20 Jahrestag des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen

Rostocker Sonnenblumenhaus
Am 25. August 2012 gab es in Rostock eine Demonstration zur Erinnerung an die rassistischen Pogrome in Rostock Lichtenhagen 1992. Immerhin fanden 5-6.000 Personen zu der Demonstration.
Eine auf der Demonstration verteilte „Dokumentation des Pogroms“ der Gewantifa (Gewerkschaft und Antifa) vom August 2012 machte noch einmal auf den Antiziganismus aufmerksam, der Ausgangspunkt der Pogrome waren. Während der Demonstration war auch mehrmals die Demo-Parole „Gegen jeden Antiziganismus, nieder mit Deutschland und für den Anarchismus/Kommunismus!“ zu hören.

Bei einer Kundgebung auf dem Neuen Markt um 11 Uhr vor der eigentlichen Demonstration, wurde eine Gedenktafel enthüllt, die auf den Antiziganismus des Pogroms und den Antiziganismus im Nationalsozialismus hinweist.
Gedenktafel Rostock-Lichtenhagen

Im Wahlkampf Gegenteiliges versprochen

Nach den heftigen Protesten wegen der Massenabschiebung von Roma aus Frankreich unter dem abgewählten Präsidenten Nicolas Sarkozy ist die neue sozialistische Regierung unter Beschuss geraten. Anlass für die Kritik war die Räumung von mehreren Roma-Lagern und die Rückführung deren Bewohner nach Rumänien. Die EU-Kommission will die Vorfälle prüfen.

Ende vergangener Woche räumte die Polizei nahe der Stadt Lille ein Roma-Lager und vertrieb die rund 200 Bewohner aus ihren Wohnwagen. Bereits in den Tagen davor waren bei Razzien in Paris und Lyon zudem Hunderte eingewanderte Roma ohne gültige Papiere zum Verlassen ihrer Wohnungen gezwungen worden. Zahlreiche Roma wurden zudem nach Rumänien rückgeführt.

Nach der Polizeiaktion in Lille, wo Sozialistenchefin Martine Aubry Bürgermeisterin ist, kritisierten Bürgerrechtler und Kirchenvertreter zudem, die Behörden hätten den aus ihren Wohnwagen vertriebenen Roma, zu denen auch etwa 60 Kinder zählten, keine Übergangswohnungen zur Verfügung gestellt. Continue reading Im Wahlkampf Gegenteiliges versprochen

Porrajmos: Remembering Dark Times

At the commemoration ceremony for the Romani victims of the Holocaust in Budapest yesterday, Rita Izsák, United Nations Independent Expert on minority issues, herself of Hungarian Roma origin, reminded those in attendance that it was three years ago to the day since Maria Balogh was murdered in her bed, and her 13-year-old daughter seriously wounded, in a gun attack by neo-Nazis in the village of Kisléta. Izsák called on states to do more to challenge “a rising tide of hostility and discrimination against Roma in Europe that shames societies.”

This theme was echoed in commemorations right across Europe paying tribute to victims such as Maria Settele Steinbach. The haunting image of nine-year-old Settele, as she peered out of the cattle car of a train bound for Aushwitz-Birkenau, moments before the doors were locked and bolted, was captured on film in May 1944. This became one of the most reproduced, tragic iconic images of the Holocaust. For decades, Settele was described in the literature as the unnamed Jewish girl in a headscarf. Continue reading Porrajmos: Remembering Dark Times

Czech town issues ban to keep order, local Roma protest

Roma from Krupka Monday criticised a newly issued decree, under which people must not sit on the grass or steps in some parts of the small Czech town, and they want to stage a protest against the ban on September 5.

„Benches were removed from our housing estate and our kids have nowhere to play, they have no playground. There was money only for a camera system to monitor us,“ said Josef Miker, one of the local Roma who plan to organise the protest.

„We believe it is an attempt to drive Roma from the streets or make life difficult for them and make them leave Krupka,“ Miker said.

The decree bans people from bringing tables, benches and chairs as well as barbecues to the streets and parks-like areas of the town’s central square and its two housing estates.

It was approved in late June to keep the town calm and tidy.

Krupka Mayor Zdenek Matous said the decree was issued because locals complained about loud music and fires made in public areas. He added that Roma were among those who filed the complaints.

„None of the decent people should mind the decree,“ Matous said.

Krupka has become known due to suspected vote buying in the 2010 municipal elections. The elections were abolished twice as a number of poor locals, mostly Roma, were paid for casting their votes and supporting a given political alliance. Some critics of the elections then indicated that Matous was behind the corruption.

Only the third elections held last autumn were successful. Matous defended his post in them.

Far-right groups repeatedly organised marches and meetings criticising Romani crime in Krupka.

In spring 2011 the police dispersed a Romani crowd that wanted to block the way for an extremist march heading to their housing estate. The extremists then highlighted a case of an underage boy beat up and raped by two Romani youths in the area two years ago.

Source: Prague Daily Monitor
Date: 14.08.2012

LESETIPP: Artikel „Zur antiziganistischen Dimension des Pogroms“

Dieses Jahr jährt sich das rassistische Pogrom in Rostock-Lichtenhagen zum 20. Mal. Dazu rufen Antifa- und Antira-Kreise am 25. August zu einer großen Gedenk-Demonstration in Rostock auf. Bei dem, durchaus auch selbstkritischen, Rückblick fiel leider immer wieder die antiziganistische
Dimension des Pogroms unter den Tisch. Genau diesem Aspekt widmet sich ein sehr lesenswerter Artikel im aktuellen Antifa-Infoblatt Nr. 95 – 2.2012 (Seite 16-19). Der Artikel fällt zunächst durch seine differenzierte Antiziganismus-Definition auf:
„Der Antiziganismus kann nicht nur als eine Form des Rassismus verstanden werden: Es sind Zuschreibungen vor allem gegenüber Sinti und Roma, wie beispielsweise eine natürliche Veranlagung zur Kriminalität, Primitivität, Kulturlosigkeit, Nicht-Sesshaftigkeit sowie Faulheit bzw. Müßiggang, die ihn ideologisch in die Nähe des Rassismus rücken, sich aber in der Zuweisung an Sinti und Roma verdichten. Diese Zuschreibung gelten als unveränderliche Wesensarten der so Rassifizierten, treten selten alleine auf und verstärken sich gegenseitig.“ (Seite 17)
Besonders der „Vorwurf der Primitivität“ und die Fehlinterpretation von Armut bzw. Notlage als Lebensart bzw. Natur waren in Rostock zu finden. Roma aus Rumänien erregten durch ihre sichtbare Armut die rassistischen Gemüter. An ihnen arbeitet sich zuerst der rassistische Volkszorn ab. Am Schluss werden auch Vietnames_innen und ihre Kinder Opfer des Rassismus: „Wenn auch zunächst dominierenden Zuschreibungen dem Bereich antiziganistischer Imaginationen zuzuordnen sind, so verschob sich diese Spezifik im Laufe des Pogroms zu einem generellen Rassismus.“ (Seite 19)

LESETIPP: „Newess“ 02-2012

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gibt zusammen mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, beide mit Sitz in Heidelberg, neuerdings halbjährlich das Magazin „Newess“, zu Deutsch „Neues, heraus. Die Ausgabe 2/2012 vom August 2012 des Magazins ist farbig, hat 50 Seiten und eine Auflage von 6.500 Exemplaren.
In dieser Ausgabe kann man erfahren, dass das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma im Nationalsozialismus über 67 Jahren nach Ende des Nationalsozialismus am 25. Oktober 2012 offiziell eröffnet wird.
Außerdem erfährt man von dem Museum für Roma-Kultur in Brno (Tschechien).
Im Bericht über die diesjährige Verleihung des Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma in Berlin wird Thomas Hammarberg, der Preisträger und Menschenrechtskommissar des Europarats wie folgt zitiert: „Alle Verantwortlichen müssen die tief sitzenden Vorurteile und Stereotypen und den Antiziganismus, Diskriminierung und Gewalt gegen Sinti und Roma bekämpfen.“
Es findet sich auch ein Bericht über die Lage in Rumänien, wo in den Medien ausdrücklich die ethnische Herkunft von Straftätern genannt wird. Die so produzierten „Zigeuner“-Schlagzeilen verkaufen sich offenbar besonders gut.
Ein Einzelbeispiel für die Situation in Rumänien ist die Umsiedlung am 1. Juni 2012 in der Stadt Baia Mara von einigen hundert Roma mit Gewalt in eine ehemalige Chemiefabrik, auch genannt „Todeswerk“, auf Geheiß des Bürgermeisters Catalin Chereches. Ergebnis war, dass 22 Roma-Kinder und zwei Erwachsene Vergiftungen durch Chemikalien erlitten. Die Mutter des Bürgermeisters, eine Ärztin, versuchte anschließend die Beweise zu beseitigen. Trotzdem wurde der Bürgermeister am 10. Juni mit 86% aller Stimmen wiedergewählt. Derselbe Bürgermeister ließ bereits Mauern zwischen den Siedlungen von Roma und Nicht-Roma errichten.
Doch so weit muss man für Beispiele für Antiziganismus gar nicht gehen. In der aktuellen Ausgabe von „Newess“ wird auch das antiziganistische Cover des rechtsnationalen Magazin „Weltwoche“ aus der Schweiz erwähnt. Dieser sei ein „besonders schwerer Fall von Minderheitenkennzeichnung“. Aufmacher der antiziganistischen Titelgeschichte war ein manipulativ als Titelfoto instrumentalisiertes Foto eines Roma-Jungen im Kosovo mit Spielzeug-Pistole gewesen.
Im Bericht über einen Vortrag von Klaus-Michael Bogdal über Antiziganismus als „Abwehrprogramm“ ist davon die Rede, dass sich der „jahrhundertealte Hass in einem Spannungsverhältnis von Faszination und Verachtung bis heute erhalten konnte.“
Das Magazin „Newess“ kann kostenlos bestellt werden, Kontakt unter www.sintiundroma.de

Getroffene Hunde bellen!

Auf diesem Blog gaben bereits mehrmals Antiziganist_innen Kommentare ab. Wir bedanken uns herzlich für diese Aufmerksamkeit, die uns in unserer Arbeit noch einmal ausdrücklich bestätigt.
Wer Kommentare wie „Gute Idee mit dem Zigeunerbesen! Scheiß Zigeuner raus und euch Ziganismus-Idioten gleich hinterher!“ oder „Antiziganismus* ist der Unwille, sich penetrant anschnorren oder beklauen zu lassen. Mehr oder minder alberne Neologismen kommen meist von den Kohnnationalen [Anmerkung: „Kohn“ ist ein bekannter jüdischer Name, in diesem Fall offenbar der Bestandteil einer Vokabel aus antisemitischen Verschwörungsfantasien]…“ verfasst, der zeigt, dass wir uns diesen Hass ehrlich verdient haben.
In diesem Sinne: Dankeschön!!! Küsst die Antiziganist_innen da wo ihr sie trefft!

Ausschreitungen: Neonazis in Ungarn fordern Todesstrafe in Roma-Siedlung

Am Sonntag hielt die neofaschistische Partei Jobbik im westungarischen Devecser eine Manifestation für die Einführung der Todesstrafe ab. Rund 1.000 Anhänger und Aktivisten der Partei versammelten sich unter dem Motto „Leben und leben lassen – Wir fordern die Zulassung der Selbstverteidigung…“. Nach einer Kundgebung im Ortszentrum „marschierten“ die Demoteilnehmer demonstrativ zur örtlichen Romasiedlung. Dort wurde in bekannter Manier die „Wiederherstellung von Frieden, Recht und Sicherheit“ gefordert, natürlich „ohne rassenorientierte Diskriminierung“. Noch vor wenigen Tagen forderten Jobbik-Abgeordnete eine rassische Kategorisierung von Straftätern. Redner rechtfertigten die „Wiedereinführung der Todesstrafe“ mit einer „gestiegenen Kriminalitätsrate“. Trotz eines hohen Polizeiaufgebotes kam es zu Zusammenstößen, Steine flogen zwischen den Neonazis und den Roma-Anwohnern hin und her, es gab mehrere Verletzte, darunter auch der Mitorganisator der Jobbik Ferenczi.

Die Einführung der Todesstrafe ist eine zentrale Forderung der Partei, kürzlich gab es dafür anlassbedingt auch Zustimmung aus – noch anonymen – Kreisen des Fidesz. Eine Einführung würde jedoch klar gegen EU-Recht verstoßen und gilt daher zumindest als unwahrscheinlich.

Quelle: Pester Lloyd
Stand: 07.08.2012

“Zick zack Zigeunerpack” – Rassismus gegen Sinti und Roma heute

Heute jährt sich der Gedenktag für die ermordeten Sinti und Roma. Während Sie diesen Text lesen, besucht eine 70-köpfige Delegation des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma mit den noch wenigen Holocaust-Überlebenden das ehemalige Lager Auschwitz-Birkenau.

Sie gedenken am der Opfer des systematischen und rassistisch motivierten Völkermords an den Sinti und Roma. In Auschwitz-Birkenau sind ganze Familien der Sinti und Roma separiert von anderen KZ-Häftlingen interniert worden. Das Lager sollte am 15. Mai 1944 komplett aufgelöst und die noch verbliebenen Familien ermordet werden. Die Inhaftierten weigerten sich jedoch, aus ihren Baracken herauszukommen. Denn in ihren Reihen befanden sich Sinti und Roma, die in der Wehrmacht gedient hatten und den Plan durchschauten. Verunsichert von der Situation, unterbrachen die SS-Männer ihr Mordvorhaben. Stattdessen entschied sich die Lagerleitung für eine schrittweise Auflösung. Zunächst wurden die ehemaligen Wehrmachtsangehörigen nach und nach in andere Lager deportiert. Die verbliebenen Menschen wurden in der Nacht vom 2. August zur Ermordung in die Gaskammer getrieben. Daher hat dieser Tag den Status eines Gedenktages. Continue reading “Zick zack Zigeunerpack” – Rassismus gegen Sinti und Roma heute

Schweinefarm blockiert Mahnmal für Sinti und Roma

Premier Necas erklärt kurz vor dem Gedenktag für ermordete Sinti und Roma, man habe kein Geld für ein Mahnmal. Dass Tschechen ein Konzentrationslager in Lety betrieben, ist bis heute ein Tabu.

Sie hatten nichts anderes erwartet, die wenigen politisch engagierten Roma in Tschechien. Dennoch hinterlässt die Absage von Premier Petr Necas so kurz vor dem 2. August bei ihnen Bitterkeit. Jenes Datum bleibt für das Minderheitenvolk in ganz Europa unauslöschlich. In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden in Auschwitz die letzten 2900 Sinti und Roma, die bis dahin überlebt hatten, in die Gaskammern getrieben. Insgesamt ermordeten die Nationalsozialisten vermutlich eine halbe Million von ihnen.

Kurz vor diesem furchtbaren Jahrestag nun verkündete Necas, dass es auch unter seiner bürgerlichen Regierung keine Lösung für ein würdiges Gedenken an das Schicksal der Inhaftierten im früheren Roma-Konzentrationslager in Lety geben wird. Continue reading Schweinefarm blockiert Mahnmal für Sinti und Roma