-Polo Kappelle „Bracia Figo Fagot“, die sich seit 2010 mit launig-vulgären Texten und Disco-Folk eine treue Fangemeinde erspielt hatte.

Vertreter der Roma in Polen sowie einige Professoren der Universität Poznan schrieben einen Protestbrief an das Rektorat und die studentischen Organisatoren. „Ob sie es wollen oder nicht – wir treten auf“, so konterte die Band auf ihrem Facebook-Profil.

Das Rektorat will die Entscheidung den Studenten überlassen und diese wittern eine Kampagne der Zeitung Gazeta Wyborcza, die über die Proteste erstmal berichtete. Die Organisatoren halten an dem Aufrtritt fest, da sie die Texte für einen Bestandteil der polnischen Kultur des Absurden ansehen, der von dem studentischen Publikum richtig interpretiert werden könne.

Es seien schon lange Bands mit provokanten Texten aufgetreten, doch dies habe die Zeitung bislang nicht interessiert. Vielmehr wären die Medien aktuell an einem Bild des unkultivierten Studentenlebens interessiert. Die Organisatoren haben jedoch die Band gebeten, das Wort „Student“ mit dem Wort „Zigeuner“ zu vertauschen. Ihr Pressesprecher verteidigte das Auftreten der Band auch mit dem Hinweis, dass man nicht mehr in den Zeiten der Volksrepublik lebe.

Anna Markowska, Sprecherin der örtlichen Roma-Vereinigung „Bahtale Roma“ glaubt, dass solche Texte zu „Aggression und Aufruhr“ führen können. Der zuständige Wojewode (in etwa Ministerpräsident) Piotr Florek hat heute sein Patronat für das Musikfestival zurück gezogen.

In Polen leben mehrere Gruppen, man geht von 35.000 Sprechern der Roma-Dialekte aus. Fast ein Drittel der Roma-Kinder nehmen nicht am Schulunterricht teil, in der polnischen Bevölkerung wird die Minderheit zumeist als Bettler und Musiker wahr genommen.

Die Gazeta Wyborcza, die Zeitung, die ursprünglich aus der Solidarnosc-Bewegung entstand, veröffentlichte kürzlich mehrere Artikel, die sich mit der Situation der Roma in Polen befassten. So ist derzeit ein Roma-Lager in Wroclaw (Breslau) von der Zwangsräumung bedroht. Die Zeitung wird für ihre kampagnenhafte, sehr engagierte Berichterstattung immer wieder von konservativen Polen kritisiert.

Quelle: Heise.de
Stand: 17.05.2013

Ungarn: Kommen mutmaßliche Roma-Mörder bald frei?

Vier Männer sollen in den Jahren 2008 und 2009 in Ungarn sechs Menschen wegen ihrer Herkunft getötet haben. Gibt es bis August kein Urteil, müssen sie aus der U-Haft entlassen werden.

Die vier mutmaßlichen Täter einer Serie von Morden an Angehörigen der Roma-Minderheit in Ungarn könnten heuer am 21. August aus der U-Haft in die Freiheit entlassen werden, wenn bis dahin im laufenden Gerichtsprozess kein Urteil gefällt wird. Denn die Männer, die für die Ermordung von sechs Roma verantwortlich sein sollen, wurden am 21. August 2009 in Haft genommen. Die Maximaldauer der Untersuchungshaft in Ungarn beträgt vier Jahre, erinnerten mehrere Medien am Freitag.

Die Männer, zur Tatzeit im Alter von 28 bis 42 Jahren, sollen in den Jahren 2008 und 2009 sechs Menschen wegen ihrer Herkunft brutal getötet haben. Diese Mordserie hatte europaweit für Entsetzen gesorgt. Nach den Ermittlungen hatten die Verdächtigten insgesamt 78 Schüsse an neun verschiedenen Orten abgegeben. Weiters sollen sie Molotowcocktails in sieben Häuser geworfen haben. Unter den sechs Opfern befand sich ein fünfjähriger Bub.

Bei der Festnahme der vier Männer wurde ein Teil jener Jagdwaffen gefunden, die bei den Angriffen auf die Roma zum Einsatz kamen. Zwei der Männer hatten Beziehungen zu rechtsextremen Organisationen.

Quelle: Die Presse
Stand: 17.05.2013

Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

Erste Zerstörung zog 41.000 Euro teure, zum Großteil aus Spenden finanzierte Sanierung nach sich

Mitte März war das Denkzeichen Güterbahnhof für die deportierten Juden, Sinti und Roma nach einer 41 000 Euro teuren, zum Großteil aus Spenden finanzierten Sanierung wieder aufgestellt worden. Nun wurde es erneut zerstört. Die Stadt hat Anzeige erstattet.

„Diese wiederholte Beschädigung des Denkzeichens Güterbahnhof stimmt mich sehr traurig und gibt auch Anlass zur Sorge“, sagte Oberbürgermeister Jochen Partsch, der sich nach Bekanntwerden des Schadens am Güterbahnhof einfand.

Vor dem Hintergrund des NSU-Prozesses in München, der beleuchtet, wie aktiv der militante Rechtsterrorismushierzulande aktuell ist, sei es geboten, schnellstmöglich aufzuklären, „ob es sich um eine gezielte rechtsextremistische Zerstörung handelt oder aber um eine kriminelle Sachbeschädigung ohne politischen Hintergrund“. Continue reading Mahnmal für deportierte Juden, Sinti und Roma erneut zerstört

Sinti-und-Roma-Gedenkstätte: Ort der Erinnerung entsorgt

In Wiesbaden lässt eine Schule eine Gedenkstätte für Sinti und Roma still und heimlich abbauen. Nach Protesten wird behauptet, sie habe nie existiert.

Sinto Alexander Meyer ist fassungslos: „Ich dachte, Gedenkstätten seien für die Ewigkeit.“ Doch nicht an der Krautgartenschule im Wiesbadener Stadtteil Kostheim. Dort ist eine Gedenkstätte entfernt worden, die an Meyers Mutter Maria Theresia Lehmann erinnerte.

Lehmann lebte früher in Kostheim und wurde von den Nationalsozialisten deportiert. Bis Februar war die Gedenkstätte, die seit sieben Jahren existierte, einer von etwa hundert Orten, die das Dokumentationszentrum der Sinti und Roma in Heidelberg auf seiner Website vorstellt. Doch seit Kurzem ist der Eintrag gelöscht. Darum gebeten hat das Landesschulamt in Wiesbaden mit einem Schreiben vom 7. Februar 2013. Die Gedenkstätte gebe es nicht mehr.

Es war eine kleine Glasvitrine mit Fotos von Maria und ihrer Familie, die in der Eingangshalle der Schule hing. Sie erzählte von Maria Theresias Schicksal. Sie wurde am 16. Mai 1940 mit elf Jahren von den Nazis aus Kostheim verschleppt. Morgens um halb drei stand die Polizei vor der Tür und holte sie, ihre Eltern, die vier Brüder und die Schwester ab.

Wie alle Sinti-Familien aus der Region, fast einhundert Personen, wurde die Familie zunächst im Polizeigefängnis eingesperrt. Dort fotografierte man sie und stempelte ihnen eine Nummer auf den Arm. Am selben Vormittag noch brachte man die Familie nach Stuttgart in das Zuchthaus Hohenasperg zu „rassenbiologischen Untersuchungen“. Eine Woche später erfolgte der Abtransport in Lager nach Polen. Die Mai-Deportationen markierten den Beginn der systematischen Vernichtung der deutschen Sinti und Roma. Maria gehörte zu den wenigen, die überlebte.

Nur nicht die Kinder belasten

Die Gedenkstätte wurde nach langer Diskussion an der Schule eingerichtet. Damals gab es sogar den Vorschlag, die neu gebaute Schule nach Maria zu benennen. Doch Eltern und Lehrerkollegium entschieden mehrheitlich, man dürfe Kinder nicht mit dem grauenvollen Schicksal des Mädchens belasten.

Die damalige Schulleiterin aber wollte zumindest das Schicksal von Maria nachzeichnen. Zwei Monate arbeiteten Schüler an einer Ausstellung. Sie dokumentierten den Weg der Sinti in die Vernichtungslager, suchten Fotos vom Leben der Familie Lehmann. „Im Unterricht wurde viel über die Gründe von Ausgrenzung und über persönliche Handlungsmöglichkeiten geredet“, erzählte die Schulleiterin damals der Presse.

2006 wurde die Ausstellung feierlich mit besonderen Ehrengästen eingeweiht: Marias Kinder Anita Lehmann und Alexander Meyer und Neffe Johannes waren gekommen. Die Familie freute sich über die Ehrerbietung: „Wir wollen vergeben“, sagte Anita Lehmann damals. Es war eine bewegende Veranstaltung, erinnert sich auch Adam Strauß, Vorsitzender des hessischen Landesverbands der Sinti und Roma. Die Gedenkstätte in der Krautgartenschule sollte ein Ort des Erinnerns sein.

Fußballpokale statt Fotos

Das war vor sieben Jahren. Mittlerweile ist die alte Schulleiterin verstorben, viele neue Lehrer sind da. Und die Fotos und Dokumente sind verschwunden, im Schaukasten stehen Fußballpokale. Warum die Gedenkstätte abgebaut wurde, darüber will niemand sprechen. Auch nicht die neue Schulleiterin. Die Fotos sollen der Familie zurückgegeben worden sein, steht im Brief des Landesschulamts an das Dokumentationszentrum in Heidelberg.

Die Kinder widersprechen. Sie hätten die Familienbilder nicht zurückerhalten. Und seien auch nicht informiert worden, dass es die Gedenkstätte nicht mehr gibt. „Wie kann man das einfach abräumen?“, fragt Alexander Meyer. Seine Schwester Anita spricht von „Respektlosigkeit“, gar von Lüge. Und fragt sich, was aus den Fotos wurde.

Es waren nicht nur Kinderbilder von der Mutter, sondern auch alte Fotografien von der Großmutter dabei. Und ein Foto, das den Großvater Friedrich zeigte: Er war Musiker und gehörte zum Ensemble eines bekannten Varietés in Frankfurt. Anita hätte die Fotos gern von der Schule zurück. Dort kann man sich an nichts erinnern: „Eine Gedenkstätte hat an der Krautgartenschule nie existiert“, heißt es per E-Mail.

Quelle: taz.de
Stand: 15.05.2013

Der Weg endete im Todeslager

Gerhard Gaiser hat sich vor zehn Jahren, anlässlich des sechzigsten Jahrestags der Deportation der Sinti und Roma aus Baden und Württemberg, im Gespräch an den Morgen des 16. März 1943 erinnert: „Wir hatten gerade Pause in der Gartenstraßenschule, als wir gesehen haben, wie die armen Leute von Polizisten durch die Böblinger Straße abgeführt wurden.“

„Die armen Leute“, das war die Sindelfinger Sinti-Großfamilie Reinhardt. Sie wurde vor 60 Jahren aus Sindelfingen deportiert. Für die meisten Familienmitglieder endete der Weg in Auschwitz-Birkenau oder in anderen Todeslagern. Von den 26 Familienangehörigen, die sich damals in Sindelfingen aufhielten, haben nur sechs die NS-Zeit mit Sicherheit überlebt.

Im Herbst 1930 hatten sich die ersten Familienmitglieder in Sindelfingen niedergelassen. Weit außerhalb der Stadt, im Gewann Stelle/Roter Berg hatten sie ein Grundstück gekauft und dort mehrere Wohn- und Eisenbahnwagen, später auch ein kleines Häuschen, aufgestellt. Das Areal liegt heute entlang der Eschenriedstraße auf Höhe der Einmündung des Lochensteinweges und ist überbaut.

Die meisten erwachsenen Familienmitglieder lebten vom Hausierhandel, so dass sie von Frühjahr bis Herbst zumeist unterwegs waren und hauptsächlich über die Winterzeit in Sindelfingen waren. Verschiedene Sindelfinger können sich daran erinnern, dass daher auch der Schulbesuch der Reinhardt-Kinder im Sommer nur unregelmäßig erfolgte. In der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre hatten aber einige männliche Familienangehörige feste Arbeitsverhältnisse bei örtlichen Baufirmen oder bei der Firma Daimler-Benz.

Wie überall waren die Sinti auch in Sindelfingen von Anfang an nicht gerne gesehen. Immer wieder bemühte sich Bürgermeister Hörmann, ab 1932 sein Nachfolger Pfitzer, um eine Handhabe zur Ausweisung der Familie aus Sindelfingen. Da ihnen aber keine schwerwiegenderen Straftaten, sondern lediglich einige Bagatelldelikte wie Ruhestörung oder Bettelei angelastet werden konnten, blieben die Versuche erfolglos.

1936 begann der Tübinger Nervenarzt Robert Ritter als Leiter der „Rassenhygienischen und bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle“ mit der systematischen Untersuchung von Sinti und Roma. Mit der pseudo-wissenschaftlichen Feststellung der vermeintlichen „rassischen Minderwertigkeit“ wurde der Boden für den späteren Massenmord bereitet. Dokumente aus dem Stadtarchiv und dem Bundesarchiv Koblenz belegen, dass Mitarbeiter von Robert Ritter oder auch er selbst mindestens zwei Mal, im Frühjahr 1937 und im Sommer 1938, an Sindelfinger Sinti ihre Untersuchungen durchführten.

Um die Jahreswende 1937/38 kam es im Rahmen von sogenannten „Maßnahmen gegen arbeitsscheue Elemente“ zu ersten groß angelegten Verhaftungsaktionen. Offensichtlich wurden in diesem Zusammenhang auch Franz Anton und Johann Reinhardt aus Sindelfingen verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau verbracht.

Im Juli 1939 wendet sich Katharina Reinhardt, Ehefrau und Mutter der beiden Inhaftierten, in einem eindringlichen Brief an Bürgermeister Pfitzer mit der Bitte, sich doch für die Freilassung ihrer Angehörigen einzusetzen. Wie verzweifelt ihre Lage gewesen sein muss, ist daran zu erkennen, dass sie als Gegenleistung das Grundstück der Familie und den Wegzug anbietet. Eine Antwort ist nicht überliefert.

Durch den Himmler-Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“ vom 8. Dezember 1938 wurden die örtlichen Polizeibehörden angehalten, regelmäßig Listen über alle ortsansässigen „Zigeuner“ zu fertigen – die bürokratische Grundlage für die „endgültige Lösung der Zigeunerfrage“, wie es in Himmlers Erlass heißt.

Die endgültige Entscheidung zur systematischen Inhaftierung und Ermordung von Sinti und Roma fiel um die Jahreswende 1942/43. Ab Februar 1943 begannen die planmäßigen Deportationen. Am 16. März schließlich wurde die Sindelfinger Sinti-Familie Reinhardt abgeholt. Dabei wurde die Sindelfinger Polizei durch auswärtige Polizisten verstärkt.

Einer der beteiligten Polizisten gab in einer Vernehmung nach dem Krieg zu Protokoll: „Es ist mir wohl noch in Erinnerung, dass im Jahre 1943 die hier wohnhaften Zigeuner nebst Angehörigen an einem bestimmten Tage plötzlich festgenommen werden mussten und abgeschoben wurden. Allgemein war man dortmals der Ansicht, die Zigeuner würden in Polen zum Arbeitseinsatz, insbesondere Straßenbau, verwendet.“ Tatsächlich führte der Weg der Familie Reinhardt und tausender anderer Sinti und Roma in die Todeslager.

Die meisten Schicksale der Sindelfinger Angehörigen der Familie Reinhardt sind geklärt. Mindestens 17 von ihnen sind in Auschwitz-Birkenau, Bergen-Belsen, Buchenwald, Dachau, Flossenbürg, Mauthausen, Mittelbau und Ravensbrück umgekommen. Ihre Namen sind auf einer Gedenktafel neben dem Rathauseingang vermerkt.

Info

Heute, am 15. März, wird landesweit der Deportation der Sinti und Roma vor 70 Jahren gedacht. An diesem Tag verließ ein Deportationszug den Stuttgarter Nordbahnhof nach Auschwitz-Birkenau – nur die wenigsten haben überlebt. 456 Sinti und Roma wurden allein im März 1943 aus dem heutigen Baden-Württemberg in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, in ganz Deutschland waren es 12 000. Heute ab 19 Uhr wird in Magstadt am Oberen Marktplatz und in der Johannes-Täufer-Kirche der Deportierten vom März 1943 gedacht: Von den 26 Sinti aus Magstadt sind 17 Opfer des Völkermords geworden.

Quelle: SZBZ
Stand: 15.03.2013